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Switchblade: Switchblade [2012] (Review)

Artist:

Switchblade

Switchblade: Switchblade [2012]
Album:

Switchblade [2012]

Medium: CD
Stil:

Drone Doom

Label: Denovali Records
Spieldauer: 36:55
Erschienen: 21.09.2012
Website: [Link]

Instrumente und Effektgeräte vor Stein, Moos und Holz – als verstärke der Widerhall der Natur das Gespielte, nicht etwa Elektrizität. Die Abwesenheit von Menschen auf der Fotografie fällt als Erstes auf und untermauert die Annahme, dass der Klang nicht auf seinen Urheber verweisen soll. Stattdessen wird die Fährte auf den Effekt gelegt, der sich daraus ergibt, oder, wenn man so will, auf die Atmosphäre.

Treffenderweise zitieren SWITCHBLADE auf ihrer erneut namenlosen 2012er-Veröffentlichung den französischen Dichter Lautréamont (1846 – 1870) mit seinen „Gesängen des Maldoror“ – einem Werk, das den Surrealismus nachhaltig beeinflusst hat. Dem Stil Lautréamonts werden Charakteristika der „Écriture automatique“ nachgesagt, des „automatischen Schreibens“, das eine unvermittelte, unreflektierte, sehr direkte Wirkung zum Ziel hat, wobei das Einhalten von grammatischen oder orthografischen Regeln keinerlei Priorität genießt – im Zentrum steht das Erfahrbarmachen von Emotionen.

Soweit festigt sich der naturalistische Charakter des Drei-Mann-Projekts, das inzwischen nur noch ein Zwei-Mann-Projekt ist. Nach dem Ausstieg von Anders Steen bleiben nur Johan Folkesson (Gitarre) und Tim Bertilsson (Schlagzeug) übrig, die mit freundlicher Unterstützung von The Cuckoo (TERRA TENEBROSA), David Johansson (KONGH), Jonas Renkse (KATATONIA) und Per Wiberg (Ex-OPETH) genug teuflisches Chaos veranstalten, dass sich Maldoror, der Titelheld aus Lautréamonts Dichtungen, mit Freude der Ausführung seiner Pläne hingeben kann, Gott und die Welt an Bösartigkeit zu übertreffen.

Eine Entdeckung ist SWITCHBLADE [2012] wohl insbesondere für scheuklappenfreie Freunde von OPETH und KATATONIA, die bei ihren Lieblingsbands inzwischen etwas zu viel Verkrampft- und Verkopftheit ausmachen mögen. Nehmen wir nur Per Wiberg: Auf dem Cover der letzten OPETH-Platte rollte sein Kopf wie eine faule Frucht von der Baumkrone ins Laub, doch der Orgelsound, der auf „Heritage“ praktiziert wurde, ist per Schall noch zu ihm durchgerungen. [2012] bietet drei Sätze, jeweils aufgeteilt in drei bis vier Partituren, und sie alle werden vor allem von Wibergs Keyboards zu einer schleimigen, dichten Masse komprimiert; Keyboards, die den pyschedelischen, mit Blick auf Lautréamont surrealistischen Orgel-Rock der 60er Jahre einmal quer durch den schwarzen Schmutz ziehen. Das grellrote Feuer Luzifers lodert hier schon längst nicht mehr, mit Titeln wie „Grave“ und „Nocturne“ sind wir so tief unter der Erde, dass Lichtquellen schwer auszumachen sind.

Oder Jonas Renkse. Wer die sicherlich ansprechenden, aber inzwischen standardisierten Vocals auf der letzten KATATONIA-Platte „Dead End Kings“ vernommen hat, wird sich schön wundern, wie er samt seiner beiden Mitstreiter The Cuckoo und David Johansson von den SWITCHBLADE-Köpfen inszeniert wird – wie Geräusche nämlich, gurgelnde Instrumente, die sich im sanften Grieseln mit dem scheppernden Becken des Schlagzeugs vermischen, dessen Rhythmus irgendwo zwischen schleppend und langsam pendelt. Auch hier wieder tritt die Abwesenheit von Menschen hervor, auf einem Medium, das genau wie die Fotografie normalerweise gerade dazu verwendet wird, Menschen in den Fokus zu stellen.

Dazu wird die verzerrte Gitarre einfach ihrem eigenen Schwung überlassen; Folkesson schlägt sie einmal an und lässt den Verstärker den Rest machen (zB. Endteil von „Movement II – Nocturne“). Wie von Zauberhand geht immer alles im Rhythmus auf, den Bertilsson und Wiberg vorgeben. So, wie überhaupt alles an dieser Veröffentlichung der Mathematik des Weglassens unterliegt, so lange eben – mit BOHREN gesprochen – am Ende wieder alles zusammenkommt.

FAZIT: Wenngleich die Dreifaltigkeit zur Zweifaltigkeit zurechtgestutzt wurde, bleiben SWITCHBLADE immer noch vor der Einfältigkeit bewahrt. [2012] fügen die Schweden ihrer Vita aller personellen Dualität zum Trotz ein in Mark und Bein gehendes Triptychon hinzu. Die Kunst des Minimalismus vereint sich in Wort, Bild und Ton zu einem sicher nicht erhellenden, aber erschütternden Fegefeuer.

Sascha Ganser (Info) (Review 3707x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • MOVEMENT I:
  • - Grave I
  • - Dissonance I
  • - Coda I
  • MOVEMENT II:
  • - Nocturne
  • - Mezzo
  • - Coda II
  • MOVEMENT III:
  • - Grave II
  • - Dissonance II
  • - Elegy
  • - Finale

Besetzung:

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