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Otava Yo: Once Upon A Time (Review)

Artist:

Otava Yo

Otava Yo: Once Upon A Time
Album:

Once Upon A Time

Medium: CD
Stil:

Volksmusik-Punk + Folk-Rock + Humppa im russischen Gewand

Label: CPL-Music
Spieldauer: 41:39
Erschienen: 28.08.2015
Website: [Link]

Kaum steigen die eigenartigen Jungs mit ihren weißen Feinripp-Unterhemden auf dem Körper und der „Bärenfotze“ auf dem Kopf sowie das weißbeblümte Mädchen wie Phoenix aus der Dessous-Abteilungs-Asche mitten in die Herzen aller Musikfreunde mit abgefahrenen Hörgewohnheiten, schon legt das rührige CPL-Music-Label das nächste Album dieses musikalischen Russen-Wahnsinns aus St. Petersburg nach. Sehr folgerichtig, denn wer mit „What Are Those For Songs!“ begeistert russisches Blut geleckt hatte, der darf jetzt glücklicherweise auch das Debüt von OTAVA YO in den Händen halten. Ein wahrhaft märchenhaftes Debüt aus dem Jahr 2009, an dem viele Russen sicher schon jahrelang ihre Freude hatten, während Putin sich sogar medienoffensiv auch mal oben ohne die russischen Eier krault, die wir am liebsten fressen würden. Also husch, husch - so werden Märchen wahr: zumindest das von OTAVA YO und ihrem ersten Album „Once Upon A Time“!

Verfolgen wir heutzutage die „merkelwürdige“ Berichterstattung unserer Medien, dann wirft sich bei uns guten Deutschen mit brandstiftendem Hang zu zündelnden Ausländerfragen, die wir auch gerne mal offen auf der Straße als Böllermann und Söhne austragen, doch die Frage auf, ob es in Russland überhaupt irgendwen geben kann, der noch lustig sein Dasein präsentiert oder gar Sinn für Humor hat unterm ollen PuStALin? Und ihr werdet lachen: „Es gibt wohl jede Menge Russen dieser Art! Nur wird über die vielleicht in einer Musik-Kritik mehr berichtet als in unseren politischen Meinungs(macher)-Medien!“
Also setzen wir das lustige Musik-Märchen von der russischen Band OTAVA YO fort:

Es waren einmal ein paar Musiker aus St. Petersburg, die wollten genau das machen, was Musiker in aller Welt - also auch im fernen Russland - am liebsten machen: MUSIK! Und weil sie nicht auf ihren russischen Kopf gefallen und, trotz feinrippiger Unterhemden und Bärenfotzen-Krone, richtige Menschen des Sowjet-Bärenfotzen-Musik-Adels waren, die zum Glück nicht wegen Asylfragen, sondern tatsächlich dem Geben von Konzerten, irgendwann auch mal Deutschland und zuvor fast die ganze Welt erobern wollten, hatten sie sich hervorragend gebildet und geschult, dass sie nicht nur eine Vielzahl von Instrumenten beherrschten, sondern auch noch singen konnten und das sogar in ihrer Mütterchen Russland-Sprache, wobei sie trotz dieses aus unserer deutschen Sicht, die höchstens die englische Sprache hofiert, unfassbaren Makels, noch nicht mal ihren Humor verloren, der ihnen so viel Spaß brachte, dass er sich sogar irgendwann ab dem Jahr 2009 bis nach Mexiko, Portugal, Frankreich, Indien, Polen, Finnland, Norwegen und sogar Amerika rumsprach und OTAVA YO tatsächlich zu musikalischen Weltreisenden werden ließ. Da es bei uns Deutschen immer etwas länger dauert, weil wir ja in jeder, auch musikalisch-kultureller, Beziehung erst mal wie eine läufiger Hund am Hintern der amerikanischen Obama-Spaniel-Hündin rumschnüffeln, entdeckten wir doch tatsächlich mit der Hilfe weit aufgeschlossenerer Musikzeitgeister, die sogar in der deutschen Musik-Szene, trotz blasendem Schlagermülls und schlagersingenden Bläserinnen, noch immer nicht ihren Sinn für Humor und ihr gutes Gehör verloren haben, Jahre - genau sechs an der Zahl - später OTAVA YO für uns. Und dann ging alles ganz schnell! Das ist doch ein wahres, märchenhaftes Happy End - und dazwischen liegt auch die folgende Geschichte zum Debüt-Album dieses russischen Sextetts. Denn die Musiker hinter OTAVA YO begannen als Straßenmusikanten, die anfangs ihre Freude an ausschließlich instrumentaler keltischer Musik zwischen Autos und Einkaufspassagen zum Besten gaben, dann aber auch erkannten, wie gut sie doch bei Stimme waren, weswegen sie sich auf russisch gesungene Folklore orientierten, diese dann neuer und moderner interpretierten und sogar mit eigenen Texten arbeiteten, ohne jemals in ihrer Musik den Bezug zum Traditionellen ihres Landes zu verlieren, obwohl sie immer moderner klang. Kurze Zeit später gruben sie dann sogar längst vergessene Russen-F(V)olk(s)-Weisen aus und verpoppten, verpunkten, verrockten, verspaßten sie. Was passte da besser, sich auch gleich einen Band-Namen zu verleihen, der übersetzt auf die zweite Heumahd des Viehs anspielt, die immer ertragreicher als die erste ist.

