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Interview mit Der Weg Einer Freiheit (13.08.2011)

Der Weg Einer Freiheit

Da kann die vermeintlich "wahre" Black-Metal-Szene noch so sehr toben und stänkern - DER WEG EINER FREIHEIT machen ihren Weg. Und der führt immer weiter nach oben, wie die zweite Veröffentlichung der Band, eine überaus beeindruckende EP mit dem Titel "Agonie", nachdrücklich beweist. Wir befragten Songschreiber Nikita Kamprad zu seiner Sicht der Dinge, was die Diskussion um seine Band angeht sowie zu der EP an sich.

Hallo Nikita. Das ist übrigens das zweite Interview, das wir miteinander machen. Zum Re-Release eures ersten Albums hatten wir uns per ICQ fürs Legacy unterhalten. Das ist ja nun auch schon ein paar Monate her. Wie es ist Dir seitdem ergangen, persönlich und im Hinblick auf Deine Band?

Hallo Andreas! Mir geht es gut, danke. Bei uns läuft alles rund, wir stecken gerade in den Vorbereitungen für die anstehenden Festivals und es gibt einiges an Promoarbeit zu tun. Nur das Wetter könnte etwas besser sein.

Hättest Du erwartet, dass DER WEG EINER FREIHEIT so viel Staub aufwirbeln würden? Ich erinnere mich zum Beispiel an eine kontrovers geführte Diskussion über Euch im Rock Hard Forum, wo es natürlich auch um eure Außendarstellung ging. Wundert es dich, dass die Leute euch einerseits sehr positiv aufnehmen, andererseits aber auch genauso negativ?


Ja, wenn ich mich recht erinnere haben diese Verrückten über 90 Seiten diskutiert. Ich habe das Ganze nicht erwartet, da der Gedanke daran anfangs einfach nicht existent in meinem Kopf war. Im Nachhinein ist es aber fast klar, dass so etwas besonders im Black Metal irgendwo anecken muss. Ich kann beide Seiten nachvollziehen, aber bewerten oder darüber urteilen kann und will ich auch nicht.

In solchen Diskussionen geht es natürlich auch darum, wie ihr ausseht, um eure Texte, die melodiöse Musik und die Meinung, dass man euch aufgrund all dessen nicht zum Black Metal zählen dürfe. Machst Du Dir Gedanken über solch engstirnige Aussagen? Lachst Du einfach darüber? Geht es Dir schlicht am Arsch vorbei?

Ich habe damit keine Probleme. Viel eher hätte ich Probleme damit, mich zwanghaft für eine Lebenseinstellung, die ich nur bedingt teile, verstellen zu müssen. Manche Argumente sind ja sogar verständlich, aber vieles ist meiner Meinung nach einfach an den Haaren herbeigezogen und darauf gebe ich nichts.

Ich nehme an, dass Du jemand bist, der sich nicht groß um Dinge wie das Aussehen einer Band kümmert, sondern dass Du lieber die Musik sprechen lässt. Ist das richtig?

Ich ziehe es auf jeden Fall vor, ja. Man kann in der Musik 1000 mal mehr interessante Dinge entdecken als in einem bemalten Menschen, der eine Kutte trägt.

Grundsätzlich ist eine solche Einstellung meiner Meinung nach die richtige. Andererseits finde ich es auch reizvoll, wenn eine Band wie WATAIN eine gesamtheitliche Darstellung hat, bei der Bühnenshow, Texte, Artworks, Outfits etc. aufeinander abgestimmt sind. Deine Meinung dazu?

Jeder kann sich so geben, wie er Lust hat. Ich meine, wir bewegen uns in einer Musikrichtung, in der sowieso jeder macht, was er will. Wenn WATAIN Bock drauf haben, wegen toten Tieren auf der Bühne von einem Festival zu fliegen, sollen sie es tun. Ich freue mich schon auf den gemeinsamen Auftritt beim Wolfszeit Festival... haha

Der Weg Einer FreiheitKommen wir zu eurer neuen EP "Agonie". Warum habt ihr jetzt eine EP herausgebracht, statt die Songs für ein komplettes Album aufzubewahren?

