Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Klaus Schulze und Pete Namlook: The Dark Side Of The Moog, Vol. 1 - 4 (Limited Box-Edition) (Review)

Artist:

Klaus Schulze und Pete Namlook

Klaus Schulze und Pete Namlook: The Dark Side Of The Moog, Vol. 1 - 4 (Limited Box-Edition)
Album:

The Dark Side Of The Moog, Vol. 1 - 4 (Limited Box-Edition)

Medium: CD
Stil:

Electronic, Avantgarde, Ambient, Techno

Label: M.I.G.-Music GmbH / Indigo
Spieldauer: 309:56
Erschienen: 29.01.2016
Website: [Link]

Oh, was für ein Titel!
Und was für eine (irreführende und traurige) Geschichte dahinter!

Als die umfangreiche, aus insgesamt wohl am Ende 10 Teilen bestehende „Dark Side Of The Moog“-Serie zwischen KLAUS SCHULZE UND PETE NAMLOOK 1994 begann, werden viele nicht nur beim Namen der Alben und der Titel verblüfft dreingeschaut haben:
„Spielt der Schulze jetzt PINK FLOYD nach?“
Nein! Spielt er nicht!
Und eine Antwort auf diese seltsamen, jeden Floydianer garantiert verunsichernden Namen seiner CDs hat er auch parat:
„Ich habe ja grundsätzlich ein Problem damit, mir Titel auszudenken. So kamen wir auf die Idee, PF-Titel etwas abzuändern und zu persiflieren. Es ist aber keine Hommage an PINK FLOYD und direkte Referenzen sind nicht vorhanden. Sollten auch nicht sein. Der Projektname kam mir deshalb in den Sinn, weil der Moog das verbindende Instrument unserer Zusammenarbeit war. ROBERT MOOG selbst hat die Serie als großes Kompliment aufgefasst.“

Allerdings erscheint es noch wahrscheinlicher, dass dieses Name-Dropping auf PETE NAMLOOKs Mist gewachsen ist, dessen Künstlername ja aus einer ähnlichen Namensverfremdung - und zwar die seines eigenen Familiennamens - besteht. Eigentlich heißt der 1960 geborene Namlook Peter Kuhlmann. Und da dieser Name wohl in der Künstler-Szene nicht wirklich cool rüberkommt, übersetzte er ihn einfach ins Englische und schrieb ihn rückwärts, wodurch aus Kuhlmann erst Koolman und rückwärts geschrieben daraufhin Namlook wurde. Warum er dann etwas Ähnliches nicht mit den Titeln der Schulze-Alben, sondern mit PINK FLOYD-Titeln, womit die Musik auf „The Dark Side Of The Moog“ selbst ansatzweise nichts zu tun hat, vornahm, bleibt wohl sein und Schulzes Geheimnis, welches Namlook am 8. November 2012 mit ins Grab nahm, als der 51jährige tragischerweise an den Folgen eines Herzinfarkts verstarb.

So werden wahrscheinlich einige, die sich alle zehn Teile dieser Serie in der Hoffnung auf Pink-Floyd-Affines angeschafft haben, säuerlich die Stirn über diese Musik runzeln. Andere wiederum, die besonders den Schulze der frühen Tage liebten, als der noch leidenschaftlich das Letzte aus seinem Moog herausholte, weil die technischen Bedingungen Moderneres noch gar nicht zuließen, werden begeistert sein und sich bei Namlook bedanken, der dafür, laut Schulze, die Inspirationsquelle war:
„Namlook hatte meine Stärken der analogen Arbeiten erkannt. Er argumentierte, dass mit Presets heute zu viele arbeiten und mein Stil nach wie vor einzigartig war.“

So gibt es auf den ersten vier Teilen von „The Dark Side Of The Moog“, welche in der 2016er Ausgabe mit einer Bonus-CD alle im Jewel-Case in einer dicken Box aus Hart-Pappe stecken, den „alten Schulze“ in moderner Namlook-Bearbeitung zu hören, wobei Namlooks Anteil durchaus höher einzuschätzen ist, was auch Schulze bestätigt: „Die ganze Serie war ein sehr unprätentiöses Projekt. Da ich bei meinen Alben immer die volle künstlerische Kontrolle habe, gab ich sie in diesem Fall bewusst und gern aus der Hand und konnte Kompromisse eingehen.[...] Namlook ist viel rationaler, darum habe ich ihn auch scherzhaft ‚den Banker‘ genannt - aber gerade dieser gegensätzliche Aspekt hat es interessant gemacht. Ich brauche Leute, die konträr arbeiten. Die Arbeit zu ‚The Dark Side Of The Moog‘ begann zunächst ohne feste Absicht und war auch nicht als Serie geplant. Und damit es eben nicht nur nach Schulze klingt, wollte ich, dass Namlook es mischt.“

So interessant diese Ausführungen auch klingen, so einige Schulze-Trademarks, denen statt der Leichtigkeit des Seins eher die dräuende Schwerheit der Langeweile innewohnt, finden wir auch auf diesen dunkelseitigen Electronics. Wobei natürlich die Rückbesinnung auf die ganz „alten Schulze-Moog-Zeiten“ wahrhaft reizvoll sind.

