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Köllefornia Rising 1 - Halle am Rhein, Köln - 25.08.2018

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Köllefornia Rising, die erste, das heißt sieben Rock-Bands für kleines Geld in lauschiger Location am Rheinufer, und sollte eigentlich ein paar Nasen anlocken. Als ich leicht verspätet an der Halle am Rhein eintreffe, ist jedoch noch nicht viel los, obwohl STROMKASTEN bereits geradeaus post-rocken und ein Echo aus weiter Entfernung ruft, dass das Quartett mit dem seltsamen Bandnamen einen mehr als gefälligen Opener abgibt. Der Sound der Jungs geht jedenfalls direkt ins Ohr und macht Spaß.
SIDEWAY SPIRAL haben mir vor einem Jahr im Limes besser gefallen, denn da wirkte nicht die Hälfte der Band wie eben aus dem Bett gepurzelt, sondern etwas wacher. Am frühen Nachmittag treibt zwar Schlagzeuger Tobi seine Vorderleute mit Wucht an, doch der Funke mag weder bei denen, noch im Publikum so recht überspringen. Stoner Rock auf Valium? Da geht mehr!
Deutlich dynamischer gestaltet sich der Auftritt von PLANISPHERE, die mich zunächst mit ihren schönen wie eingängigen Melodielinien an eine schnellere Version von God Is An Astronaut erinnern. Das Quartett hat allerdings mehr zu bieten: Wendungen und Brüche, die jeden Song spannend gestalten, ohne dass die dichte Atmosphäre darunter leidet. Proggig, aber keineswegs (zu) verkopft. Ist anfangs noch im Publikum die Witzelei zu vernehmen, dass Instrumental-Rocker allesamt nur auf den Boden gucken, anstatt Kontakt zum Publikum aufzubauen, so erübrigt sich solch liebevoller Spott alsbald. Was die vier Jungs in der Folge auf der Bühne abreißen, spiegelt sich im anhaltenden Applaus auch einiger soeben neu gewonnener Fans: Das war fulminant und erinnerte vom Überraschungseffekt her sogar an das erste (legendäre) Toundra-Konzert im Vortex!
Die niederländische Hard-Rock-Combo LOOD steht danach im Grunde auf verlorenem Posten – und macht das Beste daraus: Mit ihrem staubtrockenen Straßen-Rock, Humor und Spielfreude gewinnen die vier offenbar stark aufeinander eingespielten Jungs zwar nicht den sprichwörtlichen Blumentopf, verbreiten jedoch gute Laune mit fettem Groove, kontrastreichem Gesang und ebensolchem Stage-Acting: Während der zum Reibeisen neigende Erik de Vocht den Fels in der Brandung mimt, scheint Eugene Dappers als Rumpelstilzchen eine größere Bühne zu benötigen. Die stärksten Momenten erinnern mich an die dunkle Schwere von Alice in Chains, der Bandname wiederum an die ebenfalls niederländischen Senkrechtstarter Dool – an deren Klasse reicht das Quartett bei aller Sympathie (natürlich?) nicht heran.
„Wenn dir PLANISPHERE gefallen haben, dann dürften NOORVIK auch was für dich sein“, werde ich vom fachkundigen Publikum auf eine weitere Kölner Instrumental-Band eingeschworen. Deren Ansatz ist dunkler und schwerer, und entwickelt mit gehörigem Drive eine eigene hypnotische Kraft. Weniger Prog, dafür mehr metallische Härte inklusive Doom-Anleihen. Ähnlich wie bei STROMKASTEN gilt auch hier: Die Musik gefällt auf Anhieb, macht es allerdings auch niemandem schwer, der mit Post Rock / Metal etwas anfangen kann.
Bei der Stoner-Rock-Band DRIVE BY WIRE aus den Niederlanden steht mit Sängerin Simone Holsbeek die einzige Frau am heutigen Tage auf der Bühne, was die Musikerin selbst verwundert. Mit dem neuen Album "Spellbound" hat das Quartett einige kleine Hits im Gepäck, doch wollen diese nicht so zünden, wie sich das die Band erhofft. Der Bass knarzt ganz wunderbar, die Gitarre ist zu leise, Simone lässt sich trotz zwei überschaubaren Reihen von Zuhörern die gute Laune nicht verderben, und Alwin Wubben nutzt den Raum vor der Bühne für einen Ausflug mit seiner Gitarre. Seine Verwendung einer Kölsch-Flasche zum Sliden auf dem Griffbrett dürfte als eine bemerkenswert sinnvolle Verwendung dieser sonst fragwürdigen Erfindung in die Geschichte der Do(o)mstadt eingehen. Auch bei DRIVE BY WIRE behält die Spielfreude die Oberhand, gleichwohl bereits während des Gigs klar ist: Hier wäre mehr drin gewesen.
Den aus Berlin angereisten HEAT gelingt es zum frühen Ausklang (um 22 Uhr ist Schluss mit lustig), das Publikum noch mal vor die Bühne zu locken und ihm – welch fader Wortwitz – mit seinem Siebziger-inspirierten Hard Rock einzuheizen. Selbiger wird kompetent wie engagiert dargeboten, ohne dass das Quintett mit Headliner-Qualitäten von sich reden macht. Da hätte z.B. eine Band wie Catapulco (ebenfalls aus Köln) neben einem tollen Sänger mehr Tiefgang und Abwechslung zu bieten. Trotzdem können sich HEAT über vergleichsweise großen Zuspruch freuen und beschließen die erste Ausgabe des Köllefornia Rising mit Schmackes und Spaß an der Freude.

FAZIT: Sieben spielfreudige Bands für 17 Euro, und kaum jemand kommt in die gemütliche Halle am Rhein. "Where have you been?", fragen da nicht nur DRIVE BY WIRE. Die somit fast schon familiäre Veranstaltung führte den Besuchern bei freier Sicht und gutem, manchmal basslastigen Sound vor Augen und Ohren, dass es um die Kölner Post/Prog/Stoner-Szene auf Seite der Bands keineswegs schlecht bestellt ist. Schade, dass dieser hoffnungsvolle Einblick auf der "Schäl Sick" auf so spärliche Resonanz stieß. Umso schöner, dass sich die Musiker davon nicht entmutigen ließen und es locker bis sportlich nahmen. Dass die Kölner Rock-Szene gehörige Substanz zu bieten hat, bewiesen vor allem die Tagessieger von PLANISPHERE, die hoffentlich den eingeschlagenen Weg weiter beschreiten werden.

Thor Joakimsson (Info)

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