Ich hatte im letzten Jahr eine anstrengende Phase über mehrere Monate hinweg, in der es musikalisch einfach nicht vorwärts ging. Das Songwriting fiel mir zunehmend schwer und es ist in dieser Zeit kein einziger brauchbarer Song entstanden. Nach einer gewissen Zeit ging es jedoch nach und nach wieder voran und nachdem ich das Gefühl hatte, diese Inspirationsebbe überwunden zu haben, beschloss ich, diese Zeit mit den vorhandenen Songs abzuschließen und sie auf diese EP zu bannen. Seitdem läuft es mit dem Songwriting auch stetig besser, was ein kommendes Album immer greifbarer macht.

Ich empfinde die EP als deutliche Steigerung zum Debütalbum, das mir zwar auch schon gut gefiel, das mir aber bei weitem nicht so nahe ging, wie die neuen Songs. Wie ist Deine eigene Wahrnehmung, hat sich in der Art und Weise, wie Du Songs schreibst, etwas verändert?

Meiner Meinung nach wartet die EP im Vergleich mit dem Debüt mit keinen großartigen Neuerungen auf und ist eher eine logische Fortführung des alten Materials mit ein paar neuen Ideen und einer insgesamt etwas düsteren Atmosphäre. Jedoch habe ich mich bemüht, z.B. die stellenweise etwas in die Länge gezogenen Riffs des Debüts auf der Strecke zu lassen und das Songwriting insgesamt etwas abwechslungsreicher aber trotzdem straighter auszulegen. Ich denke, dass jeder, der das erste Album mochte, auch Gefallen an der EP finden wird und jeder, der erst mit dem neuen Material auf uns aufmerksam wurde, wird auch unsere älteren Songs mögen.

Ich finde es erstaunlich, wie schnell ihr einen eigenen Sound/Stil gefunden habt. Ist die Musik auf "Agonie" genau die, die du machen willst oder hast du da noch Vorstellungen, die du bisher nicht umsetzen konntest, aus welchen Gründen auch immer?

Bisher konnte ich alles weitestgehend so umsetzen, wie ich es mir vorher vorgestellt habe. Ich probiere natürlich viel aus und experimentiere gerne herum, aber sobald ich merke, dass etwas aus unserem Rahmen fällt, stelle ich es zurück – vielleicht kann man es ja zu einem anderen Zeitpunkt verwenden. Ich weiß, was meine Kollegen drauf haben und was nicht und lege auch das Songwriting darauf aus. Da wir unsere seltenen Proben nur dazu nutzen, neue Songs einzustudieren und nicht zu schreiben, muss ich natürlich darauf achten, dass das Material auch live umsetzbar ist. Zwar stoßen wir dabei manchmal an unsere Grenzen, aber nur so kann man ebendiese vergrößern und sich weiterentwickeln.

"Der stille Fluss" dürfte der Einzelsong sein, den ich in den letzten Wochen am häufigsten gehört habe. Besonders der zweite Teil nach dem ruhigen Zwischenpart fasziniert mich enorm. Siehst Du den Song selber auch als etwas Besonderes an?

Dieser Song hat in seiner Entstehungsphase am längsten von allen Songs auf der EP gedauert. Der Anfang stammt noch aus Vor-Debüt Zeiten, während der komplette zweite Teil ab dem ruhigen Break relativ neu ist. Es war eine Art Experiment, zwei Fragmente aus unterschiedlichen Zeiten zusammenzufügen und es hat, wie ich finde, sehr gut geklappt. Der Song zählt auf jeden Fall zu meinen Favoriten aller bisherigen Stücke, was ich auch bei der letzten Probe gemerkt habe, bei der wir ihn zum ersten Mal live als Band gespielt haben. Ich kann es kaum erwarten, ihn auch auf der Bühne vor dem Publikum zu spielen.

Das abschließende "Posthum" steht dem Opener in Sachen Intensität in nichts nach, die beiden Songs dazwischen ("Ana" ausgenommen) gehen nicht ganz so tief. Hast Du die Songreihenfolge bewusst so gewählt, dass die beiden stärksten Nummern vorne und hinten stehen oder kannst Du meine Einschätzung diesbezüglich nicht teilen?

Ich hatte die Idee, dass die beiden längeren Songs den Rahmen der EP bilden, auch wenn sie eigentlich selbst schon mehr als die Hälfte des gesamten Materials ausmachen. Vielleicht lässt es die Stücke in der Mitte dadurch etwas untergehen, aber ich finde, jeder einzelne Song der EP steht für sich und ist es auf jeden Fall wert, gehört zu werden. Außerdem gefällt mir diese Symmetrie mit "Ana" als "Spiegelachse" und Kontrast zu den anderen Songs. Vielleicht ist es ja auch dem ein oder anderen aufgefallen, dass der komplette Song "Die Welt in mir" Riff-technisch symmetrisch aufgebaut ist.