Und so beginnt dann der erste Teil „Wish You Were There“ auch ähnlich wie sich die anderen Folgen fortsetzen: anfangs schleppt sich die Musik mit schwebenden Sphären-Klängen, tief und etwas dumpf dahin, bis die Synthies übernehmen und „beschleunigende“ Wirkung haben, was sogar zum letzten Album-Drittel hin sich zu einer deutlichen Kombination aus Ambient und Techno entwickeln kann. Auch gängige Rhythmen werden nicht ausgespart, sodass auf „The Dark Side Of The Moog Vol. 1“ kurzzeitig gar das „Oxygene“-Feeling von JEAN MICHEL JARRE aufkommt, nachdem wir zuvor im Schulze-Kosmos „Irrlicht“erten.

Beim 2. Teil „A Saucerful Of Ambience“ fragt man sich während des Hörens nach gut 10 Minuten dann doch ernsthaft, was das soll, denn bis dahin besteht die „elektronische Musik“ nur aus künstlichem Grillengezirpe und hintergründigem Kirchenglocken-Geläut. Selbst im Yoga-Bereich würde das wohl kaum zu einer Trance, sondern eher zu genervten Angstzuständen führen - spätestens wenn auch noch Eule und Uhu einsetzen. Ab „Part V“ übernimmt dann der Synthie die Herrschaft in der Natur-Geräusch-Kulisse. Auch er zwitschert und zirpt in gewisser Weise und bewegt sich zum Ende des Albums hin wiederum ein wenige in JEAN MICHEL JARRE- und Techno-Gefilden.

Der 3. Teil „Phantom Heart Brother“ setzt die Eindrücke des zweiten Teils fort. Minutenlange, schwebende Klangflächen mit ermüdenden Strukturen eröffnen das Album, bis es nach und nach etwas an Fahrt aufnimmt, ein paar Rhythmen auftauchen, dann etwas Technoides und am Ende die Klänge voluminös ausgewalzt werden. Ein (Bis auf die seltsamen Techno-Spielereien!) fast typisches Schulze-Werk der langweiligeren Art. Elektronischer Schulze-Minimalismus eben.

Mit klassisch anmutenden Streicher-Passagen beginnt der vierte und somit letzte offizielle Teil der Box. Dynamik pur gegenüber Teil 2 und 3. Doch schon nach zwei Minuten pendelt sich auch dieser Teil im ambienten Ruhephasen-Modus ein. Synthetisch bedrohliche Synthie-Basstöne auf denen kleine, hoch tönende Klangschnipsel herumwuseln, bis dann wieder Tempo in die ganze Sache kommt. Die Anfangsphase von „Timewind“ lässt deutlich grüßen. Aber es gibt auch eine Besonderheit auf „Three Pipers At The Gates Of Dawn“. Wortwörtlich mischt sich neben Schulze und Namlook nun ein dritter „Pfeifer“ ins mehr oder weniger spannende musikalische Geschehen dieses Albums ein: BILL LASWELL. Und der verpasst der Musik gleich ein paar weltmusikalische Tupfer sowie mehr Psychedelisches und natürlich eine Gitarre, die leider erst zum Ende dieses Teils hin ihre Spielräume - sogar mit einer ausgiebigen akustischen Passage (Der Höhepunkt des Albums!) - bekommt.

Und damit wären wir auch schon bei der Bonus-CD, die so gesehen das flotteste Stück Musik der gesamten Box ist, denn auf ihr haben wir es nach dem 12 Sekunden langen Intro, gesprochen von ROBERT MOOG, mit einer Zusammenstellung verschiedener Parts der in der Box enthaltenen CDs zu tun. Grundsätzlich wurde dabei verstärkt auf die rhythmischeren Teile gesetzt. Man könnte fast behaupten, diese knapp 80 Minuten lange Zusammenstellung ist der Höhepunkt dieser Serie. Auch ist diese CD speziell dem verstorbenen Peter Kuhlmann aka Pete Namlook (geb. 25. November 1969 / gest. 18. November 2012) gewidmet.

FAZIT: Wahrscheinlich wurde aus verkaufsstrategischen Gründen bei dieser Serie zuerst KLAUS SCHULZE genannt, obwohl die Anteile von PETE NAMLOOK offensichtlich größer zu sein scheinen, da er grundsätzlich das finale Remaster übernahm und so Schulze letztendlich vor vollendet E-Musik-Tatsachen stellte. Aus diesem Grunde werden wohl Namlook-Freunde auch so einige Parallelen mehr in den Aufnahmen finden als die Schulze-Verehrer. Glücklich jedenfalls werden wohl alle damit - nur nicht die PINK FLOYD-Anbeter, von denen vermutlich der größere Anteil sauer über die titeltechnische Verarsche ihrer liebgewonnenen Floyd-Kult-Alben sein wird.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 6726x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • CD 1 (51:21):
  • Wish You Were There Part I - X
  • CD 2 (61:04):
  • A Saucerful Of Ambience Part I - XII
  • CD 3 (59:00):
  • Phantom Heart Brother Part I - VI
  • CD 4 (60:00):
  • Three Pipers At The Gates Of Dawn Part I - IX
  • CD 5 „The Evolution Of The Dark Side Of The Moog“ - Bonus CD (78:31):
  • Intro (feat. Robert A. Moog)
  • Wish You Were There (Excerpt)
  • A Saucerful Of Ambient (Excerpt)
  • Phantom Heart Brother Part III
  • Phantom Heart Brother Part IV
  • Three Pipers At The Gates Of Dawn Part VII
  • Three Pipers At The Gates Of Dawn Part VIII
  • Psychedelic Brunch
  • Obscured By Klaus
  • Careful With The AKS, Peter Part II
  • Careful With The AKS, Peter Part VI

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wieviele Tage hat eine Woche?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!