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Interview mit Callejon (18.01.2013)

Callejon

Die rheinischen Metalcore'ler CALLEJON haben ein Problem. Unter dem zum Verwechseln ähnlichen Namen KALLEJON treibt eine Bande ihr Unwesen und hat ein Album aufgenommen, auf dem sie Kamellen der deutschen Popmusik im CALLEJON-Style nachspielen. Oder stecken CALLEJON doch selber hinter diesem Ungemach? Wir kontaktierten Gitarrist Bernhard und baten darum, für Aufklärung zu sorgen.

Tag die Herren und herzlichen Glückwunsch zur Partyscheibe des Jahres. Ok, 2013 ist noch jung, was aber nichts daran ändert, dass "Man spricht deutsch" auf jeder ordentlichen Party für Stimmung sorgen dürfte. War das der Hauptgrund dafür, dass ihr das Teil gemacht habt?

Absolut nicht! Wir haben mit diesem Album nichts zu tun, das ist gänzlich auf dem Mist unserer missratenen Zwillingsbrüder gewachsen. Wir hatten die Typen ziemlich lange auf einem abgelegenen Bauernhof angekettet, aber irgendwie haben sich diese Halbaffen losgemacht und ein Album rausgebracht. Dass dabei nur Müll rauskommen kann, war uns klar, aber diese Idioten halten sich für die Beethovens der Postmoderne.

Von der Partytauglichkeit abgesehen - welche Gründe spielten ebenfalls eine Rolle?

Mangelndes Talent für eigene Songs und akute Geldnot. Man muss sich die Typen, die das gemacht haben, doch nur mal anschauen. Alleine der Name "Kallejon" spricht doch schon Bände über das kreative Potenzial dieser Honks.

Nach welchen Kriterien wurden die Songs grundsätzlich ausgesucht?

Wer Freibier klaut und nicht mal seinen Namen schreiben kann, ist natürlich auch keiner Fremdsprache mächtig, wahrscheinlich wurden deshalb nur deutschsprachige Songs ausgewählt.

CallejonKönnt ihr mal drei, vier Nummern nennen, die auch in der engeren Wahl standen, aber dann nicht genommen wurden? Und warum sind die durchgefallen?

Ich habe mitbekommen, dass die Typen auch noch eine Version von "Verdammt, ich lieb dich" von MATTHIAS REIM gemacht haben, die wie Karneval in der Nordkurve klang. Dieses Unheil konnten wir gerade noch abwenden.

Gab es Songs, die ihr machen wolltet, aber bei denen es euch nicht erlaubt wurde?

Ich weiß nicht, wer dafür bedroht oder bestochen wurde, aber irgendwie sind die bei den Urhebern mit diesem Quatsch durchgekommen.

Gab es Songs, an die ihr euch aus bestimmten Gründen nicht herangetraut habt?

Mann, das ist echt ein langes Interview. Mir gehen langsam die ironischen Antworten aus, deshalb werde ich von jetzt an ernsthaft antworten, und so tun, als hätten wir das Album eingespielt. Nicht herantrauen ist vielleicht nicht das richtige Wort, aber es gab Bands, die wir von vornherein für Coverversionen ausgeschlossen haben. Zum Beispiel hätte eine CALLEJON-Version von einem RAMMSTEIN-Song in unseren Augen wenig Sinn gehabt, denn wir hätten dem nicht viel Neues hinzufügen können, ohne den Song schlechter zu machen.

Habt ihr den jeweiligen Originalinterpreten eure Versionen vor Veröffentlichung zukommen lassen? Wie waren die Reaktionen, wer hat besonders positiv reagiert, wer eher negativ?

Wir haben uns bei allen Urhebern eine Freigabe für unsere Version eingeholt. Meist war das sehr unproblematisch, Bela B. von den Ärzten fand die Nummer ja sogar so cool, dass er seinen Part nochmal beigesteuert hat. Soweit ich weiß, hat CLUESO wohl erst etwas gezögert, aber ich kann verstehen, dass man ein paar dahergelaufenen, versoffenen Bauerntrampeln, die Metal machen, nicht so ohne Weiteres seinen Song anvertraut.