So gesehen präsentieren OTAVA YO in ihrer Musik also die zweite russische Volksmusik-Mahd, die von der Oma-und-Opa-Musik der Marke „Babicka“ des göttlichen Karl, auch wenn der aus der tschechischen Hauptstadt Prag und nicht aus der russischen Kaiser-Stadt kommt, zum musikalischen Hochgenuss der erd- und wodkaverbundenen OTAVA YO wird. Glücklicherweise liegt dem mal wieder schön einfallsreich gestalteten Digi-Pack auch ein Booklet bei, in dem die russischen Texte ihre englische Übersetzung erhielten, sodass wir gleich wissen, worum es bei den Gesängen geht, wobei ich denke, dass das sehr häufig auftauchende Wort „Wodka“ wohl von allen ohne jegliche Übersetzungshilfe verstanden wird, während der hintergründige Humor und die makaberen Geschichten, die in den Liedern erzählt werden, welche wirklich Märchen ähneln, es tatsächlich wert sind, rundum verstanden zu werden.

Musikalisch basiert der „Intro“-Einstieg von „Once Upon A Time“ auf einer russischen Volksweise, die Ähnlichkeit mit unserem „Ach, du lieber Augustin“ hat und urplötzlich auf das hart rockende „Peter Gunn“-Thema aus der gleichnamigen US-amerikanischen Krimiserie, dessen Urheber DUANE EDDY war, aber besondere Aufmerksamkeit durch die faszinierenden Versionen von ART OF NOISE und EMERSON LAKE & PALMER erlangte, trifft. Danach erfährt der uralte Tanz „Quadrille“, dessen Rhythmus nur die knienden Kosaken so unvergleichlich beherrschen, seine Wiedergeburt, bis dann „There Was An Old Lady With A Grey Goat“ erneut unseren „Augustin“ aufgreift und mit Ziegengemecker, Drehorgeln und den eigenartigsten Instrumenten, die dem europäische geschulten Musikhörer garantiert nicht bekannt sein werden, verfeinert. Wem jetzt das Album nicht bereits in die Beine gegangen ist - der Kopf hat ja noch ein wenig Zeit - der sollte unbedingt den nächsten Arzt seines Vertrauens zu einem Reflex-Test aufsuchen und dabei gleich die Ohren noch durchspülen lassen.

