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Mayfair: Schlage mein Herz, schlage (Review)

Artist:

Mayfair

Mayfair: Schlage mein Herz, schlage
Album:

Schlage mein Herz, schlage

Medium: CD
Stil:

Progressive Metal

Label: Pure Prog Records
Spieldauer: 40:37
Erschienen: 08.11.2013
Website: [Link]

Eines vorweg: Der Name MAYFAIR war mir bis Mitte letzten Jahres vollkommen unbekannt. Die teilweise abgöttische Verehrung, die rund um das „Keep It True“-Festival oder im Sacred-Metal-Forum um diese österreichische Progressive-Metal-Band herrschte, wirkte eher suspekt. So gesehen konnte der erste Hördurchgang des „Comeback“-Albums „Schlage mein Herz, schlage“ vollkommen unvorbelastet angegangen werden. Und – was soll ich sagen: Nachdem die gut 40 Minuten das erste Mal durchgehört waren, hatte ich mein Telefon schon in der Hand, um meinem Kumpel Michael eine WhatsApp zu schicken, die ungefähr diesen Wortlaut gehabt hätte: „Und wegen dieser Scheibe macht Ihr alle so eine Welle?“

Ich hab es dann doch sein lassen. Und es nach zwei, drei Tagen noch einmal versucht. Und später noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. Und es kam, wie es kommen musste: Mit jedem Durchgang schlug das Herz heftiger. Was anfangs für völlige Verstörung beim unbedarften Hörer sorgt, frisst sich immer mehr in die Gehörgänge. Was anfangs vollkommen schräg wirkt, macht immer mehr Sinn. Was anfangs dissonant und wahllos zusammengewürfelt klingt, folgt immer mehr einem roten Faden.

Andere Bands zu einem Vergleich heranzuziehen, wird MAYFAIR nicht gerecht. Selten klang ein Album so eigenständig, so unvergleichlich. Und das aus mehreren Gründen. Dass es bei MAYFAIR mal englisch, zumeist aber deutsch zugeht – ungewöhnlich, aber nicht sensationell. Deutlich individueller ist da schon die Produktion, die einerseits extrem basisch klingt, aber niemals ins unterproduziert-scheppernde abdriftet. So, als stünde man mitten im Proberaum der Band – wo aber zufällig Michael Wagener sitzt und die Knöpfchen drückt. Klingt komisch, ist aber so. Wenn es den „perfekten Proberaumsound“ gibt – hier ist er zu hören.

Noch außergewöhnlicher freilich sind die zehn Songs ausgefallen, die den Hörer auf die vielzitierte emotionale Achterbahnfahrt schicken. Der Titeltrack oder „Firestorm“ entwickeln sich zu veritablen Rockhits, „Abendp_rno“ dagegen klingt dunkel, roh, mit pumpendem Bass unterlegt. Direkt, straight. Unmittelbar zuvor und danach gibt es das komplette Gegenteil: „Drei Jahre zurück“ und „Island“ wirken zerbrechlich, zart, höchst melodisch, melancholisch, mindestens genau so intensiv. Und das sind nur drei Richtungen, in die das Emotionspendel ausschlägt. Sänger Mario ist vielleicht kein Geoff Tate oder Michael Kiske, aber er schafft es dennoch, auf der Klaviatur der Emotionen in alle Richtungen von oben bis unten zu spielen. Lakonisch, leidend, fordernd, nachdenklich, anklagend oder auch einfach nur erzählend – keine Stimmung, die der Frontmann nicht restlos überzeugend abbilden kann, den Hörer dadurch direkt packt und nicht mehr loslässt.

„Die teilweise psychedelischen Gitarren von Rene malen geradezu Bilder auf die rhythmische Leinwand von Jolly und Johannes“, wird das Infoblatt prosaisch, wenn es auf das Zusammenspiel von Gitarre, Drums und Bass zu sprechen kommt. Und schöner kann man es wohl kaum ausdrücken. Auch hier werden, wie bereits angedeutet, sämtliche Register gezogen, vom rohen Riff bis zur tränentreibenden Melodie wird das ganze Spektrum abgedeckt, doch egal, wie hart oder sanft es ist: Jede Sekunde auf „Schlage mein Herz, schlage“ ist intensiv, jeder Song atmet, wirkt höchst natürlich – und auch wenn man behaupten kann, dass jedes Lied die Zeit bekommt, die es braucht: Keine Sekunde ist zu viel oder überflüssig. Alles macht einen Sinn. Und, anders als bei 99,9 Prozent der anderen Prog-Metal-Combos, geht es MAYFAIR nicht darum, alle 30 Sekunden die gewerkschaftlich eingeforderte Mindestbreakanzahl von fünf in die Songs einzubauen, sondern um eine deutlich frühzeitlichere und simplere Auslegung des Wortes „progressiv“: Die Songs beinhalten kein stupides Herumreiten auf einer Idee, sondern deren Weiterentwicklung. Und das gänzlich ohne Griffbrettgewichse oder Selbstdarstellung mit tausenden von abstrakten Drumfiguren.

FAZIT: „Schlage mein Herz, schlage“ ist kein Album für die Generation Youtube, die sich mal schnell mit einem 30-Sekunden-Schnipsel einen umfangreichen Eindruck über eine Band glaubt machen zu können. Es ist auch kein Album für den, der meint, Progressive Metal müsse wie DREAM THEATER klingen. Es ist ein Album für – und dieser Begriff ist in diesem Zusammenhang ausnahmslos positiv gemeint – komplette Nerds, die auch im Jahr 2013 noch mit Kopfhörer auf den Ohren in ein Album komplett eintauchen können, sich ein Album erarbeiten wollen, darin versinken, die sich von einem Album gefangen nehmen können. Und wer sich auf diese Achterbahnfahrt einlässt, der wird unweigerlich gefangen genommen. Man muss sich nur Zeit nehmen. Gemeinsam mit „Mistral“ von A COSMIC TRAIL das vermutlich ungewöhnlichste Progressive-Metal-Album des Jahres.

Lothar Hausfeld (Info) (Review 8175x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Schlage mein Herz, schlage
  • Firestorm
  • Wwwrong
  • Drei Jahre zurück
  • Abendp_rno
  • Island
  • Du allein
  • Tric Trac
  • Bitter Or Sweet
  • Der Abschied

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Jürgen Vogler
gepostet am: 17.12.2013

User-Wertung:
15 Punkte

“ gelabert genug“!!!!
(auszug aus dem titelsong) :-D

“kaufen kaufen kaufen“
( auszug aus meiner meinung) :-D
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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