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Interview mit RPWL (05.04.2008)

RPWL

Yogi Lang, Sänger und Keyboarder der deutschen Art Rock-Formation RPWL, nimmt sich für uns Zeit und schildert seine Sicht auf Kunst, Politik und oberflächliche Album-Kritiken.

Hallo Yogi! Schön, dass Du dir für unser Magazin etwas Zeit nehmen möchtest!

Danke, kein Problem!

Euer neues Album steht nun seit knapp einem Monat in den Läden – wie viel Routine steckt für dich mittlerweile in der Arbeit an einem neuen Album?

Keine Routine. Jedes Album ist eine neue Herausforderung. Wir wollten keinen Teil 2 unseres letzten Studioalbums machen, und noch dazu sind es ja immer neue Dinge, die dich interessieren oder aus dir raus müssen. So war es auch diesmal.

Lauscht man einigen Texten auf „The RPWL Experience“ so fällt schnell auf, dass Ihr nicht meinungslos dem Weltgeschehen gegenüber steht. Gehören Politik und Art Rock jetzt zusammen?

Ob Politik und Musik oder Art Rock zusammengehören kann ich nicht beantworten. Mir missfällt auch der Begriff Politik in diesem Zusammenhang etwas. Das Album ist sozialkritisch, ja! Aber für mich sind Politiker Menschen, die wenig auf ihrem Gebiet wissen. Ich meine, es wäre doch Zufall, wenn die Leiter der jeweiligen Ressorts dieses auch studiert hätten. In der Politik bringt man es weit, wenn man die verschiedenen Interessengruppen bedienen kann. In diesem Zusammenhang bringen sie dann auch umso mehr Vorschläge, die eher etwas mit ökonomischen Interessen oder Lobbyismus zu tun haben als mit wirklichem lösungsorientierten Denken. Wir wollen niemandem vorschreiben, was er zu tun hat oder gar den Zeigefinger erheben. Wir wollen mit offenen Augen durch die Welt gehen und von Dingen erzählen, die uns wichtig sind.

Glaubst du, dass Künstler generell etwas bewegen können mit ihren Texten, außer dass einige Menschen beim Hören der Musik kurz mit dem Kopf nicken und denken „der hat ja eigentlich Recht“ und danach wieder zur Tagesordnung übergehen?

RPWL - The RPWL Experience - CoverEs in Erinnerung zu rufen, ist die einzige Möglichkeit, etwas an einer Situation zu ändern. Es ist nicht unsere Art, belehrend vorzuschreiben was richtig oder falsch, gut oder böse ist. Im evolutionären Sinne gibt es das ja auch gar nicht. Allerdings neigen wir dazu, unser Leben eben nicht im Ganzen zu leben. Dass es Menschen gibt, die bei ihrem Kaffeekonsum billigend in Kauf nehmen, dass es den Erzeugern nicht mehr möglich ist, ihr Leben damit zu bestreiten. Dabei dürfen sie nicht mal selbst entscheiden, ob sie Kaffee anbauen wollen. Das ist doch geradezu grotesk! Nicht dass wir den Kaffee konsumieren, sondern dass wir diese Umstände ignorieren und hoffen, dass es durch eben diese Verdrängung einfach aus der Realität verschwindet. Und so sind wir es gewohnt, unser Leben auf Kosten Anderer zu leben. Das mag von einer rein biologisch-evolutionären Sicht auch ok sein. Aber so zu tun, als wären wir nicht mitverantwortlich für die über 30000 Menschen, die an den Folgen unseres Live-Styles sterben, ist dumm und respektlos. Nur weil wir nicht an manche Dinge denken, heißt das nicht, dass sie deswegen verschwinden. Wenn wir Glück und Harmonie suchen, dann finden wir es sicherlich nur in der Gesamtheit und nicht im Verdrängen des Unangenehmen. Deswegen ist es wichtig, den Menschen ab und an den Spiegel vorzuhalten und die Kunst im Allgemeinen ist ein geeignetes Mittel dafür. Solange sie unabhängig ist und nicht zu dem wird, was sie angreift.

Es ist nicht unbedingt das Tagesgeschäft von Prog und Art Rock Bands, Coverversionen als regulären Track auf ihre Studioalben zu packen. Was hat euch zum Bob Dylan Cover „Masters Of War“ getrieben? Und was würde Dylan zu einem Gilmour Solo in seinem Song sagen?

Der Titel ist eben aktueller denn je. Ob Dylan in diesem Fall visionär war oder nicht, möchte ich nicht sagen. Aber während er damals noch die militärischen Schreibtischtäter demaskiert, sprechen wir jetzt von globalisierten Konzerninteressen. Kriege werden heute nicht mehr aus national-ökonomischen Interessen geführt. Die Macher unserer Welt sind nicht mehr an Staaten oder Grenzen gebunden. Was David Gilmour dazu sagen würde, weiss ich nicht. Auf jeden Fall hört man gerade in diesem Fall, dass Dylan und Floyd wohl nicht so weit auseinander liegen. So ist das eben mit den musikalischen Vorbildern...

