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King Bathmat: Truth Button (Review)

Artist:

King Bathmat

King Bathmat: Truth Button
Album:

Truth Button

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 50:26
Erschienen: 08.06.2012
Website: [Link]

Der Mensch verfügt über die Eigenart, seine potenziell großartigen Errungenschaften dergestalt zu missbrauchen, dass sie ihm hinderlich oder gar zum Verhängnis werden. John Bassett alias KING BATHMAT, den der Rezensent seit seinem Debüt „Son Of A Nun“ nicht mehr auf dem Schirm hatte, befasst sich auf seinem neuen Werk mit Technikfurcht und gesellschaftlicher Zerfaserung im Zuge des Missbrauchs moderner Medien wie des Internet.

Daraus, dass wir alle Kinder dieser Entwicklung sind, macht der Musiker jedoch keinen Hehl, sodass „Truth Button“ kein akustischer Zeigefinger geworden ist. Im Vergleich zu den immer wieder als Brüder im Geiste anzuführenden PORCUPINE TREE (ähnliches Klangverständnis, aber ohne Wichtigtuerei im Zuge allseitiger Beweihräucherung) auf dem im gleichen Bereich gelagerten Album „Fear Of A Blank Planet“ klingt die Band KING BATHMAT weniger finster, dafür basischer, traditioneller. Dennoch bietet schon der fast zehn Minuten lange Opener „Behind The Wall“ inhaltlichen Zündstoff. So lakonisch der Frontmann mitunter intoniert, so deutlich gibt er die thematischen Koordinaten der Scheibe vor: Misstrauen, Orientierungslosigkeit und Zweifel im Zuge allgemeiner Reiz- und „Freundschafts“-Überflutung. Der einstweilen piepende Kardiograph während der kräftig zerrenden Bridge steht sinnbildlich für eine Sozialwelt am Rande des Kollapses. Der Track etabliert das schreiberische Konzept für den weiteren Verlauf: Das Oberhaupt schwört Refrains zwar nicht ab, komponiert aber eher fortschreitende Klangepen, deren Motive nicht vordergründig wiederkehren. Im steten Stimmung-Auf und -Ab zerreißt der rote Faden dadurch nicht.

„Abintra“ wird mit einem deftig schweren Doom-Riff eingeleitet, woraufhin Bassett zu Bass und Drums singt, als stünde er neben sich. Nach einem guten Drittel der Spielzeit nimmt der Song an Fahrt auf, und der Frontmann kehrt den Schmutz in seiner Stimme hervor, was zusammengenommen eine Grunge-Schartte im ursprünglich dreckigen Sinn wetzt. Alsdann bricht der Song komplett zusammen und baut sich eingedenk mystischer Keyboard-Schlieren erneut auf. Der Chorus wird ein zweites Mal wiederholt, und zum Gitarrensolo erklingt noch einmal das motivische Piepen aus dem Opener. „Book Of Faith“ fällt träumerischer aus: Zur Rhythmusgruppe gesellen sich Synthesizer und sporadischer Gesang, doch die Atmosphäre ist eine anhaltend dräuende, als bräche jeden Augenblick die Hölle los. Wenn die Gitarren schließlich verzerrt hinzukommen, nimmt das Lied jedoch einen straight achtelnden Duktus an, und die Vocals sorgen trotz regelmäßiger Unterbrechungen für die notwendige Eingängigkeit. Den Mittelteil prägen Streicher-Flächen und reichlich Saiten-Lärm, der bis zum Ende hin vordergründig bleibt, weshalb man das Stück zu den sperrigeren der Scheibe zählen muss. Mit Hinblick auf den Text um die „media charade“ erschließt sich der Sinn hinter dieser Anlage jedoch schnell.

Für „The End Of Evolution“ setzt Bassett auf passende Plastikklänge (Drumloops), wie sie in seiner Heimat vor allem RADIOHEAD etabliert haben. Rasch aber erdet das Trio den Song mit weitschweifigen Gitarrenlinien, ehe es sich zurücknimmt, um die Lyrics ins Schlaglicht zu rücken. Im Hintergrund spielt sich aber einiges ab: Keyboard-Kaskaden und dynamisches Drumming profitieren von der ausgezeichneten, selbst gestemmten Produktion. Weite Teile des Tracks bleiben instrumental, wobei ein klares Lead-Motiv beibehalten wird. „Dives And Pauper“ bedient sich rhythmisch im Intro bei einem Uhrwerk. Steigen die Musiker ein, wird ein treibender und leicht dissonanter Rocker daraus, gleichzeitig das kürzeste Stück der Scheibe. Dabei geschieht nicht weniger als in den Longtracks, und entsprechend nervös geht es zu, wobei Bassetts Stimme dafür sorgt, dass die Struktur bewahrt bleibt. Hier strotzen KING BATHMAT vor Spielwitz, und es sei ihnen für die Zukunft geraten, wieder mehr Wert auf Kompaktheit zu legen, wie John es in seinen Anfangstagen getan hat.

Die Spieluhr zu Beginn des längsten und letzten Stückes „Coming To Terms With Mortality In The Face Of Insurmountable Odds“ hat man bereits zuvor immer wieder vernommen. Somit schließt sich ein Kreis, zumal dieses Epos mithin das einzig relativ geschlossene Stück der Scheibe darstellt. Die Stimmung bleibt hier nämlich bis zur Hälfte gleichmäßig versonnen. Dann geizen KING BATHMAT nicht mit Bombast und elegischen Synth-Linien, um sich in dramatische Höhen aufzuschwingen. Der Sänger tut sein Möglichstes, um diesem Überschwang gerecht zu werden, aber statt einen nicht mehr zu steigernden Höhepunkt anzustreben, schaltet die Mannschaft zurück und lässt die Scheibe auf einen leisen, nachdenklichen Ton enden. Die Forderung „push the button“ bezieht sich auf den Wunsch, Wahrheiten in einem Klima, das zunehmend schwieriger zu durchschauen ist, transparenter werden zu lassen … aber möchten wir ihnen überhaupt ins Auge sehen?

FAZIT: „Truth Button“ ist kein einfaches Album geworden. Die Singer-Songwriter-Elemente, die KING BATHMAT vormals mitunter eingebaut hat, sind gänzlich verschwunden. Heuer hat man es jedoch auch mit einer zusammengewachsenen Band zu tun, und diese hat im Alleingang ein wuchtiges, spannendes Album ersonnen, das sich im New-Artrock-Reigen angenehm bauchig und schmutzig hervortut, ohne auf inhaltliche Tiefe zu verzichten.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 4043x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Behind The Wall
  • Abintra
  • Book Of Faces
  • The End Of Evolution
  • Dives And Pauper
  • Coming To Terms With Mortality In The Face Of Insurmountable Odds

Besetzung:

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