Wo Deutsch draufsteht, da muss doch auch Deutsch drin sein, oder?!?!
Nicht immer, wie wir gleich erfahren werden!
Es ist garantiert keine Verarsche, sondern nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Krautrock längst die ganze Welt erobert hat. Denn MINAMI DEUTSCH sind keinesfalls deutsch, aber sie machen urdeutsche Rockmusik, welche sich durch ihre ungewöhnliche Spielart in den Spätsechzigern und Frühsiebzigern regelrecht ein Alleinstellungs-Markenzeichen erobert hat.
MINAMI DEUTSCH sind eine japanische Band, die uns ein „Yes We CAN“ genauso wie ein „Alles NEU!“ entgegenschmettern. Dieses Trio atmet den Krautrock so, als hätten sie sich einen japanischen Musik-Joint direkt aus dem deutschen Kräutergarten zusammengestellt.
Obwohl ja Japan und Krautrock nicht wirklich NEU!es sind, denn mit dem exzessiven DAMO SUZUKI, der von 1970 bis 1973 auf den wichtigsten CAN-Alben sang, hatte sich bereits ein Japaner inmitten der deutschen Krautrock-Szene und einer ihrer wichtigsten Bands etabliert. Ein Gedanke, bei dem momentan auch eine gehörige Portion Trauer mitschwingt, da gerade erst vor drei Tagen HOLGER CZUKAY an dem Ort, der wohl der wichtigste seines Lebens gewesen ist – seinem Musikstudio – gestorben ist.

Seit 2014 sind dagegen MINAMI DEUTSCH – gegründet in Tokio – sehr lebendig in der Krautrock-Szene unterwegs und genießen dort schon einen gewissen Kultstatus, der bereits 2015 zur ersten LP-, Kassetten- und Download-, aber nicht CD-Veröffentlichung führte. Im Grunde klingt das konsequent. Konsequent krautrockig. Für Freunde dieser Musik und digitaler Tonträger klingt das dagegen nicht so gut, weswegen seit 2017 dank Sulatron Records, „Minami Deutsch“ auch in der CD-Variante – allerdings strikt auf 500 Exemplare limitiert – vorliegt, auf die gleich noch zwei Bonustitel mit einer Spielzeit von gut 21 Minuten draufgepackt wurden. Außerdem ist das aufklappbare Digisleeve, welches den Silberling einbettet, zu 100% ökologisch abbaubar und vielleicht kann man‘s sogar rauchen...

Nicht abbaubar ist dagegen die Musik, die stark auf einheitliche Rhythmen setzt, aber immer wieder mit ungewöhnlichen Extremen aufwartet. Erst hypnotisch einlullen und dann bestialisch erschrecken, wie auf „Futsu Ni Ikirenai“ zum Beispiel, wenn urplötzlich, einem Urknall gleich, eine verzerrte Gitarre die bis dahin fast entspannt wirkende Stimmung zerschreddert. Das sind die Höhepunkte auf „Minami Deutsch“. Schwächer dagegen sind die sich in zu vielen Wiederholungen erschöpfenden Passagen, wie man es manchmal auch von CLUSTER oder POPOL VUH kennt.

Ein besonderes Highlight ist dann tatsächlich der Bonus Track „Steel Into Hartmut“, nicht nur weil er mit genau 13 Minuten das längste Stück des Albums, sondern auch ein schwer psychedelisches ist, das sogar an die frühen PINK FLOYD Erinnerungen weckt. Dieser musikalische Schnitt hat auch einen Grund, denn hier spielt der Gitarrist von MINAMI DEUTSCH mit drei anderen Musikern als auf der regulären LP-Ausgabe zusammen, die offensichtlich den Psychedelic Rock bevorzugen. Ähnliches gilt auch für den das Album abschließenden Achtminuter „Taitan“, der in Hochgeschwindigkeitstempo durch unsere Boxen saust.

FAZIT: Authentischer Krautrock aus Japan! MINAMI DEUTSCH klingen so, wie es ihr Name verheißt. CAN und NEU! sind dabei ihre offensichtlichen Vorbilder.

PS: Und wo das Album von Freunden guten japanischen Krautrocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, genau hier mit einem Klick und nicht bei...