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Megadeth - Super Collider - Massen-Review

30.05.2013

Megadeth "Super Collider" CoverEs ist mal wieder so weit. MEGADETH veröffentlichen mit "Super Collider" ein neues Album und ein Aufschrei geht durch die Metal-Welt. Streicher. Country. Popmusik. Radiorock. Mainstream. Schlimme Worte liest man da und nachdem man sich ausführlich (also nebenbei laufen gelassen, während man bei Facebook Katzenbilder gepostet hat) mit dem qualitativ natürlich total hochwertigen Vorabstream beschäftigt hat, ist man sich einig: Megadaves 14. Album ist CERN-Schrott. Muss ja, bei dem schrecklichen Coverartwork und außerdem kann ja jemand, der so bescheuerte Weltansichten wie Dave Mustaine hat (Patriot, Christ und Verschwörungstheoretiker in einem) nicht auch noch gute Musik machen. Und wie sieht es aus, wenn man sich einfach mal mehr oder weniger unvoreingenommen mit "Super Collider" beschäftigt? Auch dann polarisiert das Album noch immer erheblich, wie unser Massen-Review beweist.

Review von: Andreas Schiffmann (Profil)

Auf diesen Seiten geht es um Musik, oder? Über den Menschen Dave Mustaine wurde und wird weiterhin anderswo genug diskutiert - hier also die Sicht eines Verfechters von "Peace Sells" als dem mutmaßlich besten MEGADETH-Album auf den neuen Langspieler (und nicht das Drumherum) der Band, die trotz wieder stabiler Besetzung ihr Gesicht längst verloren hat.

MEGADETH-Produktionen klangen gerade hinsichtlich des Gesangs nie besser als heute, wohingegen das Schlagzeug diesmal akustisch miserabel eingefangen und arg statisch gespielt wurde, was man insbesondere der unbeweglichen Doublebass-Nichtigkeit "Don't Turn Your Back" anhört. Mustaines charakteristischer Stil kommt indes schon seit Jahren nur noch marginal zum Tragen ("Built For War" mit hypothetischen "Rust In Peace"-Ausschussriffs), und man mag spekulieren, ob er mit Chris Broderick einen neuen Meister gefunden hat, unter dessen Scheffel er sich stellt - oder ihm bleibt schlicht genauso wenig als Gitarrist zu sagen, wie er als Person Bockmist verzapft. Das völlig unnötige THIN-LIZZY-Cover "Cold Sweat" lässt auf letzteres schließen, und mit DISTURBEDs David Draiman als Gastsänger steht ein noch größerer Dummschwätzer als Dave Gewehr bei Fuß ... wo wir doch einleitend von Identitätsverlust sprachen.

Das fürs Radio geschaffene Titelstück mit seinem Mainstream-Country-Hook erinnert an "Cryptic Writings", die Produktion generell an jene von Dann Huff damals, bloß ohne den letzten Rest Mainstream-Schmelz, weshalb auch "The Blackest Crow" mit ohnehin deplaziertem Banjo und ohne rechte Idee wie gewollt und nicht gekonnt klingt. Abgegriffene Gesangsmelodien - etwa in "Burn!", vor allem aber während "Kingmaker" und dem stärksten Stück "Dance In The Rain" in den Strophen - gibt es immer wieder zu vernehmen.

Es bleibt also dabei: Die dominanten Midtempo-Stücke "Beginning Of Sorrow" und "Off The Edge", mit dem der Frontmann wohl unbewusst in seine Paranoia blicken lässt, klingen unangenehm middle of the road und geben den Tenor von "Super Collider" vor, das labbrige Geachtel von "Forget To Remember" mit seinem Sleaze-Unterton mutet sogar regelrecht lächerlich an. Ein Glück, dass Trompeter Bob Findley, der schon bei "Silent Scorn" vom Karriere-Tiefpunkt "The World Needs A Hero" zu hören war, offensichtlich einen der uns nicht zugänglichen Bonustracks dieser nur unwesentlich besser überzeugenden Platte verschlimmbesserte.

FAZIT: Gute Momente sind auf MEGADETHs neuem Album dünn gesät, packende faktisch nicht vorhanden, und die Stücke weitgehend auswechselbar mit jenen von "Endgame" sowie "Th1rt3en". Ihre eigene Kennung hat die Band ebenso verloren wie jeglichen Biss. Mustaine schlingert orientierungslos zwischen halbseidenen Ideen hin und her, sodass man zu behaupten neigt, was man nicht für möglich gehalten hätte: Viele andere alte Herren des Thrash, aber auch eine Herde von Jungspunden haben diesem zum Heulen provozierenden Armutszeugnis gegenüber die Nasen weit vorne.

