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Poor Genetic Material: Pastoral (Review)

Artist:

Poor Genetic Material

Poor Genetic Material: Pastoral
Album:

Pastoral

Medium: Download/CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Eigenproduktion
Spieldauer: 45:38
Erschienen: 10.10.2025
Website: [Link]

„Tatsächlich ist 'Pastoral' das wohl emotional intensivste Album, das wir je gemacht haben.“ (Philipp Jaehne)

Es ist ein sehr finster erscheinendes und nachdenkliches, aber zugleich hoffnungsvolles und sehr natürlich klingendes Album geworden. Oder besser ein 'Pastorales' (Gut! Gut! Der Begriff 'sakral' wäre wohl angebrachter!), so wie es der Titel verheißt, der uns am Ende in eine völlig andere, unerwartete Richtung führt.

Zudem blickt einen vom Album-Cover ein einsames (von seiner Herde abseits stehendes), völlig ungeschorenes Schaf von einer grünen, felsigen Wiese aus entgegen, während im Hintergrund Gewitterwolken aufziehen. Das hat was. Denn wer denkt da nicht sofort an des Schafes Nutztier-Leidgenossen, die Kuh, welche einen in genau der gleichen Schafspose unvergessen wie unnachahmlich von PINK FLOYDs „Atom Heart Mother“-Album anschaut. Unvergessen dieses Cover. Die Musik darauf war 1970 eher eine Suche nach dem noch offenen Weg einer Band, die dann später nach einer radikalen musikalischen Umstellung zu Weltruhm gelangen sollte, weil sie die Sonnenseite einer Kuh-Wiese verließen und sich auf die dunkle Seite des Mondes begaben.

Ob die Parallele bei POOR GENETIC MATERIAL (kurz PGM) Absicht ist?
Wer weiß!?


Auf jeden Fall trägt „Pastoral“, das bewegende neue Album von POOR GENETIC MATERIAL, so einige klassisch anmutende Momente in sich, wenn einen beispielsweise im finalen Titelsongs wunderschöne Flötenklänge verzaubern, so als wäre der Hamelner Rattenfänger auf der Suche nach seinen nächsten Opfern.

Nicht umsonst wird’s mit dem Album-Opener „Toxic“ erst einmal richtig giftig, wenn ein Machthaber entlarvt wird, indem man im Grunde den Darwinschen Grundsatz, dass sich der Stärkere immer durchsetzt, infrage stellt.


Ab diesem Moment sind verträumte wie kämpferische Proggies die ideale Wahl, um sich „Pastoral“ voll und ganz hinzugeben. Dem gesamten Album, genauso wie dem abschließenden Titeltrack, wobei immer auch die Texte eine besondere Bedeutung haben. Nicht nur hinhören, sondern auch mitdenken – etwas, das mitunter schwerfällt.
So ist gerade das titelgebende „Pastoral“ ein herrlich episches Stück, bei dem von der Komposition über den Text bis hin zum mitreißenden Gesang alles stimmt. Nicht umsonst bildet dieser Zehnminüter das große Finale der dreiviertelstündigen PGM-Prog-Reise mit Schafen auf dem Cover und den umstrittenen Gottes-Hirten in Musik und Text.

Pastoral“ ist ein rundum fantastischer Song, auch thematisch. Denn er stellt den Gauben genauso wie den Herdentrieb infrage, der einem von Pastoren mit dem Versprechen auf das Paradies aus einem „alten und verstaubten Buch zusammengeschustert“ wurde, damit man sich nicht an seinen eigenen erlebten Geschichten und den guten Erinnerungen orientiert, sondern den Weissagungen irgendwelcher Pastoren, die einem den Himmel versprechen, wenn man auf der Erde (wie Jesus) das Leid hinnimmt. Und die letzten zwei Zeilen bringen genau das auf den Punkt – und erklären zugleich, warum uns dieses Schaf so schüchtern vom Album-Cover anblickt – hier mal frei übersetzt:


Was auch immer sich ändern mag,
wir werden nie vergessen, was wir hatten.
Wenn wir alt werden,
unsere Geschichten erzählen,
wenn wir alt werden,
unseren Halt verlieren,
erkennen wir mit einem Lächeln,
dass es das alles wert war.
Wir brauchen keine Pastoren
oder schüchtern dreinblickende Schafe.
Wichtig ist das, was wir haben,
und dass wir dies behalten werden.

