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Blues Pills: Blues Pills (Review)

Artist:

Blues Pills

Blues Pills: Blues Pills
Album:

Blues Pills

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Psychedelic/Blues Rock

Label: Nuclear Blast
Spieldauer: 42:47
Erschienen: 25.07.2014
Website: [Link]

Da ist es endlich, das Album, auf das eine ganze Szene sehnsüchtig gewartet hat. Nach zahlreichen EPs und Live-Shows erscheint nun das selbstbetitelte Debütwerk der BLUES PILLS und das gleich beim Branchenprimus Nuclear Blast. Doch was rechtfertigt diese Superlative und Vorschusslorbeeren für eine Band, an der fast nichts neu ist?

Um mich kurz selbst in der heiß diskutierten Retro-Rock-Problematik zu verorten: Ich bin beileibe kein Kenner und auch kein Fan der Szene. Das liegt zunächst an der großen Zahl an Trittbretterfahrern, den der Hype eben mit sich bringt. (Mainstream-)Goldgriffe wie ORCHID, SCORPION CHILD, GRAVEYARD oder BLOOD CEREMONY weiß ich aber durchaus zu schätzen, ungeachtet der Tatsache, dass sie ihre Vorbilder mal mehr mal weniger offensichtlich zitieren. Ein guter Song bleibt ein guter Song, solange er nicht zu dreist abkupfert. Der ideologische Rückzug in alte Zeiten ist allerdings nichts für mich, auch wenn ich mit vielen Musikfans in der Ansicht übereinstimme, dass wirklich innovative und aufregende Ansätze in der Musikszene heutzutage schwer zu finden sind.

Die Behauptung, dass an den BLUES PILLS fast nichts neu sei, bezieht sich auch auf den Inhalt des Debütalbums. Gerade einmal zwei neue Kompositionen und ein Coversong stehen sieben bereits auf diversen EPs erschienenen Songs der Band gegenüber. Wer aber genauer hinhört, der spricht bestimmt nicht von einer einfachen Kollektion. Aber der Reihe nach:

'High Class Woman' ist der erste neue Song und gleichzeitig die erste Single des Albums, hat diese Stellung aber nicht nur der ersten Eigenschaft zu verdanken. Als Rocker mit sofort ins Ohr gehendem Aufbau und einem jam-artigen, aber etwas ruhiger angelegten Mittelteil zeigen BLUES PILLS gleich zu Beginn, was sie alles zu bieten haben. Über die Musiker wurde zwar schon viel geschrieben, aber man kann es nicht oft genug sagen: die schwedische Sängerin Elin Larsson wurde (wenn auch selbst verschuldet) etwas zu oft mit JANIS JOPLIN und ARETHA FRANKLIN verglichen, an dieser Stelle soll sie einfach als fantastische und eigenständige Sängerin mit rockiger Soulstimme gepriesen werden, die jeden der 10 Songs zu veredeln weiß. Dass sie gerade erst Anfang 20 ist, merkt man live höchstens an den nervösen, dadurch jedoch höchstsympathischen Ansagen, aber keinesfalls an der selbstsicheren Performance des Materials. Das französische Gitarrenwunderkind Dorian Sorriaux ist gerade mal volljährig, spielt aber mit einer Technik und einem Gefühl, wie es sonst nur die ganz Großen hinbekommen. Egal ob rasante Rockhymnen, zarte Balladen oder anspruchsvolle Jamsessions inklusive ausgiebiger Soli, Monsieur Sorriaux kann alles. Dagegen können sich die amerikanischen Halbbrüder Zack Anderson (Bass) und Cory Berry (Schlagzeug), die bis 2011 bei RADIO MOSCOW zockten, nur wenig behaupten, was an der traditionellen Hintergrundstellung ihrer Instrumente und eindeutig nicht an fehlendem Können liegt. Zusammen ergeben BLUES PILLS ein rundum sympathisches wie echtes Kollektiv, das in spieltechnischer wie kompositorischer Hinsicht zu den absoluten Topacts der heutigen Musikszene gehört.

Aber auch die "alten" Songs haben es in sich, denn das internationale Quartett begnügt sich nicht einfach damit, die eigenen Songs immer wieder stumpf nach dem gleichen Muster aufzunehmen. 'Ain't No Change' ist beispielsweise aus dem Instrumentalstück 'Mind Exit' entstanden, das Anfang dieses Jahres auf der "Live At Rockpalast"-EP erschien. Der neue, eine Gesangslinie integrierende Aufbau ist zwar spannend gehalten, kann mit dem absoluten Topniveau der anderen Songs nicht ganz mithalten. Auch das JIMI-HENDRIX-artige 'Jupiter', das das schwedisch gesungene 'Bliss' von der gleichnamigen EP in neuem Gewand zeigt, ist kein Überhit, bleibt jedoch gut. Aber wie will man auch mit dem mithalten, was nun folgt?