6 von 15 Punkten


Review von: Lothar Hausfeld (Profil)

Die Zeiten, in denen man sich ohne vorheriges Probehören eine neue MEGADETH-Scheibe am Tage der Veröffentlichung gekauft hat, sind für die allermeisten Fans schon lange vorbei, allerspätestens seit "Cryptic Writings" weiß man vorher nie, in welche Richtung das neue Material der einstigen Thrash-Exempel-Statuierer geht, und zwar sowohl stilistisch als auch qualitativ.

Dementsprechend sind die Erwartungshaltungen vor einem neuen Album aus der Feder Dave Mustaines stets ein wenig diffus. Und "diffus" beschreibt durchaus "Super Collider" treffend: Starke Songs wechseln sich mit gepflegten Langeweilern ab. "Kingmaker", der Opener des 14. Studioalbums, geht als – vorsichtig gesprochen – Hommage an BLACK SABBATHs "Children Of The Grave" durch, setzt aber als durchaus treibende Nummer das falsche Ausrufezeichen zu Beginn, denn weitgehend pendelt sich "Super Collider" im Stile früherer Radio-Anbiederungen der Band wie "Risk" ein.

Grundsätzlich gilt: Wann immer MEGADETH es schaffen, das Gaspedal durchzutreten und mit mehr Elan die Songs zu intonieren, steigt gleichzeitig das Qualitätslevel. Der zweite Teil von "Dance In The Rain" mag dafür exemplarisch herhalten. Auf der anderen Seite stehen aber schlichtweg zu viele Songs auf "Super Collider", die einfach nur dahinplätschern. "Beginning of Sorrow" ist so ein Kandidat, "Built For War" oder "Burn!" ebenso, "The Blackest Crow" versinkt trotz des coolen Slideguitar-Intros ebenfalls im Mittelmaß. Das vollkommen uninspirierte und unoriginelle Cover von THIN LIZZYs "Cold Sweat" ist der ärgerliche Abschluss eines Albums, das den Eindruck erweckt, die Musiker hätten im Studio ein paar Flaschen Sanostol konsumieren sollen, damit sie nicht so arg antriebslos und desinteressiert spielen.

FAZIT: Nein, es hat sicherlich niemand erwartet, dass "Rust In Peace" auch nur ansatzweise als Vergleichsindikator für "Super Collider" taugen würde. Dass aber selbst die arg schwachen Alben in den 90er Jahren noch eine Messlatte sind, an der sich das neue Album ernsthaft schwer abarbeiten muss, um sie nicht zu reißen, das ist dann doch schon enttäuschend. Midtemposongs, mit gebremsten Schaum eingespielt, ja, selbst unverhohlen auf Radioairplay schielen – all das sind Dinge, die auch ein Dave Mustaine deutlich besser kann als auf diesem Album.

8 von 15 Punkten


Review von:  Lutz Koroleski
(Oger) (Profil)

Nennen wir die erfreulichen Aspekte des neuen MEGADETH-Albums zuerst: Der Sound ist gelungen und Megadave singt auf "Super Collider" recht verträglich. Außerdem kann man beim Schluss-Teil von "Dance In The Rain" noch einmal nachhören, warum diese Band zwischen "Peace Sells…" und "Rust In Peace" mal zur Speerspitze des Thrash Metal gehört hat. Ein origineller Rhythmus bildet die Basis für das treibende Riff und dazu kommt eine völlig angepisste Gesangslinie, das Ganze abseits vom üblichen Strophe-Refrain-Schema. Klasse-Part und auch sonst ein toller Song. Daneben sind mit "Kingmaker" und "Forget To Remember" noch zwei weitere gute Beiträge vertreten, die zumindest auf den etwas weniger essentiellen Alben wie "The System Has Failed" nicht negativ aufgefallen wären.

