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Klaus Schulze: La Vie Electronique 6 (Review)

Artist:

Klaus Schulze

Klaus Schulze: La Vie Electronique 6
Album:

La Vie Electronique 6

Medium: CD
Stil:

Elektronische Musik

Label: MIG Music
Spieldauer: 233:20
Erschienen: 25.06.2010
Website: [Link]

Wie nur soll ich es meinen geschätzten Lesern und den Fans von KLAUS SCHULZE beibringen? Doch … es muss sein – ich kann diese Kritik nicht so einfach beginnen, ohne mich zuvor geoutet zu haben. Nein, nein – hier geht’s nicht um ein wowereitsches „Und das ist gut so!“-Outing zu dem eine Westerwelle Beifall klatscht, sondern viel mehr um ein Geständnis, das mir wirklich peinlich ist. Ich weiß auch nicht so richtig, wie ich es erklären soll – aber ich habe neben einer Unmenge CDs auch sehr viele Film-DVDs. Ein einziger Film aber führt ein ziemlich verstecktes Schattendasein: „Und das ist gut so!“ – denn man weiß ja nie, wer so plötzlich bei einem auftaucht und zwischen den Film-DVDs rumwühlt. Das könnte peinlich werden. Denn – und jetzt kommt’s – ich habe einen einzigen Porno-Film in meiner Sammlung (Dieses Geständnis tippe ich gerade mit hochrotem Kopf!). Und Schuld daran ist KLAUS SCHULZE!

1977 veröffentlichte SCHULZE eine wohl mehr als außergewöhnliche Platte, nämlich die Filmmusik zu einem Pornofilm von Lasse Braun: „Body Love“. Dieses Album und auch seine Fortsetzung „Body Love Vol. 2“ gehören zu meinen absoluten SCHULZE-Lieblingsalben. Vielleicht liegt’s ja an den Bildern, die im Kopf entstehen, wenn man solche Musik hört. Über 30 Jahre später habe ich diese Bilder dann auch gesehen – und ich muss sagen, die in meinem Kopf sahen völlig anders aus, da wurde einfach weniger „gefickt“ und stattdessen zärtlicher „geliebt“. Aber lassen wir das. Nur darum zumindest habe ich diese knallharte Porno-„Body Love“-DVD, die außerdem mit einem ganz besonderen Bonus aufwartet – sie enthält nämlich beide „Body Love“-Alben als dolby-digitalen 5.1.-Mix.

La Vie Electronique 6“ bezieht sich genau auf den „Body Love“-Zeitraum (1976 – 79) und macht darum den wiederum liebevoll verpackten und illustrierten CD-Dreierpack für mich wortwörtlich besonders reizvoll! Bereits die Fortsetzung der Oberhausen-Tapes auf der ersten CD knüpft nahtlos an solche Alben wie „Timewind“ oder „Moondawn“ an und ist rhythmischer als viele der extrem getragenen Schulze-Aufnahmen. Die beiden folgenden „Schwanensee“-Aufnahmen wurden im Gegensatz zum Oberhausener Konzertmitschnitt im damals neu eingerichteten Hambührener Studio zu Band gebracht und „Fear At Madame Tussaud’s“ entstand 1977 als qualitativ nicht gerade umwerfender Mitschnitt im Londoner Planetarium, was seinerzeit ein Novum war. Eine absolut historische Aufnahme also!

Mit „Zeitgeist“ folgt auf der zweiten CD wiederum eine Konzertaufnahme, die sich nicht so sehr auf die wissenschaftliche Beobachtung von Himmelskörpern (Planetarium) richtet, sondern in ein schnödes, immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse verneinendes Gotteshaus begibt – so nah liegen die Extreme beieinander. Am 17. Oktober 1977 prallte in der Brüsseler St. Michael Kathedrale vor 5.500 Zuschauern der musikalische Zeitgeist auf den göttlichen Kleingeist. Amen! Als Zugabe (erstmals und nur hier in voller Länge – also ein Plus von insgesamt 14 Minuten) gab’s dann gleich noch die zwei Teile von „Inside The Harlequin“ (laut Fremdwörterbuch steht der Harlekin für eine „beeinflusste Abart des Hanswursts“) zu hören. Hoffentlich hat das den armen, ans Kreuz genagelten Jesus nicht zu sehr geärgert. Und falls jetzt wieder jemand wegen meiner „Gotteslästerei“ was in die Kommentarzeile schreiben möchte, dem will ich schon mal eins vorausschicken: „Auch der Liebe Gott hat garantiert Sinn für Humor. Denn Lachen ist bekanntlich gesund – ganz im Gegensatz zum Kindesmissbrauch!“