Der Status von 'Black Smoke' im Kosmos der Band lässt sich alleine schon daran ablesen, dass BLUES PILLS den Song nun schon zum dritten Mal veröffentlichen. Auf die Single-Version aus dem Jahr 2012 und die Live-Version auf der schon genannten Live-EP 2014 folgt nun also die neueste Version des zwischen gefühlvollem Psychedelic und freudesprühendem Blues Rock schwingt. Die Albumversion ist die mit Abstand ausgereifteste, da sie abgesehen von der natürlich besten Produktion auch mit Liebe zum Detail punkten kann und den ruhigeren Teilen genug Luft zum Atmen lässt. Ein fesselnder Song, der in jeder seiner Formen Gänsehaut garantiert.

Auch die Goldwäscher-Ballade 'River' hat sich gegenüber der "Devil Man"-EP-Ausgabe verändert. Elin konzentriert sich mehr auf das Wesentliche und sucht nicht unentwegt nach neuen Gesangslinienschlenkern, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Eine starke Ballade, die durch ihren hypnotischen Aufbau überzeugt, in deren Text sich darüber hinaus sicher mehr hereinlesen lässt, als die angestaubte Thematik zunächst vermuten lässt. Der zweite neue Song hört auf den Namen 'No Hope Left For Me' und ist zwar eine weitere Ballade, ist aber einfach viel zu gut, um ihn aufgrund dessen von der Platte zu schmeißen. Nach den ersten, träumerischen Strophen, in denen einer einprägsamen Basslinie gelauscht werden darf, erheben sich die Refrains, die einfach nur großartig sind. Elins Soulstimme, die hier teilweise an die von AMY WINEHOUSE erinnert, verbindet sich mit der emotionalen Power der Instrumente zu einem weiteren, aber doch ganz anderen Gänsehautgefühl.

Der schnelle Blick auf die Tracklist kündigt den schon bekannten Überhit 'Devil Man' an, die Ohren hören aber erst einmal etwas anderes. Wo ist denn das Intro hin, das Elin allein im Scheinwerferlicht stehend das nun Folgende mit einem durch Mark und Bein gehenden Schrei ankündigen lässt? Ein Clou, den sich die Band hat einfallen lassen, um die neu dazu kommenden Fans live zu überraschen, denn da kommt das Intro weiterhin zum Einsatz. Da der Song etwas umarrangiert wurde, hat der Hörer die Möglichkeit, sich über neue Details und Verfeinerungen zu freuen oder nach eingehender Studie die Originalversion zu präferieren.

'Astralplane' als weitere Powerballade wirkt im Vergleich zur ersten Version aus 2012 ebenfalls erwachsener, die teilweise etwas übermotivierten Übergänge wurden durch clever gesetzte Soli und Licks ersetzt. Mit spannender Blues Rock-Rhythmik versehen, eine runde Sache, die vor allem live mächtig Spaß macht. So wahrscheinlich auch das CHUBBY CHECKER-Cover 'Gypsy', das durch seinen positiven Vibe geradezu für eine BLUES PILLS (nein, nicht Fußpilz...)-Behandlung prädestiniert ist. Ein beschwingter Gute-Laune-Hit, der aber auch die Frage ins Gedächtnis ruft, warum sich die Band nicht mehr entfesselte Rocker zugetraut hat. Zum Schluss gibt es mit 'Little Sun' nämlich eine weitere Ballade, die aber wie alle anderen Gefühl, Spielfreude und Energie zu verbinden weiß.

FAZIT: Hype hin oder her: "Blues Pills" ist eines der besten Alben der 70er-Revival-Szene, weil es nicht nur zahlreiche fantastische, von großartigen Musikern gespielte Songs beinhaltet, sondern auch eine erstaunliche Spannbreite an Gefühlen abdeckt. Pure Spielfreude trifft auf rührende Melancholie, technische Extraklasse auf gefühlvolles Spiel und das alles mit einer Ohrwurmdichte, die die Band auch auf die großen Bühnen dieser Welt bringen könnte. Abzüge kann es deswegen nur in der B-Note für "nur" gute Songs ('Jupiter', 'Ain't No Change') und die etwas zu hohe Zahl an balladesken Momenten geben. Doch wer BLUES PILLS live erlebt, der wird verstehen, warum die Jungs und das Mädel über den grünen Klee gelobt werden. Wer anno 2014 noch zu bewegen weiß und massig Gänsehautmomente produziert, der gehört gelobt.

Norman R. (Info) (Review 8786x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • High Class Woman
  • Ain't No Change
  • Jupiter
  • Black Smoke
  • River
  • No Hope Left For Me
  • Devil Man
  • Astralplane
  • Gypsy (Chubby Checker Cover)
  • Little Sun

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
WernerS
gepostet am: 14.11.2014

User-Wertung:
15 Punkte

..man kann´s nicht besser beschreiben.
Toby
gepostet am: 26.10.2015

User-Wertung:
13 Punkte

Ist eines der wenigen Alben aus diesem Genre, dass mich auch noch nach ein paar Wochen überzeugt.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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