Damit wären wir schon am Ende der Positiv-Liste angelangt, denn der Rest des Songmaterials fällt zur Hälfte bestenfalls in die Kategorie "nett", einige Songs sogar in die Abteilung "egal". So langweilt das Titelstück mit unglaublich einfallslosen Riffs und einem ebensolchen Refrain. Mag sein, dass das auf Airplay oder den Mainstream ausgerichtet sein soll, es ist aber in erster Linie nur furchtbar nichtssagend und liegt qualitativ noch unterhalb des bisherigen Karriere-Tiefpunktes Ende der 90er. In die gleiche Kerbe schlägt "Burn!". Der erneut völlig belanglose Refrain wird hier nur noch von einem "Fire/Desire"-Reim gekrönt. Ganz toll. "Built For War" geht dann zunächst etwas flotter ans Werk, aber wieder endet der Songhöhepunkt in der kreativen Sackgasse, viel mehr als das Gebölke des Songtitels und im weiteren Verlauf ein paar kraftlose ACCEPT-Männerchöre gibt es nicht zu entdecken. "Off The Edge" stellt schließlich den Tiefpunkt des Albums dar. Sowohl musikalisch als auch textlich ein Totalausfall. Das Grundriff ist schlicht MEGADETH-unwürdig und Chris Broderick nervt mit seinen technisch versierten, aber absolut überflüssigen High-Speed-Kniedel-Soli, welche die Songs kein Stück weiter bringen. Die Solo-Parts waren auf früheren MEGADETH-Alben mal die Sahnestücke…"Begining Of Sorrow" ist aufgrund seiner eingängigen Melodien einer der "netten aber nicht zwingenden" Beiträge und bei "Black Sorrow" ist der Versuch per Country-Einsprengseln für Abwechslung zu sorgen, zumindest lobenswert, spätestens beim Refrain ebbt die Spannung aber schon wieder ab. "In Your Back" drückt während der Strophe und tut auch insgesamt nicht weh. Das äußerst mau gesungene THIN LIZZY-Cover "Cold Sweat" hätte man sich allerdings einfach sparen sollen, ebenso wie die Entlohnung für den Gestalter des Coverartworks.

FAZIT: Dave Mustaine passt sich seinem Verbal-Durchfall der letzten Jahre auch zunehmend musikalisch an. Neben einem kurzen Aufblitzen alter Klasse und ein paar guten Songs regiert insbesondere im ersten Teil von "Super Collider" zahnlos-glattgebügelte Langeweile nahe am kreativen Nullpunkt. Von den Großtaten der Vergangenheit ist man letztlich Lichtjahre entfernt. Die Fans der Band werden sich vermutlich auch das schön hören, in meinem CD-Regal ist für neue MEGADETH-Alben auch weiterhin kein Platz.

7 von 15 Punkte


Review von: Andreas Schulz (Profil)

Dave Mustaines Unberechenbarkeit ist altbekannt und sollte niemanden überraschen. Clean, nüchtern und bekehrt mag er zwar als Mensch selber umgänglicher geworden zu sein (sieht man mal von politischen Themen ab), musikalisch indes bleibt der Frontmann von MEGADETH eine streitbare Persönlichkeit. Das 14. Studioalbum liefert den passenden Beweis zu dieser These und ist eine echte Überraschung. Ob im positiven oder negativen Sinne, das liegt wie so oft im Ohr des Hörers. Dass "Super Collider" aber eine eher rockige Platte geworden ist, war nach den letzten beiden Alben sowie den dazwischen liegenden Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum von "Rust In Peace" nicht unbedingt zu erwarten.

Es ist bekanntlich auch nicht das erste Mal, dass MEGADETH sich abseits rein metallischer Pfade orientieren, die Alben, die Mitte bis Ende der Neunziger erschienen, waren nicht nur ein Beleg für die vorherrschende Orientierungslosigkeit in der Metalszene, sondern auch dafür, dass Dave Mustaine mit seiner Band eben nicht immer nur das Gleiche machen will. Dass MEGADETH in der aktuellen, scheinbar halbwegs stabilen Besetzung die "Rust In Peace"-Sachen perfekt spielen können, haben sie auf der Bühne bewiesen, also kann man auf Platte etwas anderes ausprobieren. Das mag die Zielsetzung bei "Super Collider", an dem übrigens alle vier Bandmitglieder mitgeschrieben haben, gewesen sein. Angesichts der spielerischen Fähigkeiten eines Chris Broderick könnte man allerdings annehmen, dass er mit den neuen Songs leicht unterfordert ist.

Ich muss gestehen, es fällt mir grundsätzlich schwer, ein MEGADETH-Album nicht zumindest gut zu finden. Der charakteristische Gesang von Mustaine, seine Fähigkeiten als Songschreiber sowie sein streitbarer Charakter (Menschen mit Ecken und Kanten sind schließlich immer noch die interessanteren) haben dafür gesorgt, dass die Band seit Jahren sehr hoch in meiner Gunst steht. Und auch wenn die Kritiken an "Super Collider" andernorts mitunter vernichtend ausfallen und die Leute in den Foren und sozialen Medien die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, so gefällt mir auch "Super Collider" über weite Strecken recht gut. Wenn man nach einigen Durchläufen vier, fünf Songs permanent im Kopf hat und davon keineswegs genervt ist, muss man das eben als gutes Zeichen werten.

