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Bruce Springsteen: Letter to You (Review)

Artist:

Bruce Springsteen

Bruce Springsteen: Letter to You
Album:

Letter to You

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Americana / Rock

Label: Sony
Spieldauer: 59:23
Erschienen: 23.10.2020
Website: [Link]

71 Jahre und kein bisschen leise: BRUCE SPRINGSTEEN mag im Laufe der Zeit aktiv auf die Schreibung seines eigenen Mythos eingewirkt haben, ist ihm niemals aufgesessen oder gar zu einer Karikatur seiner selbst geworden, auch wenn Klischees, die Kritiker wie Anhänger mit ihm verbinden, auch 2020 gelten.

"Letter to You" lebt wie im Grunde alles vom "Boss" von großen Gefühlen und Gesten. Der Altmeister redet Amerika mit Silberblick ins Gewissen und schweigt genau dort, wo diese Tugend Gold wert ist … Da mag er noch so stark betonen, die Musik sei nur um ihrer selbst willen entstanden. Wie schon bei "Western Stars" wird die Veröffentlichung von einer Making-of-Dokumentation begleitet, die für Fans unerlässlich und darüber hinaus enorm aufschlussreich ist, was Springsteens Motivationen und die rein faktischen Umstände der Entstehung dieser ausgesprochen starken Platte angeht.

Springsteen zeigt sich auf seinem 20. Studiowerk allein schon insofern bemerkenswert, als er zum ersten Mal seit „Born in the USA“ live mit der gesamten E Street Band bei sich zuhause produzierte. 'One Minute You’re Here' kommt dann folgerichtig mit 'I'm On Fire'-Flair daher, bloß dass die fiebrige Dringlichkeit des besagten Klassiker-Albums glaubwürdiger Altersweisheit (mal außen vor gelassen, dass der Mann optisch durchaus noch als Mitte 40 durchgeht) gewichen ist.

Das fast heitere 'The Power Of Prayer' und das musikalisch vergleichsweise simpel gestrickte 'Ghosts' kann man gleich als relative Lowlights der Scheibe abtun. Unabhängig davon ist das 'House Of A Thousand Guitars' keine breitbeinig krachende Hymne, sondern setzt die vielen Instrumente eher mit Erinnerungen gleich, ob in Form körperlicher und seelischer Narben oder im Gegenteil freudiger Lebenshöhepunkte.

Das schleppend raue, jedoch mit Streichern verbrämte 'Rainmaker' stellt im Gegenzug die unverhoffte Über-Nummer kurz vor Schluss dar, und was dazwischen abläuft, fesselt durchgehend, so vertraut es sich auch anfühlt. Ausgerechnet der unbeugsame 'Last Man Standing' entpuppt sich mit dem Rücken an der Wand stehend, wie es im Text heißt, eben nicht als stereotype Kampfansage, sondern ist ein Bekenntnis zur Verletzlichkeit, und weder in 'Janey Needs A Shooter' - einer Feuerzeugballade, wie es sie heutzutage eigentlich nicht mehr gibt (zumal ja längst Smartphones das Flämmchen ersetzt haben, "for better or worse") - noch der Mundharmonika-Schote 'Song For Orphans' schunkelt ein Haufen tattriger Altrocker.

Stattdessen muten diese und andere ruhige Momente eher wie gespenstische akustische Roadmovies an, wohingegen das treibende 'Burnin’ Train' ungeachtet der Tatsache, dass die Lyrics eine gewisse Endgültigkeit ausstrahlen nichts weniger schafft, als aufzurütteln, zu erheben, ja schlicht zum Überwinden des für Möglich gehaltenen anspornen.

Das ist Springsteen in Reinkultur und trotzdem nicht verkrampft jugendlich, gefühlte Alterslosigkeit hin oder her. Im letzter Konsequenz muss man "Letter to You" nicht zerdenken: Es geht vorwiegend ums Austreiben eigener Dämonen, die sich Bruce bestimmt nicht - um zur anfänglichen These zurückzukehren - als Opfer eines für real gehaltenen Image einbildet; ansonsten wäre er schon vor mindestens 20 Jahren unglaubwürdig geworden.

FAZIT: BRUCE SPRINGSTEEN in bewährter Form … aber auf "Letter to You" spielt der Mann mitnichten nur seinen Schuh herunter, sondern begeht den nächsten logischen Schritt seiner Karriere einfach mit einigen Jahren mehr als zuletzt auf dem Buckel. Aussagekraft, Lebenserfahrung und Talent kann man nicht kaufen, wobei das kaum jemand so wenig nötig hätte wie der - richtig - Boss.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 5509x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • One Minute You’re Here
  • Letter To You
  • Burnin’ Train
  • Janey Needs A Shooter
  • Last Man Standing
  • The Power Of Prayer
  • House Of A Thousand Guitars
  • Rainmaker
  • If I Was The Priest
  • Ghosts
  • Song For Orphans
  • I’ll See You In My Dreams

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 30.03.2021

User-Wertung:
4 Punkte

Ein weiteres Highlight in der reichhaltigen Discographie. Das Album steht in einer Reihe mit "Darkness on the Edge of Town"; "Born in the USA" oder "The Rising".
Alt aber Oho!
Thomas
gepostet am: 30.03.2021

User-Wertung:
14 Punkte

Korrektur der Punkte
Achim
gepostet am: 26.01.2022

User-Wertung:
15 Punkte

Mittlerweile besitze ich alle Studioalben des Boss'. Und es sind wahrlich viele sehr gute darunter. Nach einigem Überlegen habe ich aber entschieden: Dies hier ist - für mich - sein bestes. Kein einziger schwacher Song, aber viele überragende und mit "song for orphans" eines seiner 3 oder 4 allerbesten. Keine Ahnung, woher er dieses songwriting nimmt...
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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