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Interview mit As I Lay Dying (14.11.2010)

As I Lay Dying

Nach kurzer Beratung und Suche nach einem geeigneten Platz fürs Interview entscheiden der Tourmanager und Nick Hipa, Gitarrist von AS I LAY DYING, das Interview im Tourbus zu halten. Nick ist noch etwas verschlafen, jedoch ausgesprochen freundlich und höflich. Entschuldigt sich noch kurz, da er noch nicht sehr lange wach ist und redet über den „Dirtbag Schedule“, da er selbst es eigentlich überhaupt nicht mag, erst so spät aufzustehen. Nick gab sich aber nicht nur sehr freundlich, sondern auch sehr auskunftsbereit. Gut gelaunt beantwortet er jede Frage sehr ausführlich und war auch davor und danach zu kleinen Scherzen aufgelegt:

Also, erstmal natürlich vielen Dank für deine Zeit, legen wir los! Dann wird der „Dirtbag Schedule“ auch nicht noch mehr in die Länge gezogen…

*lacht* Es hört sich eigentlich schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Es ist einfach kein Otto-Normal-Zeitplan. Aber so ist das halt…


Das neue Album ist schneller, melodiöser und brutaler als seine Vorgänger. Gibt es da einen speziellen Grund?
Einen ganz speziellen Grund kann ich eigentlich nicht nennen. Eigentlich haben wir einfach nur Songs geschrieben, die uns wirklich herausgefordert haben und die wir hören wollten. Wenn man so lange mit Alben wie z.B. „An Ocean Between Us“ tourt, denkt man irgendwann, >>hey, vielleicht können wir da mal etwas durcheinander mixen, damit wir auch mal etwas anderes, etwas dynamischeres auf den Konzerten spielen können.>> Vieles wurde dann einfach schneller und intensiver. Gleichzeitig sind wir aber auch eine melodiöse Band und haben versucht, die melodiösen Parts noch intensiver zu machen. Eigentlich haben wir also nur Songs geschrieben, die wir einfach wollten, und das ist dann eben dabei rausgekommen!


Und das Ergebnis spricht ja auch dafür.  Ich hatte beim Hören auch den Eindruck, dass die Lyrics direkter, mehr auf den Punkt gebracht sind und auch weniger Metaphern verwendet werden.
Das ist eigentlich alles die Sache von Tim. Ich schätze mal, er hat gefühlt, dass das Album musikalisch viel direkter ist und wollte dass dann auch in den Texten umsetzen. Es gibt einige Tracks auf dem Album, bei denen die Musik wortwörtlich die Texte beeinflusst hat, beispielsweise bei „Anger and Apathy“ gab es einige Parts, die ihm zunächst nicht zugesagt haben. Das hat dann aber seine Texte inspiriert, was in dem Moment recht lustig war, weil genau dieses dann den Text erschaffen hat. Tim kümmert sich immer um den kompletten Song. Und eben die Abneigung hat dann zu etwas geführt, was er am Ende geliebt hat.


Außerdem scheinen die Texte auf dem neuen Album teilweise die Existenz einer höheren Macht anzuzweifeln…
Du meinst, ob Tim die Existenz einer höheren Macht in Frage stellt? Ich glaube nicht, dass es wirklich das ist. Ich glaube eher, dass er seine Gründe für seinen Glauben kritisch hinterfragt. Tim ist ein sehr rationaler Mensch, ich bin da eher das komplette Gegenteil. Wenn Tim etwas wirklich glaubt oder ein starkes Gefühl für etwas hat, muss er gleich wissen, warum. Und vieles auf dieser Suche bringt dann eben Fragen auf, und das ist dann eben schwer. Wenn man etwas aus einer bestimmten Sichtweise sieht und man dann auf etwas stößt, was zum Nachdenken anregt, >>vielleicht ist das ja gar nicht die Wahrheit?>> kann das wirklich schwer sein. Und ich denke, eben diese Suche nach der Wahrheit ist oft die Grundlage für die Lyrics.


Wie seid ihr auf Adam Dutkiewicz als Produzent gekommen? Wie habt ihr euch kennengelernt?

Wir kennen Adam schon seit Jahren, haben schon wahnsinnig oft mit Killswitch getourt und Adam war einfach schon immer ein wirklich guter Freund der Band. Wir respektieren und lieben ihn als einen Kumpel und musikalisch ist er jemand, den wir schon immer bewundert haben. Er ist wirklich sehr begabt, egal, bei welchem Instrument, beim Aufnehmen, Produzieren… Innerhalb der Band wussten wir zwar, was wir wollten, aber manchmal haben wir innerhalb der Band so gegensätzliche Meinungen, dass wir jemand von außen brauchen, um uns zu entscheiden. Und Adams Meinung war uns immer wichtig, er kannte uns als Menschen und als Band und war somit die naheliegendste und beste Entscheidung als Produzent.


