Mit der elften Ausgabe seines Magazins bleibt Thor Wanzek seiner Linie und der eigenwilligen Getrenntschreibung bestimmter Verbformen („fertig zu stellen“, „aus zu machen“) treu, überbietet sein bisheriges Schaffen aber quantitativ wie qualitativ.
Der Themenkomplex, dem er sich nahezu im Alleingang widmet, umfasst nach wie vor grenzgängerische Musik zwischen Black Metal, Naturmystik und dem weiten Feld des Progressiven. Geblieben ist auch das bisweilen Gefühlsduselige und Verklärende hinsichtlich der Vergangenheit, vermeintlicher Wurzeln und heidnischer Gedanken; allerdings relativiert Thors nicht zu knapp bemessener Humor und zeitweilige Selbstironie den Eindruck eines kritiklosen Nostalgikers. Gleichwohl er schwärmt, sind seine Kritiken – etwa zu Konzerten der Brimstone Solar Radiation Band oder Nucleus-Torns „Nihil“-Album - trotz aller (und notwendiger!) Subjektivität zu gewissenhaft, um aus dem Mørkeskye ein tumbes Fanzine zu machen.
Verschweigen sollte man das Engagement des Autors für Prophecy Productions nicht. Thor selbst macht keinen Hehl daraus, wenn er Künstler des Labels ausgiebig porträtiert, jedoch nicht plump bewirbt. Viel eher ist es so, dass er schon immer ein Faible für die Betreffenden hatte. Außerdem werden etwa Empyrium nicht von ihm selbst, sondern durch Stefan Belda (u.a. beim Legacy tätig) mit einem äußerst umfangreichen Feature bedacht, welches keine Fragen offen lässt. Weitere Glanzlichter setzt Mørkeskye #11 mit Beiträgen zu Steven Wilson, Wobbler, White Willow, Ulver und Enslaved. Auch eine alte Befragung von In The Woods (Anders Kobro) hat ihren Weg in das geschmackvoll aufgemachte, schwarz-weiß gedruckte Heft gefunden.
Grenzüberschreitung des Metallischen gehörte ebenfalls schon immer zu diesem Magazin; Betrachtungen und Interviews zu Pendikel, Jóhann Jóhannsson oder Piano Magic sind diesem Anliegen ebenso geschuldet wie Einblicke in den Literaturbetrieb abseits des Mainstream sowie philosophische bis politische Themen, die den Abschluss des Heftes bilden. Hier zeigt sich Thors Interesse an Fragen der Sozialethik im Hinblick auf die Moderne und deren Entpersönlichung des Menschen. Wenn sich dies in den Musikbeiträgen stets etwas reaktionär äußert und Thor Künstlern manchmal seine eigenen Worte in den Mund legen zu wollen scheint, so tritt er hier angenehm in den Hintergrund und verbietet sich zudem eine allzu intellektuelle Schreibart.
Die Güte einer Zeitschrift beweist sich dadurch, dass beim Lesen die Lust aufsteigt, die im Text behandelten Kulturschaffenden selbst zu entdecken, beziehungsweise bei bekannten Themengebieten die betreffenden Werke hervorzukramen. Wenn jemand den Leser neue Perspektiven auf Altes werfen lässt und ihm andererseits unvertraute Territorien eröffnet, dann hat er Unterstützung verdient - denn wer möchte von seiner Lektüre immer bloß Bestätigung seiner Gedanken erfahren?
www.trollmusic.net gilt es anzusteuern, wenn man nicht nur eines der letzten lesenswerten Print-Zines erstehen möchte, sondern auch zur Erheiterung und Findung einer etwas anderen Sichtweise auf den sonst so verbiestert engen Metal-Kontext.
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(Andreas Schiffmann)