Eine Frage zu jedem Song bzw. Interpreten:

  1. DIE ÄRZTE "Schrei nach Liebe":  Ist das der beste "gegen rechts"-Song, der je von einer deutschen Band geschrieben wurde?

    Der beste, den ich kenne. Weil er einfach so wahr ist.

  2. FETTES BROT "Schwule Mädchen":

    ja. (Anm. d. Verf.: Dass ich hier vergessen hatte, eine Frage hinzuschreiben, fiel mir erst lange nach Abschicken des Fragebogens ein. Dumm gelaufen.)

  3. PETER FOX "Alles neu": "Stadtaffe" ist das beste deutsche Popalbum der letzten Jahre, oder?

    Ich kenne zugegebenermaßen nicht das ganze Album, aber die Singles sind definitiv einer der Lichtblicke in dem Metier, das sich aktuelle Popmusik schimpft.

  4. TIC TAC TOE "Ich find dich scheiße": Ricky, Lee, Jazzy - welche von denen dreien war die heißeste?

    Heiß an denen war, sich in einem von Männern dominierten Genre als selbstbewusste Frauen zu behaupten. Aber 1996 waren meine sexuellen Fantasien von anderen Frauen geprägt.

  5. TOKIO HOTEL "Durch den Monsun": Gibt es Gründe, warum man diese Band ernst nehmen sollte?

    Gibt es Gründe, warum man das nicht sollte? Sie haben teilweise sehr gut geschriebene Songs.

  6. SIDO "Mein Block": Als ich Sido irgendwann ohne Maske im TV gesehen habe, war ich überrascht, weil er gar nicht mal so unsympathisch war. Ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Ich habe Sido bis jetzt nicht kennengelernt, aber eine Einladung zum gemeinsamen Sonntagskaffee würde ich auf keinen Fall ausschlagen.

  7. SPORTFREUNDE STILLER "Ein Kompliment": Meine Beichte:  ich hab mir die mal in Köln live angeguckt. Deine Beichte im Bezug auf die Sportfreunde?

    Ich finde ihren Dialekt putzig. War das jetzt eine Beichte?

  8. DIE TOTEN HOSEN "Hier kommt Alex": Welche anderen Hosen-Songs hattet ihr in Betracht gezogen? Oder hieß es von Anfang an "den oder keinen"?

    Dass wir den Hosen-Song machen, war von Anfang an klar. Obwohl ich im Nachhinein "Paradies" auch interessant gefunden hätte.

  9. PETER SCHILLING "Major Tom": Warum nur ein Song der NDW? Oder umgekehrt - warum überhaupt einen NDW-Song?

    Definitiv ein Höhepunkt der neueren musikalischen Entwicklung in Deutschland. Von TRIO über FALCO bis hin zu NENA standen noch so einige Interpreten zur Diskussion. Allein, dass kein FRAKTUS-Song dabei ist, zerreißt mir das Herz.

  10. DIE FANTASTISCHEN VIER "MfG": Die sind schuld daran, dass es deutschen HipHop gibt - richtig oder falsch?

    Eine maßgebliche Mitschuld, meiner Meinung nach die Haupttäterschaft, ist nicht zu widerlegen.

  11. DIE PRINZEN "Alles nur geklaut": Der Song wäre doch eigentlich der perfekte Opener gewesen - warum steht er stattdessen am Schluß?

    Weil es uns wichtig war, "Schrei nach Liebe" als ersten Song auf der Platte zu haben. Als abschließendes Resümee ist der Titel doch mindestens genauso passend.


Letzte Frage: War das ein einmaliges Ding oder  habt ihr schon in Betracht gezogen, irgendwann einen zweiten Teil zu machen?

Wir werden nach unseren Live-Aktivitäten definitiv wieder an eigenem Material arbeiten, und für die Zukunft ist auch erstmal nichts in diese Richtung geplant. Aber James Bond kennt die letzte Antwort auf diese Frage.

Andreas Schulz (Info)
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