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The Worm Ouroboros: Of Things That Never Were (Review)

Artist:

The Worm Ouroboros

The Worm Ouroboros: Of Things That Never Were
Album:

Of Things That Never Were

Medium: CD
Stil:

Retro-Prog zum Verlieben

Label: Fading Records (AltRock) / Just For Kicks
Spieldauer: 55:00
Erschienen: 04.10.2013
Website: [Link]

Weißrussland ist ein ergiebiges Areal für Musik, die den guten alten Zeiten huldigt. Wer unter dem Begriff Progressiv auch immer eine Art Rückbesinnung, statt innovativen Fortschritt versteht, der ist hier hervorragend aufgehoben. Denn es werden Erinnerungen geweckt, an eine Vergangenheit, in der noch Bands zu Helden werden konnten, die nicht in gängige Radio-Musik-Formate passten und VAN DER GRAAF GENERATOR, KING CRIMSON oder JETHRO TULL hießen. Zeiten, in denen selbst Städte eine eigenständige Prog-Musikkultur verwirklichen konnten, die in ihrer Eigenart etwas so Besonderes war, dass man diese Stilistik gleich mit dem regionalen Namen verband, wie Canterbury.

Genau in diesem Gefilde scheinen sich auch die Weißrussen von THE WORM OUROBOROS wohl zu fühlen. Und sie sind nicht die einzigen aus dieser Ecke, denn das FIVE STOREY ENSEMBLE, THE ARCHESTRA oder RATIONAL DIET kamen ihnen diesbezüglich schon zuvor.

THE WORM OUROBROS scheinen in keiner Weise vorzuhaben, Neues in die Musiklandschaft hinauszuprusten und sogar ihr Band-Name ist keine Eigenerfindung, sondern der Titel eines Romans. Alles an dieser Band ist retro. Alles war schon einmal da. Alles wurde schon einmal von Musikfreunden des Kunstrocks geliebt oder von Musikfreunden eingängiger, unkomplizierter Hit-Musik gehasst. Über alles an dieser retro-progressiven Musik kann man sich gerne streiten, nur nicht darüber, dass „Of Things That Never Were“ eine ausgezeichnetes musikalisches Geschichtsbuch des progressiven Rocks der 70er Jahre ist, in dem man gerne blättert und in Erinnerungen schwelgt. Und damit zugleich neben der Musik auch noch eine geschickte Kombination zur Literatur hergestellt wird, ist nicht nur der Bandname einem Fantasy-Roman-Titel entlehnt, sondern jeder einzelne Song wurde mit einem Zitat aus utopischen Romanen von H.P. Lovecraft bis Ray Bradbury, aber auch mit einem Zitat von Albert Einstein, versehen. Dazu gibt es noch wundervolle Naturfotos im Booklet, die größtenteils in Schwarz-Weiß gehalten sind. Die Musik dagegen ist um so farbiger – aber strahlt durchweg diese geheimnisvolle Melancholie aus, die uns die beeindruckenden Fotos von einsamen Boten, leeren Stränden oder herbstlichen Landschaften vermitteln. Jede Menge akustische Gitarren und Flöten, aber auch E-Gitarren, fette Bässe und breitgefächerte Keyboardflächen umrahmen diese fotogenen Zitate und erwecken sie zu einem klangvollen Leben, dem man sich besonders unter Kopfhörern kaum entziehen kann, da auch produktionstechnisch Großartiges auf „Of Things That Never Were“ vollbracht wurde. Der einzige Streitpunkt liegt im insgesamt doch verzichtbaren, aber trotzdem nicht schlechten Gesang. Da er aber nicht übertrieben zur Geltung kommt, entschädigen die vielen, mal bewegend-bedrückenden, mal klassisch-komplexen oder auch treibend-rockigen Instrumentalpassagen wie selbstverständlich für diese kleine Musik-Achillesferse.

Am spannendsten aber ist der mit knapp 10 Minuten längste Song „Return To The Cold Sea Of Nothing“, welcher beim Hören den Eindruck erweckt, als würden die weißrussischen Proggies den gewagten Versuch unternehmen, Elemente des Gothic, besonders im gesanglichen Bereich, mit KING CRIMSON und jazz-rockigen BRAND X-Anleihen sowie purem Funk zu verbinden, um dem klug gewählten Songtitel eine echte Bedeutung zu verleihen. Wir versinken in diesem „kalten See aus Nichts“, den wir uns selbst geschaffen haben, der aber in seinen Tiefen so viele Geheimnisse bereit hält, dass wir keine Todesängste ausstehen, sondern wieder Hoffnung schöpfen, mit dieser kraftvollen Portion Musik wie auf einer Luftblasse der Wasseroberfläche, hinter der es glitzert und flimmert, entgegenzutreiben. Beängstigendes und Beeindruckendes vereinigen sich hier und verleihen dem Album so ein großes Finale. Passend zu diesem Mini-Epos gibt’s im Booklet noch ein Zitat von Albert Einstein zu lesen, das über dem Foto eines sich im Winde bewegenden Kornfelds platziert wurde: „Jedem Schritt folgt als unvermeidbare Konsequenz der nächste Schritt. Am Ende aber wartet als Ergebnis dieses Weges die unvermeidliche, allgemeine Vernichtung.“ Wie wir sehen, war uns Einstein in diesem Falle nicht nur mit seiner Relativitätstheorie um Längen voraus!

Der letzte Song des Albums heißt darum garantiert nicht umsonst „Hope“. Auch wenn diese Hoffnung sich verdammt nach JETHRO TULL anhört, allerdings mit Gesang, der um Längen schlechter als der eines IAN ANDERSON klingt. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt – aber garantiert nicht auf diesem Album, das eher die Hoffnung erweckt, progressiven Rock unsterblich werden zu lassen.

FAZIT: Bolschoe Spacibo! „Of Things That Never Were“ ist der weißrussische Beweis dafür, wie beeindruckenden der progressive Rock aus nunmehr über 40 Jahren auch heute noch klingen kann.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3942x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • L'Impasse Sainte Bérégonne
  • Shelieth
  • Ladybird On A Moebius Strip
  • The Pear-Shaped Man
  • Dawn Angel
  • Pirates In Pingaree
  • The Magi
  • Soleil Noir
  • The Curfew
  • Return To The Cold Sea Of Nothing
  • Hope

Besetzung:

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