Das Ergebnis spricht wieder für sich!
Genau das wollten wir ja auch *lacht*. Es gibt ja viele Bands, die wirklich unkonventionell an ein neues Album herangehen und auch neue Dinge ausprobieren. Das ist zwar toll, aber wir wollten jemanden haben, dem wir blind vertrauen können, der uns auch sagt, ob es in die richtige Richtung geht. Bei „An Ocean Between Us“ haben wir uns noch ein bisschen kennengelernt und eingespielt. Beim neuen Album konnten wir genau da weiter arbeiten.


Ich war auch ehrlich gesagt erstaunt, wie gut das neue Album geworden ist, da ja viele Bands, die dieses Jahr ein neues Album rausgebracht haben, nicht erreichen konnten, wozu sie eigentlich im Stande wären.
Cool, danke!


Schon kommen wir wieder zum „Dirtbag Schedule“. Ihr habt ja einen sehr engen Terminplan, tägliche Konzerte, Interviews, anderweitige Termine… Wie entspannst du bei einem solchen Programm?
*lacht* Okay, wegen der Ausdrucksweise: Wir nennen das einfach so, weil wir uns meistens ziemlich schuldig fühlen, bist spätnachmittags zu schlafen, weil ich persönlich dann immer denke, dass ich zu viel vom Tag verpasse. Ich gehe gern durch die Städte, die wir besuchen und versuche auch möglichst viel von der Kultur aufzusaugen. Auf dieser Tour steht aber die Jahreszeit meistens im Weg, weil es ziemlich kalt und regnerisch ist, da will man dann auch nicht spazieren gehen. Dann schlafe ich einfach aus. Aber um wirklich auszuspannen und aus der Routine rauszukommen, lese ich viel, schaue Fernsehen, und, besonders wichtig: spiele Gitarre! Gitarre spielen wird immer meine Lieblingsbeschäftigung sein, es ist mein Hobby seit ich 12 bin und ich habe solches Glück, dass ich das jetzt als Job machen kann. Wenn ich also im Umkleideraum sitze, oder wir gerade nichts zu tun haben, ist mein erster Gedanke immer >>hey, ich könnte doch ein bisschen Gitarre spielen!>>


Und wie behaltet ihr eure Form? Also wie behält Tim zum Beispiel seine Stimme, oder du deine Finger?

Ich weiß ehrlich gesagt nicht ganz genau, wie Tim das macht. Die Band gibt es jetzt aber schon seit etwa 10 Jahren und irgendwann hat es Tim hinbekommen, seinen Körper so auszurichten, dass er einfach jeden Abend schreien kann! So lange wir keine zu langen Konzerte spielen, hat Tim keine Probleme mit seiner Stimme. Das Screaming, was Tim benutzt, hat eigentlich keinen besonderen Trick. Er bringt seine Stimme einfach voll aus dem Bauch raus. Wir versuchen dann eben, die Konzerte nicht allzu lange zu halten, damit Tim auch am nächsten Tag fit ist. Eigentlich finden wir das aber alle schade, weil wir für die Fans natürlich viel länger spielen wollen. Andererseits wollen wir natürlich bei allen Shows eine möglichst gute Performance haben, also spielen wir pro Show etwa eine Stunde. Wir anderen schlafen und essen einfach möglichst gut und üben natürlich so viel wie möglich.


Was ist das letzte, was ihr (oder du) tut, bevor ihr auf die Bühne kommt? Gibt es eine Art Ritual?

*lacht* Mein Ritual ändert sich eigentlich fast jedes Mal. Ich habe so 12-15 verschiedene Rituale, es kommt immer darauf an, wonach mir gerade ist, oder was an dem jeweiligen Abend funktioniert. Manchmal dehne ich mich einfach nur, wärme mich auf und trinke ein Bierchen. Und wenn ich dann bei der Show gut bin, mach ich das am nächsten Abend genauso. Und das mache ich dann solange, bis ich mal einen schlechten Tag erwische. Dann denke ich mir wieder >>das ist ein blödes Ritual, ich muss etwas anderes machen>>. Manche Bands tun auch überhaupt nichts vor dem Konzert. Wir haben mal mit In Flames getourt und der Gitarrist saß direkt vor dem Konzert einfach nur total still vor dem Fernseher, noch während das Intro lief bis ihn jemand geholt hat. Und dann lief er auf die Bühne und hat einfach nur gerockt! Das mache ich dann auch ab und zu, sitze einfach da und konzentriere mich darauf, gleich eine gute Show abzuliefern. Wenn das funktioniert, mach ich es am nächsten Tag wieder genauso. Für mich gibt es also nichts wirklich Festgelegtes.