Ein Song für die Ewigkeit. Einer der ist und bleibt!
Einer, den POOR GENETIC MATERIAL faszinierend umgesetzt und dem Text entsprechend zu einem hinterfragenden Stück werden ließen, das bewegt und nachdenklich macht.
Viel akustische Gitarre und Piano.
Herrliche Flöten-Passagen!
Pastoral“ ist so gesehen göttlich, gerade weil es den Verkünder des Göttlichen infrage stellt. Es ist wirklich nicht der Glaube, der uns abgesprochen wird, sondern die Institutionen (Kirchen, Parteien usw.) dahinter, die sich diesen zueigen gemacht haben, um Millionen von Menschen – in wessen Namen auch immer – massenhaft zu manipulieren und instrumentalisieren, damit sie stillhalten und Unrecht geschehen lassen, so lange dieses im Namen ihrer Prediger geschieht. Und wie sehr gelogen und betrogen wird, erleben wir gerade ja auf höchster (nein nicht himmlischer, sondern politischer) Ebene, in der eine christliche Partei einen gläubigen Kanzler stellt, der eine längere Nase als Pinocchio und ein unerbittlicheres Machtstreben als ein Monarch hat. Da darf man gerne schonmal den Glauben verlieren – vorausgesetzt man schaut nicht so gutgläubig wie Kuh und/oder Schaf von Plattencovern drein.


Um die wahren Schönheiten zu erlernen, brauchen wir nur die Augen zu öffnen, den Verstand einzuschalten, die Ohren offenhalten und aufmerksam durch die Natur zu laufen. Dabei sollten wir aber die 'alten und verstaubten Bücher mit ihren zusammengeschusterten Geschichten' geschlossen lassen. Die Bücher, auf die unser Polit-Pinocchio seinen Eid abgelegt hat, während wir immer mehr feststellen, dass nicht nur er von allen guten Geistern verlassen zu sein scheint.

Leider gibt es diese CD nur in einer auf 500 Exemplare limitierten Version. Bei dieser Gestaltung und zugleich hohen musikalischen wie optischen Qualität (Digipak mit 16-seitigem Booklet samt aller Texte und zu jedem Text eine passende hochwertige Fotografie) sollte man sich diese auf keinen Fall entgehen lassen.
Es lohnt sich definitiv!


FAZIT: Nicht oft, dafür unverhofft, haben es die deutschen Prog-Veteranen (Ich denke, nach so vielen Jahren und so guten Alben darf man sie ohne schlechtes Gewissen nunmehr so nennen!) von POOR GENETIC MATERIAL erneut getan und warten mit einem neuen Album auf, dessen Cover schon unvermeidliche Erinnerungen weckt. Auch wenn die Musik nichts für Schafe oder Gutgläubige ist, so bestätigt sie doch jeden progressiven Freigeist darin, wie gute auch heute noch der Progressive Rock klingen kann – sogar mit jeder Menge Flötentönen. „Pastoral“ ist ein weiterer Prog-Rock-Glücksgriff aus deutschen Landen, den sich all diejenigen nicht entgehen lassen sollten, die PGM als „eine Symphonic-Prog-Band mit ganz eigenem, einzigartigen Stil, der sich durch komplexe, raffinierte, facettenreiche und dennoch zugängliche Kompositionen auszeichnet“ (Eigenbeschreibung der Band), verstehen. Denn alles an dieser Beschreibung trifft tatsächlich zu, wobei noch die nachdenklich machenden, zeitgenössischen Texte erwähnt werden sollten.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 108x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Toxic
  • Unrehearsed
  • Fur And Skin
  • Black Hole
  • Deja Vu
  • Pastoral

Besetzung:

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