Ihr arbeitet mit deutschen Texten. Das macht euch angreifbarer, weil man ja versteht, was ihr singt. Auf der anderen Seite ist es so auch einfacher, eure Musik mitzufühlen, zumindest dann, wenn man gefühlsmäßig auf einer ähnlichen Frequenz unterwegs ist. Was sind es Deiner Meinung nach für Menschen, die eure Musik nicht einfach nur hören, sondern auch "mitleiden" können?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich finde, jeder Mensch nimmt Musik auf eine andere Art und Weise wahr und so haben auch Texte für jeden einzelnen eine andere Bedeutung. Wir verbinden verschiedene Erfahrungen mit unseren Texten und da kann man sie als Außenstehender natürlich eher nachvollziehen, wenn man Ähnliches erlebt hat. Emotionen haben einen großen Stellenwert in unserer Musik, ohne Gefühl ist sie tot und kann nicht nachempfunden werden.

Eine Band, mit der es mir ähnlich ergangen ist, wie mit Euch, sind ÄRA KRÂ (Review hier), von denen man munkelt, dass sie aus einem ähnlichen Umfeld stammen wie DER WEG EINER FREIHEIT. Kennst Du die Band und ihre Musik? Ich könnte mir vorstellen, dass Dir das, was sie machen, gefallen würde...


Ihre kürzliche Veröffentlichung "Ferne Tage" ist schon jetzt eines der meistgespielten Alben von mir in diesem Jahr. Geschrieben hat es zum größten Teil ein guter Freund von mir, daher ist mir die Band auch sehr vertraut.

Der Weg Einer FreiheitIhr habt die ersten Liveauftritte hinter euch. Wie ist es gelaufen? Welche Auftritte waren besonders gut, besonders mies oder sind aus anderen Gründen im Gedächtnis geblieben? Wie hat das jeweilige Publikum auf euch reagiert?

Mir sind die Auftritte in Münster, Aschaffenburg und München im letzten Jahr sehr gut im Gedächtnis geblieben. Dort hat von vorne bis hinten alles gestimmt und wir haben auch vom Publikum durchweg positive Resonanzen erhalten. Das Konzert im vergangenen November in Leipzig kann da leider nicht ganz mithalten, da wir mit einigen technischen Problemen zu kämpfen hatten und sich viele Fehler eingeschlichen haben. Scheinbar hat sich das aber nur auf unser eigenes Gemüt niedergeschlagen, da auch hier das Feedback von Seiten des Publikums weitestgehend sehr gut war. Außerdem war die Übernachtung in einer Herberge einen Stock über einer total abgefahrenen Hippiekneipe auch ein Erlebnis für sich.

Habt ihr Pläne oder Möglichkeiten für eine längere Tour, evtl. als Opener für eine bekanntere Band? Hättest Du diesbezüglich Wunschbands?


Wir sind momentan mit unserer Bookingagentur in der Planung für eine größere Tour Anfang nächsten Jahres. Es stehen auch Konzerte außerhalb Deutschlands auf dem Zettel aber mit wem und wo es uns genau hinführt, können wir noch nicht sagen. Wenn es menschlich stimmt, wäre mir eigentlich jede Band recht, die mit uns zusammen ein stimmiges Abendprogramm bietet und deren Musik mir jetzt nicht komplett missfällt.

Kannst Du schon sagen, wie es mit DER WEG EINER FREIHEIT weitergeht? Ich nehme mal, Du schreibst schon an Songs fürs zweite Album, oder? Kannst Du schon sagen, ob es Veränderungen im Stil geben wird?

Richtig, wir stecken schon wieder mitten im Songwriting für ein kommendes Album und haben auch schon die ersten  Songs dafür fertig geschrieben. Ich tue mich immer schwer, die musikalische Zukunft vorherzusagen, aber ich bin mir sicher, dass man immer noch unsere klaren Trademarks heraushören wird, verstärkt durch noch tiefgründigere Melodien, insgesamt epischere Songstrukturen und ein angezogeneres Tempo.

Danke fürs Beantworten meiner Fragen, die letzten Worte gehören Dir.

Ich danke auch und wünsche dir alles Gute für die Zukunft!

Andreas Schulz (Info)
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