Die dritte CD macht dem Titel des Albums alle Ehren, denn er ist ein „großes Geheimnis“. KLAUS SCHULZE und seine Fans sind sich nicht mehr sicher, wann er damals mitgeschnitten wurde. SCHULZE vermutet 1975, vieles aber spricht für den Zeitraum von 1977 oder 1978. Durchaus spannend – ganz im Gegensatz zur Musik. In einem Interview auf unserer Homepage beschreibt SCHULZE seine Musik mit einem französischen Wort: Planante, also „schwebend“. Den Begriff „Kosmische Musik“ lehnt er dagegen kategorisch (völlig zurecht) ab. „La Vie Secrète“ ist rundum planante. Für mich aber verbirgt sich hinter dem Wort auch ein weitere Bedeutung, nämlich Langeweile – aber dass diese vor sich hinblubbernde Langeweile auch gleich 62 Minuten der dritten CD einnehmen muss, na ja. Bei diesem „geheimnisvollen Konzert“ wäre ich wohl, wenn ich einen schweren Arbeitstag hinter mich gebracht hätte, spätestens beim vierten Titel „Siehe: es gibt Flügel“ engelsgleich in schlafenden Gefilden verschwunden. Grund genug, die letzte CD als nicht besonders aufregend abzuhaken, auch wenn an einigen Stellen Erinnerungen an „Mirage“ oder „X“ wach werden.

Doch permanentes Durchhalten wird gerade auf CD 3 belohnt. Viel aufregender sind nämlich die beiden letzten Titel, zwei absolute, im Verborgenen schlummernde Leckerbissen. „BarracudaDrum“ erscheint erstmals auf CD und neben SCHULZE „trommelt“ hier auch HARALD GROSSKOPFs große Stunde. Diese 8 Minuten wecken einen dann wirklich auf – und sie leiten zugleich das wohl ungewöhnlichste Stück dieses CD-Dreierpacks ein: „There Was Greatness In The Room“. Der Titel war eine Konzertzugabe während SCHULZEs Europa-Tournee im Jahre 1979. Gemeinsam mit ARTHUR BROWN bestreitet SCHULZE diesen ebenfalls achtminütigen Auftritt nicht nur an den Keyboards, sondern er „singt“ sogar ganz kurz durch einen Stimm-Vocoder. Allerdings wurde diese Aufnahme nur mit einem Kassettengerät mitgeschnitten, sodass die Qualität doch etwas hinter den anderen Aufnahmen zurücksteht. Dafür ist aber das, was es hier zu hören gibt, schlicht und ergreifend legendär. Wer diesen Song nicht kennt und hat, dem fehlt ein ganz wichtiges Teil in seiner KLAUS-SCHULZE-Sammlung. Definitiv!

FAZIT: „La Vie Electronique 6“ deckt die „pornographische“ (Live-)Phase des KLAUS SCHULZE ab und sollte für alle, die besonders die beiden Teile von „Body Love“ mögen, besonders interessant sein. Neben der ansprechenden Verpackung und den diesmal gelungenen Linernotes versteckt sich auf der letzten CD dieser Zusammenstellung mit „There Was Greatness In The Room“ sogar ein bisher unentdeckt gebliebener „brownscher“ Rohdiamant in SCHULZES Schaffen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5903x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • CD 1:
  • The Other Oberhausen Tape – C’est alors que Picasso
  • The Other Oberhausen Tape – Picasso casse L’assiette
  • The Other Oberhausen Tape – … et s’en va en souriant
  • Schwanensee I
  • Schwanensee II
  • Fear At Madame Tussaud’s
  • CD 2 :
  • Zeitgeist – Zeit
  • Zeitgeist – Temps
  • Zeitgeist – Time
  • Zeitgeist – Geist
  • Zeitgeist – Brains
  • Zeitgeist – Esprit
  • Inside The Harlequin – Harlequin
  • Inside The Harlequin – Pulcinella
  • CD 3:
  • La vie secrète – Les grains de beauté
  • La vie secrète – Exercises spirituelles
  • La vie secrète – Geist der Zeit
  • La vie secrète – Siehe : es gibt Flügel
  • La vie secrète – Der Narr
  • La vie secrète – Return Of Love
  • La vie secrète – Und Einsamkeit
  • BarracudaDrum
  • There Was Greatness In The Room

Besetzung:

  • Keys - Klaus Schulze
  • Sonstige - Arthur Brown (Gesang auf „There Was Greatness In The Room“), Harald Grosskopf (Schlagzeug auf „BarracudaDrum“)

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