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Interview mit Manes (22.04.2007)

Manes
Die Norweger MANES haben gerade mit „How The World Came To An End“ ein Album aufgenommen, dass mit Metal quasi gar nichts mehr am Hut hat und selbst Fans spartenfreier Rockmusik verschrecken dürfte. Warum die Trondheimer ähnlich wie Ulver dennoch unsere gitarrengestählten Ohren verdienen, erklärt Torstein. Die Abkehr vom Black Metal geschah schrittweise und war kein Paradigmenwechsel. In der alten, schwärzeren Zeit von MANES war ich noch kein Mitglied, weiß aber bis zu einem bestimmten Grad, wie sich die Dinge entwickelten. Das Debüt „Under Ein Blodraud Maane“ war eine Zusammenstellung neuaufgenommener Songs der drei Demos von 1993 bis 1995. Wir haben sehr viel Musik von ’93 bs 2002 geschrieben, als wir „Vilosophe“ aufnahmen. Die Entwicklung ging langsam, aber stetig vonstatten, weshalb ich diese dauernd gestellte Frage gut verstehen kann. ManesZwischen dem ersten Album und „Vilosophe“ gabe es keine offizielle Veröffentlichung, womit für Außenstehende während dieser Zeit eine offensichtliche Lücke besteht. Einen genauen Grund für diesen Wechsel kann ich nicht nennen, aber es gab eine allgemeine Unzufriedenheit mit Metal generell sowie Black Metal im Speziellen, als es erste Anzeichen gab, wohin die Entwicklung ging. Worum geht es auf dem neuen Album? Ihm liegt in der Tat ein Konzept zu Grunde – nicht wie so oft inhaltlich, jedoch hinsichtlich der Form und Entwicklung. Wir wollten uns von allen Einschränkungen und vorgefertigten Auffassungen von unserer Seite oder außerhalb befreien. Dies betraf zunächst die Genreeinordnung, aber mehr noch das Bild eines Albums als konkrete Einheit – es sollte so weit entfernt von irgendeinem Kontext wie möglich sein. Für die letzte Platte bekamen wir viele postive Resonanzen und wurden natürlich auch von Puristen verflucht, aber darauf wollten wir nicht aufbauen. Wir wollten nicht unbedingt etwas tun, das eine breitere Hörerschaft anspricht, leichter live umzusetzen ist, oder so...daher gaben wir diesem neuen Teil den Arbeitstitel „Invention“, beziehungsweise „How The World Came To An End And ManesWhy We Did It“ als Überbau. Es sollte etwas Neues werden, deshalb „Invention“, und wir setzten es uns zum Ziel, mit dem Endergebnis unsere Vergangenheit abzuschließen als das „Why We Did It“ Ich weiß weder, ob es uns gelungen ist, noch kümmere ich mich darum, aber das war unser Anliegen. Worauf bezieht sich „Fuckmensch Warmensch“ in diesem Zusammenhang? Den Text hat eigentlich Cornelius Jakhelln (Sturmgeist, Solefald) geschrieben, aber wir haben ihn mit dem Konzept verbunden, das wir selbst für den Song hatten. Über die genaue Bedeutung dieser Lyrikzauberei solltest du ihn ausfragen. Wir dachten, dass sie ganz gut zu der Art „plague“-Idee passt, die sich durch einige Stücke zieht. Die Krankheit, auf die wir uns vage beziehen ist keine körperliche, sondern weltumspannend und psychisch, so wie wir gerade im postindustriellen, transnationalen Zeitalter endloser Information durchleiden. Scheinbar pochen alle im Einklang auf ihre Einzigartigkeit, während sie bemüht sind, beachtet zu werden. Wir versuchen, diesen Informationsstrom in als unterschwellig darzustellen – eine wirkliche Epidemie, die von uns geistigen Leichen ausgeht. Glaubt ihr ehrlich an ein definiertes Weltende im Sinne eines unvermeidbaren Niederganges? Wird es von einem Augenblick zum nächsten vorbei sein, und wer tritt diese Entwicklung los? Der Albumtitel ist mehr oder minder selbstbezogen, kann aber wie gesagt auch auf dieses ganze Krankheitsszenario bezogen werden. Ich kann mit Theorien zum Weltuntergang und Dingen wie herabsteigenden Dämonen nicht viel anfangen. Statt der Apokalyptischen Reiter oder so unmittelbar wie bei einer Operation Crossroads (die frühen US-Atomtests) ist es eher ein langsamer spiritueller Zerfall bis heute. Die „Neue Fernsehrevolution“ bedeutet, sich zweiminütige Clips von Leuten bei YouTube anzuschauen, die sich selbst verletzen, und im Musikbereich ist es vor allemdie Tendenz von ganzen Alben hin zu einzelnen Stücken durch iTunes und mp3. Kultur ist nunmehr etwas geworden, das man in einem Museum antrifft. Diese ganze Fast-Food-Schiene mit den Maximen „Billig“ und „Schnell“ zieht sich überall hindurch. Ich könnte mich weiter aufregen, aber lassen wir das... An welche Begegnungen mit Schwarzmetall-Hardlinern und Faschisten kannst du dich erinnern? Kümmert ihr euch eigentlich noch um so etwas wie die „Szene“? Wir treffen immer wieder auf Leute, die von dem alten Kram besessen sind, und manche von ihnen mögen die neueren Sachen offenbar nicht. Das ist aber in Ordnung – Geschmäcker sind Manesverschieden. Es gibt allerdings auch einige, die beide Richtungen verbinden. Ich höre sehr viel von der gleichen harschen und dunklen Atmosphäre aus beiden Phasen heraus. Also ist es nicht ungewöhnlich, dass manche Fans, die MANES von Beginn an folgen, immer noch einen Bezug zu unserem Schaffen haben. Wir haben uns für „Vilosophe“ einige sehr heftige Verrisse von Puristen eingehandelt, die etwas Krasseres nach unserem ersten Album erwarteten. Wir ziehen uns jedoch an solchen Reviews hoch; wir googeln danach. Wie läuft eure Musik live ab mit all den elektronischen Komponenten? Spielt ihr auch immer noch alte Stücke, oder passen die nicht zum aktuellen Stil? Es klappt gut live. Wir spielen nicht sehr häufig, aber die Elektroparts funktionierten bisher immer recht gut. Wir haben schon mit reduzierten Arrangements und umstrukturierten Stücken gespielt – nur Gesang, Laptop und Akustikgitarren - und sind mit zwei Schlagzeugern, Gitarristen, Bassisten und Computer für das volle Programm aufgetreten. Wir hatten auch bereits eine Live-Zusammenarbeit mit dem Duo Bush Revolution bei einer eher Jam-basierten Version von „Diving With YourHands Bound (Nearly Flying)“ von „Vilosophe“, das die beiden manipulierten. Solche sachen sind echt lustig. Wir möchten mehr in der Art machen, um uns selbst herauszufordern und nicht bloß ein Album live zu reproduzieren. Unser Bandmantra besagt, den Spaß zu bewahren oder die Dinge zumindest interessant für uns zu halten. Das betrifft Aufnahmen wie Livespiel, wobei Wiederholung weder spaßig noch sonderlich interessant ist. Nur einmal haben wir einen alten Song live gespielt, nämlich „Uten Liv Ligger Landet øde”, doch mit unserem aktuellen Lineup klappte das nicht besonders gut. Um diesen Stücken die gebührende Stimmung zu geben, sollten wir etwas ganz Besonderes bei ihrer Aufführung tun. Vielleicht machen wir es, vielleicht auch nicht… Erzähl mal etwas über die Artworks der neuen Scheibe und vom „[view]“-Digipack! Vor allem bei letzterem check’ ich nicht so ganz, worauf ihr hinauswollt… Das neue Cover ist von Trine Paulson und Kim Sølve von Trineogkim.no. Sie sind talentiert und haben begriffen, was wir ausdrücken wollten. Sie bekamen einige grundlegende Hinweise und darüber hinaus alle Freiheiten. Sie haben einen tollen Job gemacht, und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. In seiner Machart zeigt dass Artwork, dass bei uns die Musik im Vordergrund steht. Was „[view]“ angeht: das steht im Zusammenhang mit den für die EP ausgewählten Coverstücken. Es ist eine Art Malen-nach-Zahlen mit Verbindungen und Verweisen als angedeuteter Kommentar zum politischen Klima. Wir dachten eigentlich, unsere Absicht sei zu offensichtlich, aber enttäuschenderweise hat noch niemand darauf reagiert. Welche fünf Platten hörst du momentan? Ich höre ständig viele unterschiedliche Sachen, aber das hier sind die neusten: „Conqueror“ von Jesu, „Silent Shout“ von The Knife, Mogwais „Mr. Beast“, Thom Yorkes „The Eraser und „Supervillain Outcast“ von DHG.
Andreas Schiffmann (Info)
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