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Barbara Morgenstern: In anderem Licht (Review)

Artist:

Barbara Morgenstern

Barbara Morgenstern: In anderem Licht
Album:

In anderem Licht

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter

Label: STAATSAKT
Spieldauer: 59:13
Erschienen: 26.01.2024
Website: [Link]

„Barbara Morgenstern ist eine deutsche Komponistin, Sängerin, Chorleiterin, Keyboarderin und Musikproduzentin“ heißt es – in dieser Reihenfolge – zur Zeit auf BARBARA MORGENSTERNs Wikipedia-Seite. Das ist insofern bemerkenswert, als dass die Berliner Musikerin lange Zeit ja als E-Pop-Songwriterin reüssierte. Aber in der Tat hat ihr neues Werk „In anderem Licht“ musikalisch denn auch gar nichts mehr mit dem zu tun, womit BARBARA MORGENSTERN ihre Karriere als Recording- und Performing-Artist dereinst begann.

Mehr noch als schon auf dem letzten Album „Unschuld und Verwüstung“ - das noch vor der Pandemie erschien – verzichtet die Künstlerin auf so ziemlich alles, was sie weiland als Pop-Musikerin auszeichnete (insbesondere auf jegliche elektronischen Elemente) und zehrt – in einem rein organisch/akustischen, kammermusikalischen Umfeld – vielmehr von ihrer Arbeit als Komponistin für die Theater-Gruppe RIMINI PROTOKOLL und in gewisser Weise auch von jener als Kuratorin und Leiterin des zusammen mit Philipp Neumann gegründeten Berliner CHOR DER KULTUREN DER WELT.

In den fugenartig angelegten 11 neuen Stücken zählen ganz andere Prinzipien als jene, denen sich BARBARA MORGENSTERN zuvor als Songwriterin verpflichtet fühlte. Die Inspirationsquellen für das neue Material finden sich in anderen Bereichen – wie etwa der Klassik, der Minimal-Musik, dem Kunstlied und der Moritat. Zusätzlich zu der musikalischen Ausrichtung änderte sie für dieses Album auch ihre Arbeitsweise, indem sie anstatt am Computer zu komponieren (wie sie es früher getan hatte), die Songs am Klavier schrieb und dann in Zusammenarbeit mit den beteiligten Musikern ausarbeitete und gemeinsam einspielte. Dabei ging es der Auteurin um eine Verdichtung auf das Wesentliche. Ein Prinzip, das sie in der Zukunft deutlicher zu implementieren gedenkt – etwa vielleicht mit einer Solo- bzw. Instrumental-Scheibe.

Inhaltlich ging es BARBARA MORGENSTERN schon zu ihren Zeiten als Songwriterin nicht darum, ihre Texte zum Erzählen von Geschichten zu verwenden, sondern darum, in der poetischen Überhöhung Stimmungen, Gedanken und Bilder zu erzeugen. Das tut sie auch auf diesem Album, wobei allerdings dem Wort in etwa die gleiche Bedeutung zukommt wie dem Klang, was dazu führt, dass instrumentale Passagen und solche mit Gesang über die Atmosphäre – und eben den Klang – ineinander überführt werden.

Als Sujet hat sich BARBARA MORGENSTERN dennoch ein Leitmotiv ausgesucht, das sich als roter Faden durch das neue Material zieht: Die allgegenwärtigen, aktuellen Krisen-Szenarien, welche sie hier zum Background ihrer Überlegungen über Zukunftsängste im Angesicht der allgemeinen Unsicherheiten heranzieht: Was früher einmal als sicher gesetzt erschien, erweist sich heutzutage als unsicher und unkontrollierbar – und eben in einem anderen Licht als früher.

Ein schönes Beispiel hierfür ist „Creatures (One Health)“ - eines der mit einem englischen Titel versehenen Stücke. Hier referenziert sie die „One Health“-Doktrin, die aussagt, dass der Mensch nicht außerhalb des Tierreiches bestehe, sondern sich als Teil desselben begreifen solle. Das englische Wort „Creatures“ beziehe sich dabei auf den animalischen Aspekt der Sprache – und das Animalische im Menschen; was einen philosophischen Seitenhieb darauf darstellt, dass die Pandemie aus dem Tierreich über die Menschheit hereingebrochen ist.

Indem sich BARBARA MORGENSTERN musikalisch von so unterschiedlichen Komponisten wie Philip Glass, Steve Reich, Arnold Schönberg, Dmitri Schostakowitsch, Igor Strawinsky, Petris Vasks oder Franz Schubert triggern ließ, ist die Musik, die dabei entstand, vielleicht noch ein wenig ernsthafter ausgefallen als sonst üblich. Freilich: Indem BARBARA MORGENSTERN die Musik als „Form des sich gemeinsamen Näherkommens“ und eine „Sprache, die uns verbindet und die wir verstehen“ betrachtet, spielen das Format bzw. der Stil und das Genre eine eher untergeordnete Rolle im Verständnis der Künstlerin.

FAZIT: Was die Texte BARBARA MORGENSTERNs betrifft, so muss der Hörer auch auf dem neuen Album „In anderem Licht“ um die Ecke denken können – oder aber sich gleich ganz auf den assoziativen Wordflow einlassen, um ihr folgen zu können. Dafür ist die Musik dieses Mal umso geradliniger. Mit einem klassisch ausgebildeten Ensemble erschuf BARBARA MORGENSTERN eine in sich schlüssige, organische Klangwelt, in der die Schwermut der inhaltlichen Themenauswahl durch transparente, spielerisch leichtfüßige Arrangements aufgewogen wird. Insbesondere der Einsatz kammermusikalischer Streicher, von Bläsersätzen und die wenigen akzentuierten Band-Momente in Tracks wie „Zwischen den Stühlen“, „Neverless, the music“ oder „Creatures (One Health)“ sorgen für zuweilen geradezu euphorische Momente und eine kämpferische Note im allgemein eher gedämpften Ambiente. Trotz allem ist dabei natürlich keine Pop-Scheibe herausgekommen, sondern eine, die zum Zuhören und Nachdenken anregt.

Ullrich Maurer (Info) (Review 860x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Die Wand
  • In anderem Licht
  • Zwischen den Stühlen
  • Sachwarmintelligenz
  • Nevertheless, the music
  • Dein Name
  • Die Liebe zur Sache
  • Creatures (One Health)
  • Der Witz
  • Knallgelber Mond
  • Zeittunnel

Besetzung:

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