Warst du genervt, als du in meiner letzten Frage den Namen „Gilmour“ zu hören bekommen hast?

Nein, wieso sollte ich. Wir haben damals aus Spaß an der Freude über alte Floyd Songs improvisiert. Dass unsere Plattenfirma daraus eine Pink Floyd Cover Band gemacht hat, war für uns jedenfalls eher überraschend. Aber wie man das auch immer nennen mag, es war zu dieser Zeit nötig und befreiend, denn wir waren alle müde von der ewigen Studioarbeit und zeitlich sehr limitiert. Es ist eben nicht einfach Musik zu machen, wenn man mit Musik sein Geld verdient. Vor allen Dingen mussten wir auf diese Weise nicht proben. Es war spannend, weil wir 2 Stunden Konzerte spielten und keiner so ganz genau wusste, was wir spielten. Aber ehrlich gesagt bin ich ja auch gar kein Fan von Cover Geschichten. Außer man kann dem Ganzen etwas Persönliches hinzufügen, wie wir es etwa bei "Opel" von Syd Barrett auf unserem "Stock" Album gemacht haben.

Wahrscheinlich wirst du in den meisten Interviews auf „This Is Not A Prog Song“ angesprochen, in dem die ewig meckernden Kritiker ein unfreiwilliges Denkmal gesetzt bekommen. Unter welchen Gegebenheiten nimmst du persönlich Kritik ernst? Muss man selbst etwas besser können, um das Werk eines anderen kritisieren zu dürfen?

Nein, das ist kein Ernst, das ist natürlich nur Spaß. Ich denke es gibt nur sehr wenige Musiker, die ihreRPWL Musik für Kritiker schreiben. Aber lustig ist es schon, wenn du Kritiken liest, bei denen du ganz genau merkst, dass die Musik vielleicht mal höchstens 10 Sekunden im Player war. Meine Lieblingskritik war die mit dem deutschen Akzent in "Roses". Das ist halt blöd, wenn man dann nicht mal die Pressemitteilung liest und keine Ahnung hat, dass der Sänger dieses Songs Schotte ist. Aber gerade das ist wohl auch ein Stück deutscher Mentalität. Ich bin z.B. auch noch nie von einem Engländer oder Amerikaner negativ auf meinen deutschen Dialekt angesprochen worden. Noch dazu, warum sollte denn mein Dialekt finnisch sein? Für den deutschen Durchschnittsrezensenten ist das jedoch ein Problem. Diesen Umstand deutscher Verhaltensweise, für den wir allerdings wirklich von der Welt etwas belächelt werden, hat Reinhard May in seinem "Mann aus Allemania" bestens umschrieben. Aber das ist uns prinzipiell natürlich egal. Kritik nehme ich ernst wenn sie in der Sache konstruktiv ist. Uns geht es um Aussage und Musik, darüber diskutieren wir gerne. Wir arbeiten für die Musikhörer und nicht für irgendwelche Trivial-Expertisen. Aber wie gesagt, man sollte immer auch mal über sich selbst lachen können. Das würde gerade auch dem Art- oder Prog Rock gut zu Gesicht stehen.

Wer schreit denn da „yearning, yearning“ am Ende von „This Is Not A Prog Song“ und nach was sehnt sich denn der arme Kerl da? Oder hab ich mich da einfach nur verhört? Texte lagen der Promo leider nicht bei.

Das Wort ist "Yawning"! Ja, wir haben lange mit unserem englischen Engineer überlegt, was das vernichtendste Wort für eine miese Band und einen miesen Song ist, und wir haben uns auf "yawning" geeinigt. Der arme Kerl hat also den Song endlich beendet. Ich glaub aber, länger hätten wir ihn eh nicht mehr gespielt.

Wer euch in die Schublade „Art Rock“ einordnet, der liegt sicher nicht vollkommen falsch. Gibt es Deiner Meinung nach objektive Größen in der Musik, an denen sich festmachen lässt, ob eine Band Kunst produziert oder nicht?

Der Kunstbegriff lässt sich nur subjektiv festmachen. Ich selbst hasse Musik, die frei von jeglicher Aussage ist. Entweder jemand hat was zu sagen oder eben nicht. Musik mit der Intention reinen Entertainments ist zwar ein berufliches Mittel zum Geld verdienen, hat jedoch für mich nur selten künstlerischen Anspruch. Vielleicht noch bestenfalls als historisches Fixieren eines Zeitgeistes. Aber das ist lediglich meine Meinung.

Gibt es eine musikalische Vision, die beispielsweise in einsamen Nächsten durch deinen Kopf geistert? Und wenn ja: Warum konntest du sie bisher nicht umsetzen?

Nein, in Nächten denke ich eigentlich doch meistens eher an andere Sachen, wenn wir nicht gerade mitten in der Album-Produktion oder kurz vor einer Tour stehen.

Vielen Dank für Deine Zeit!

Bitte. Hat mich sehr gefreut!

Nils Herzog (Info)
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