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Like Lovers: Everything All The Time Forever (Review)

Artist:

Like Lovers

Like Lovers: Everything All The Time Forever
Album:

Everything All The Time Forever

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Elektro-Pop und Indie-Rock mit beeindruckenden Texten

Label: Listen Records
Spieldauer: 45:23
Erschienen: 06.09.2019
Website: [Link]

LIKE LOVERS – ein Name der so viel Liebe in sich birgt und zugleich auf Everything All The Time Forever jede Menge apokalyptische Melancholie mit einem traurigen Weltuntergangslächeln und der klangvollen Hinwendung zu rock-elektro-inidie-genen Klangwelten zwischen BJÖRK, MUSE und RADIOHEAD vereint.
Das muss man erst einmal hinbekommen.
Und Jan Kerscher – aka J oder besser der Kopf hinter dem Musikprojekt LIKE LOVERS –, der nahezu alle Instrumente selber einspielt und noch dazu ein beeindruckender Sänger ist, bekommt das hin. Fast unheimlich schön und zugleich irgendwie auf seine eigene Art eigentümlich bedrückend. Ein Schweben aus den Wolken des 7. Himmels in die tiefen Abgründe der menschlichen Seele, wie auf dem faszinierenden „Fall“, wenn der Song mit den Worten: „The past has just become the color of our eyes / The black and white have come to cover up our lies / It cannot be undone“, endet.

So wird dieses Album zu einem Soundtrack für die dunklen, aber auch romantisch-kerzenbeschienenen Momente unseres (vergangenen) Lebens, die all den grellbunten, trügerisch lebensfrohen, von seinen eigenen Bedürfnissen in Hektik ausartenden Alltag auf der Sinnsuche nach dem (angeblichen, so fein wirtschafts- und erlebnisorientierten) Sinn des Lebens ausblendet. Ein von Tränen getrübter Augenschlag, der sich der Weisheit des Kleinen Prinzen statt manipulativen Mächten zu nähern versucht. Keine Anbiederei, selbst wenn der letzte, auf dem Album gesungene Satz mit der füchsisch-weisen Botschaft abschließt: „Keep your love alive“!

Auf „Everything All The Time Forever” erwartete den Hörer die sphärische Kombination aus elektronisch dominiertem Indie-Pop und Alternative-Rock mit englischen Texten, die auch ein rundum guter Songwriter nicht viel besser hinbekommen würde.
Bereits wenn der zweite Song des Albums „People Shape Mirrors“, mit deutlichem Hang zu melancholischen RADIOHEAD und der Erkenntnis, wie wichtig es ist, genau das zu zeigen, was wir im Grunde nicht sehen wollen, einsetzt, dann verfällt man dem Nürnberger Musiker entweder oder wirft ihm vielleicht zu große Nähe zu seinen Vorbildern vor. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man „Everything All The Time Forever” nun mag oder es als etwas zu verkopfte Musik mit deutlichen Bezugspunkten zu Altbekanntem, aber zugleich innig Geliebtem herstellt.
Neues, die Musik Revolutionierendes wird man jedenfalls vergeblich suchen.

Aber auch wenn man bei dem recht extremen „Health“ landet, das wie ein gewagtes Experiment aus Krach und Stille besteht und den heraufbeschworenen gesundheitlichen Geisteszustand arg auf die Probe stellt, dann spürt man diese ambivalenten Stimmungen zwischen „the pain keeps growing“ oder „it's a sickness inside of me“ sowie „I'm feeling better now“ und „take good care of your health“ nur zu gut. So wirkt „Everything All The Time Forever” fast therapeutisch für all diejenigen, die nach wie vor daran glauben, dass es jenseits der abgedroschenen Radiokultur noch einen heiligen Gral des mutigen Anti-Mainstreams gibt.
Dafür spricht noch dazu, dass es von dem Album nicht nur eine ansprechend gestaltete CD-Variante gibt, sondern auch eine auf höchstem Niveau produzierte und mit transparentem Vinyl veredelte Doppel-LP-Variante existiert, die ein wahrer Ohren- und Augenschmaus ist.

Und dann gibt es noch den wohl ungewöhnlichsten, zugleich sehr euphorisch-optimistischen Song auf der Doppel-LP, den man bei all der Melancholie kaum erwartet: „I Float On Your Love“. Zu dieser „melancholischen Ruhepause“ stellt Jan Kerscher explizit fest: „Teilweise ärgert mich dieses Lied, weil ich mich so nie sehen wollte. Also als einen Musiker, der positive Lieder schreibt. Ich war eher immer auf der melancholischen Seite. Das Gefühl in diesem Song ist aber einfach echt und in mir immer noch präsent, deswegen musste er unbedingt aufs Album. Der Song ist auch schon sehr, sehr alt, bestimmt 8-9 Jahre. Eine schöne Erinnerung an dieses besondere Gefühl wird aber immer bleiben.“

Wie gut, dass wir auf „Everything All The Time Forever” auch diese, anscheinend längst vergangene, Seite von LIKE LOVERS kennenlernen dürfen und nicht nur das Melancholische zum Alleinstellungsmerkmal des Albums wird, das schon durch sein transparentes Vinyl so durchsichtig zu sein erscheint. Kein Wunder, dass dem Song im Liebesfluss dann mit „Gone“ der zugleich traurigste Titel folgt, in dem die Erkenntnis, dass ehemals innige Gefühle sich nach und nach verflüchtigt haben, fast melodramatisch auf den todtraurigen Höhepunkt getrieben werden: „All gone / Now I know I was wrong / All wrong“.

Ein Album für die innere Ruhe, die so trügerisch sein kann, wie die menschliche Seele tief ist. LIKE LOVERS versucht sie dabei melancholisch und in seltenen Momenten auch lautstark zum Klingen zu bringen.

FAZIT: Hinter LIKE LOVERS verbirgt sich das Ein-Mann-Projekt der Nürnberger Multiinstrumentaltisten JAN KERSCHER, der noch dazu ein guter Sänger und Texter ist und seinen Blick eher auf die Schattenseiten des Alltags wirft. Eine melancholische, elektronisch-rockige Mischung die in ihrer Schnittmenge aus RADIOHEAD und MUSE druchaus zu überzeugen weiß.

PS: Als ganz besonderes Schmankerl verlosen wir von dem Album eine handsignierte CD mit dem schönen Zusatz „Viel Spaß beim Hören wünscht J.“! Obwohl wirklicher Spaß im Sinne von lustig bei dieser größtenteils melancholischen Musik nicht entsteht. Es ist viel mehr beeindruckende Freude, die sich beim Hören von „Everything All The Time Forever” entfaltet.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3198x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A:
  • Everything All The Time Forever
  • People Shape Mirrors
  • Levitation
  • Seite B:
  • Infinite
  • Am I Still Here?
  • I Float On Your Love
  • Seite C:
  • Gone Something Else
  • Health
  • Seite D:
  • Fall
  • Alive

Besetzung:

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