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Vienna Rest in Peace: Vienna Rest in Peace (Review)

Artist:

Vienna Rest in Peace

Vienna Rest in Peace: Vienna Rest in Peace
Album:

Vienna Rest in Peace

Medium: CD/LP/Download
Stil:

moribundes deutschsprachiges Qualitätsliedgut

Label: Trauerplatten
Spieldauer: 38:31
Erschienen: 01.11.2017
Website: [Link]

„Vienna Rest in Peace“… nein, bitte weiterlesen! Es handelt sich bei dieser Band bzw. ihrem Debütalbum nämlich keineswegs um eine weitere promo-morbide Austriarockgruppe, die die urleiwande Urigkeitsschiene zwischen Salzburg und Bologna auf und ab rodelt. Auch VIENNA RIP singen zwar auf (hoch!-) deutsch, auch ihrer Musik haftet zumeist ein durchaus düsterer Zug an, doch welche Wohltat, welch positive Überraschung! Nicht nur bietet diese Platte zumeist zurückhaltend-gefühlvolle, doch sehr abwechslungreiche, differenzierte Musik, sondern auch intelligente und dabei tiefemotionale, deprimiert-hoffnungsvolle, schicksalsergeben-rebellische, ironisch-ernsthafte Texte – und das auf einem durchgängig gehaltenen Niveau.

Es muss noch einmal betont werden: Man findet auf diesem Album nicht ein Fitzelchen an Austauschbarkeit. Da gibt es den verbissen-traurigen Lalelu-Blues des Titelstücks, der sich augenzwinkernd und vermittels durch etwas Zither-artig Klingendes an Volksmusik anzulehnen scheint, da gibt es „Sterbenswerte Stadt“, dessen Strophen von einer gottverlassenen Melodika, der im Allgemeinen eine tragende Rolle zukommt, begleitet werden, ehe man mit dem Refrain plötzlich ins Warme tritt und von ELEMENT OF CRIME-hafter Kuschelmelancholie umschmeichelt wird. Da gibt aber auch das leidende, protestierende „Staat der Affen“, das packend nach FABER 2.0 klingt: „Die Nacht rinnt aus, tropft auf die Gleise, schmiert die Schienen für den Tag / Der Morgen räuspert sich und fragt: Nein, ich bin noch nicht bereit / Ich bin nicht wach und kann nicht schlafen, denke an den Staat der Affen / wo weder Scham noch Würde Wünsche bremst, keine Ironie den Einsatz hemmt“. Der dünnhäutige Vortrag steigert sich zu einem Finale mit Bläsern und E-Gitarren, ehe mit „Zerschossener Palast“ die Palette des Dargebotenen um Landstreicher-Blues im Stile von KING DUDE erweitert wird. Nicht identisch, aber zumindest anschlüssig ist „Auf Geisterfahrt“: So muss es klingen, wenn Blixa Bargeld in die Prater-Geisterbahn zur E.A. Poe-Lesung einlädt: Wir sind Gespenster, existieren nicht / Trotz Konto, E-Card, Führerschein / bei Tag und Nacht allein / auf Geisterfahrt.“

Es ist jedoch keineswegs der Fall, dass VIENNA RIP engstirnigerweise nur in das eine, schwarze Horn stoßen können: „Gefühle“ ist eine durcheinandergewirbelte, triumphale, augenzukneifend naive Übung in Frühlingsgefühlen: „Flieh aus der morschen und einsturzgefährdeten / Burg, die dich langsam und sicher erstickt / Spring in das schillernde Sprungtuch der Feuerwehr / tot ist die Grenze, erbeutet das Licht.“ Ausgedrückt wird dies durch einen bunten, Musikschul-haften Wirrwarr, anders als im ähnlich frohsinnigen „Alles vorbei“: Hier weicht die Naivität der Fuck it-Attitüde, die Musikschule einer farbenfrohen Poprock-Nummer.

Dass ich eine hohe Meinung von diesem Album habe und – trotz Namedropping – vor der Kreativität und Originalität dieser Band den Hut ziehe, dürfte inzwischen deutlich geworden sein. Daher erspare ich es mir, jeden einzelnen Song vorzustellen und verweise stattdessen auf das starkeDuo, mit dem VIENNA RIP ihr Debüt beschließen:

„Peter Handke“ ist ein grandioses, düsteres Post-Punk-Stück, das mit seinem dramatischen Ende (Chor, Gitarrenwand) an SWANS in ihrer Killerkarnickel-Zeit denken lässt, und eine, wie es scheint, halb ironisch-abwehrende, halb verzweifelnde Reflexion über das künstlerische Schaffen dessen beinhaltet, der sich für die Texte von VIENNA RIP verantwortlich zeichnet: „,Du bist nur ein Freizeitpoet / für den nichts auf dem Spiel steht / Deine Freunde haben dich gern / aber keiner nimmt dich ernst‘ / Peter Handke lacht und spricht / ‚Ich bin cool, du bist es nicht!‘“
„Mein Land“ ist wohl das lyrischste Stück des Albums, das eine ähnlich sublime Wehmut verströmt wie manches aus dem neueren Schaffen der NEUBAUTEN. Die letzten Töne gehören der vom Wind verwehten Melodika.

FAZIT: Peter Handke würde jetzt sicher mit einem epischen, einer ausgetüftelten Koda gleichenden Fazit um die Ecke kommen, mir bleibt nur, dieses eigenwillige, vielseitige (doch in der Hauptsache eher düstere) Album wärmstens zu empfehlen! Einen abschätzigen Vergleich mit dem deutschen Pop-Mainstream haben VIENNA REST IN PEACE nicht nötig, solange sie weiter so eindrucksvoll ihr eigenes Ding verwirklichen.

Tobias Jehle (Info) (Review 5276x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • Vienna Rest in Peace
  • Sterbenswerte Stadt
  • Das Leichtmatrosenlied
  • Staat der Affen
  • Zerschossener Palast
  • Alles vorbei
  • Berühr doch bitte meine Atemnot
  • Auf Geisterfahrt
  • Gefühle
  • Alles unter Kontrolle
  • Peter Handke
  • Mein Land

Besetzung:

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