"Super Collider" startet mit einem coolen Basslauf in "Kingmaker" - und einem Riff, bei dem Mustaine eigentlich hätte erkennen müssen, dass es das in ähnlicher, langsamerer Form schon einmal gab. Nämlich bei BLACK SABBATHs "Children Of The Grave" - vielleicht hatte Dave bei dem Song über die Zerstörungskraft einer Drogenabhängigkeit ja Ozzy im Sinne. Der Refrain der recht flotten, zackigen  Nummer, die typischer MEGADETH-Metal ist, erinnert in den ersten Zeilen an den von "Skin O' My Teeth". Guter Opener, der direkt das größte Plus des Albums aufzeigt, denn der kraftvoller Sound von "Super Collider" ist brillant. Weiter geht es mit dem Titeltrack - und das Album beginnt zu polarisieren. Eine reine Midtempo-Hardrocknummer mit einem ziemlich positiven Text über Menschen, die einander helfen und Spaß miteinander haben. Und ja, den Text hat Mustaine wirklich selber geschrieben. Der Song wirkt, wie ein Großteil des Albums, "typisch amerikanisch", man nimmt ihn Mustaine aber ab.  Der Refrain brennt sich schnell ins Gedächtnis ein und nach dem anfänglichen Augenverdrehen fängt man an, den Song zumindest zu mögen. Am Anfang von "Burn!" gibt es kurzes Griffbrettgewichse, danach rifft sich der Song in gehobenem Midtempo auf einen simplen "Burn, baby, burn"-Pre-Chrous zu, bevor Mustaine sich tatsächlich dazu herablässt, "fire" und "desire" zu reimen. Da darf man berechtigterweise die Augen verdrehen.

Nach dieser unauffälligeren Nummer ist "Built For War" wieder einer der erwähnten Ohrwürmer. Der dem Text entsprechend aggressivere Track mit seinem markanten Rhythmus zeigt auf, wie abwechslungsreich Mustaine stimmlich auf dem Album agiert (hier angenehm giftig). Und die Zeile "Built for war, what do you think your fists are for?" sitzt nach dem dritten Hör fest. "Off The Edge" beschreibt den verrückten Zustand der Welt, ist aber musikalisch alles andere als verrückt. Der Song beginnt zwar mit einem vielversprechenden Gitarrenintro, verliert sich aber dann in Belanglosigkeit. Wie schön, dass "Dance In The Rain" danach alle Register zieht. Sehr ruhig startend, wird Mustaine im Sprechgesang nicht nur von seiner Band, sondern auch von Streichern begleitet. Der Song hat eine melancholische Note, tolle Melodien, dreht sich darum, auch in (wirtschaftlich) schlechten Zeiten nicht aufzugeben und orientiert sich im Refrain am Rock der 70er. Doch damit nicht genug. Das Tempo immer weiter verschärfend, überrascht der Schlusspart tatsächlich mit reinrassigem MEGADETH-Thrash der 80er. Warum nicht mehr davon? Das wird sich so mancher fragen und das sicher nicht unberechtigt, denn der Song ist mit Abstand der Höhepunkt des Albums.

Am Anfang von "Beginning Of Sorrow", einer modernen, passablen Rocknummer, darf Dave Junior ein bisschen angeben, seinen Bass kann man ansonsten auch auf dem Rest des Albums immer gut hören. Spannender ist aber "The Blackest Crow". Die düsteren Südstaaten-Country-Elemente (Banjo und Fidel) wird so mancher hassen, Mustaine hat damit aber einen Song geschaffen, der aus dem Rahmen fällt und trotzdem gut funktioniert. "Forget To Remember" ist dann wieder reiner Hardrock mit leicht cheesigem, aber gefälligem Refrain. Auch wenn man den angepissten Dave Mustaine textlich interessanter findet, so nimmt man es auch ihm ab, wenn er sagt, dass man seinen Freunden niemals den Rücken zudrehen sollte. "Don't Turn Your Back..." ist eine der härteren Nummern und schließt damit den Kreis zum Opener, denn das abschließende "Cold Sweat" bleibt als passables, aber unspektakuläres THIN LIZZY-Cover außen vor.

FAZIT: Die guten Songs sind richtig gut, die weniger guten zwar weit davon entfernt, Schrott zu sein (immerhin sind es Songs und keine Aneinanderreihung von irgendwelchen Fragmenten), aber teilweise ein bisschen langweilig. Um "Super Collider" gut zu finden, muss man auch die weniger metallische Seite von MEGADETH mögen und tatsächlich wäre es schön, wenn auch die Band dieses Album als kurzen stilistischen Ausflug statt als Maßgabe für die Zukunft sehen würde. Unter allen subjektiven und objektiven Gesichtspunkten sind aber zehn Punkte immer noch vollends gerechtfertigt.

10 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 7,75 von 15 Punkten

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Andreas Schulz (Info)