Die Musik von OTAVA YO ist ansteckend, weil sie nicht wie unsere alberne Karneval-Mucke klingt, sondern wie der Versuch von absoluten musikalischen Könnern mit Sinn für Humor und Tradition, Musik, die sie selbst sowie ihre Eltern und Großeltern wohl schon seit ihrer Kindheit begleitete, in die Gegenwart des Computer-Zeitalters zu transportieren, ohne dabei altbacken oder zu nostalgieverliebt zu erscheinen. Wer sich aus diesem Album einen geilen Klingelton zimmert, der wird seine Umgebung bei jedem Smart- oder i-Phone-Geläut zu verblüffenden, anerkennenden Reaktionen verleiten. Einfach mal probieren. Der Erfolg wird garantiert. Und dieser Erfolg müsste auch OTAVA YO garantiert werden, denn dieses nunmehr zweite in unseren Gefilden erhältliche Album, welches eigentlich das erste ist, zeigt uns nur, was diese Musiker drauf haben. Zieht euch warm an, Leute, denn wenn die St. Petersburger mit ihrer Bärenfotze auf dem Kopf und der Unmenge von Instrumenten in den Händen die Luft zum Kochen bringen, dann sollten wir neunmalklugen Zeitgenossen so einiges abzulegen haben - nicht nur unsere Vorurteile.
„Za Zdorovje!“

FAZIT: Sechs professionelle Musiker mit Hang zum Folk, aber auch Rock und Pop, ohne je dabei die gute alte russische Tradition aus den Augen zu verlieren. Sie spielen so, als wäre der Teufel (Womit ich - so lieb‘s unserer unmusikalischen Polit-Angie auch wäre - ausdrücklich nicht Putin, den selbstverliebten Diktator, meine!) hinter ihnen her, aber mit diesem Können, diesem Abwechslungsreichtum und der unbegrenzten Zahl musikalischer Ideen sind sie dem hinkenden Pferdefuß immer mindestens einen Schritt voraus! „Once Upon A Time“ öffnet uns die Tür zu einem Land, das wir eigentlich nicht gerne haben sollen, aber bereits nach dem ersten Hördurchgang gerne haben werden. Die einzigen, die uns mal gerne haben können, sind dann am Ende doch unsere politischen und wirtschaftlichen und mächtigen, aber nie leidenschaftlichen Sprücheklopfer.
OTAVA YO sind die zum Liebhaben „verdammten“ Russen!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4535x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Intro
  • Quadrille
  • There Was An Old Lady With A Grey Goat
  • The Tale Of Ivan Groove
  • Lyezginka
  • Gavottes
  • The Story Of Dima And Pyeta
  • In The Blacksmiths‘ Forge
  • Finnish Polka
  • Ivan The Crayfish
  • Riorita
  • The Twistling And Turning Blue Scarf

Besetzung:

  • Bass - Alexey Skosyrev
  • Gesang - Alexey Belkin, Alexey Skosyrev, Dmitry Shikhardin
  • Gitarre - Alexey Skosyrev
  • Schlagzeug - Petr Sergeev
  • Sonstige - Svetlana Kondesyuk (Flöten), Natalia Vysokikh (Geigen), Weitere von den Musikern gespielte Instrumente: Altrussische Tischharfe bzw. Zither (Gusli), Altrussisches Holzblasinstrument (Hornpipe bzw. Zhaleika), Bechertrommeln (Darbuka) Flöten, Galizischer Dudelsack, Löffel, Membranophone, Ratchet, Holzblöcke, Geige & Fiddle, Mandolinen, Sense, Hi-Hat, Trompeten, Saxofone, Posaunen, Tuba und Kontrabass

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Schwabbi
gepostet am: 23.02.2019

User-Wertung:
14 Punkte

Meine Sympathien galten schon immer dem russischen Wesen. Total unterpräsentiert bei uns und somit als Geheimtipp gehandelt. Drei der bisher erschienenen CDs hab ich. Die Weihnachts-CD ist nicht jedermanns Sache. Den Titel mit der alten Lady performen wir unter anderem zum Frauentag im Dorf!!! Die Truppe ist klasse!
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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