Wie viel habt ihr abseits von den Shows mit Heaven Shall Burn zu tun? Verbringt ihr auch anderweitig Zeit miteinander?
Es gibt zwar kleinere Sprachschwierigkeiten, aber wir lieben die Jungs einfach. Es hat sich 2005 bei der „Hell on Earth“-Tour eine tolle Freundschaft entwickelt, weil wir jeden einzelnen sehr schätzen. Sie sind ziemlich klug, moralisch, bewusst und gute Menschen, daher respektieren wir sie ganz einfach. Und wir haben einen Heidenspaß, mit ihnen zu touren. Wir treffen uns natürlich dann auch nach den Shows, ab und zu versuchen sie, mir etwas Deutsch beizubringen, meistens ist es dann aber doch auf Englisch *lacht*.


Da bietet sich natürlich dann direkt an, zu fragen, welche deutschen Wörter du so kennst?
So viel eigentlich nicht. Ich kenne „vegetarisch“ „was ist los“ „alles gut?“ und eben Begrüßungen, zum Beispiel „was geht ab?“ (Anm. d. Verfassers: Auf der Show am Abend hat er sich dann natürlich nicht nehmen lassen, die Menge nochmal selbst mit „Was geht ab, Stuttgart?“ zu begrüßen). Die Leute versuchen immer, mir die verschiedensten Sachen beizubringen, aber wenn ich das nicht regelmäßig benutze, vergesse ich das sehr schnell. Ich hatte es mit Tim auch schon davon, wir waren schon so oft in Deutschland auf Tour und lieben einfach das Land und die Leute. Und es ärgert mich schon ein bisschen, dass wir jetzt schon so oft hier waren, aber keiner von uns wirklich Deutsch sprechen kann. Also versuche ich gerade selbst, so viel Deutsch zu lernen, dass es für eine kleine Unterhaltung reicht oder ich zumindest unsere deutschen Fans begrüßen kann. Vielleicht bin ich nächstes Jahr schon etwas besser *grinst*


Und was gefällt dir an Deutschland am Meisten?
Auf jeden Fall die Leute! Deutsche Fans sind einfach so loyal und enthusiastisch, wenn es um Metal geht. Auf allen Festivals in Deutschland, ob jetzt „With Full Force“, „Summerbreeze“ oder „Wacken“, da ist man dann einfach unter Menschen, die wirklich für und von der Musik leben. Und genau das finde ich toll, ich liebe die Deutschen einfach.


Was war dein schönstes Erlebnis auf dieser Tour?

Also bis jetzt war das schönste Erlebnis eigentlich in Wien. Noch kurz vor dem Auftritt hat absolut nichts funktioniert. Die Monitore sind teilweise ausgefallen, ich habe mich selbst nicht gehört und mich so oft verspielt. Aber die Jungs von der Technik haben das so schnell hinbekommen, dass direkt beim Auftritt einfach alles funktioniert hat und wir wirklich eine gute Show liefern konnten. Ich glaube das war auch wirklich etwas, an das ich mich lange und gerne zurückerinnern werde, weil ich direkt zuvor noch so gestresst war aber bei den ersten Riffs dann so befreit war und einfach alles funktioniert hat. Das war wirklich „geil“… sagt man das so? Ja? Es war „geil“ *lacht*


Wen wolltest du schon immer mal kennenlernen?
Puh, das ist echt schwer. Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe das große Glück, in dieser Band zu spielen und in meinem Leben so viele gute Musiker kennengelernt, hatte die Chance mit so vielen Bands zu touren, die ich mag und respektiere. Und dann habe ich irgendwann aufgehört, zu versuchen, jemanden besonderes zu treffen, man sagt ja auch, dass niemand so enttäuschend ist, wie die Person, die man unbedingt treffen möchte. Jetzt ist es mir eigentlich ziemlich egal. Es wäre vielleicht cool, James Hetfield mal zu treffen, weil er wirklich eine große Inspiration für uns ist. Aber davon abgesehen, jeder, der mal in einer Band gespielt hat oder spielt, die mit gefällt, hat meinen vollen Respekt und würde mich freuen, ihn zu treffen. Aber keine Schauspieler, Models oder so.


Die letzten Worte gehören dir!
Mir? Wer unser neues Album „The Powerless Rise“ noch nicht gekauft hat, dem rate ich, das nachzuholen, weil es das Album ist, auf welches wir am meisten stolz sind. Und an alle Fans, die auf unsere Konzerte kommen oder unsere Musik hören: Wir sind euch wirklich dankbar und schätzen euch, und jedes Mal, wenn wir nach Deutschland kommen, freuen wir uns total darauf, weil ihr uns jedes Mal so tolle Erfahrungen beschert.


Dann nochmal vielen, vielen Dank für deine Zeit und die ausführlichen Antworten!
Absolut kein Problem, genieß die Show!

Sascha D. (Info)
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