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The Christmas Ball 2010 - Köln, Theater am Tanzbrunnen - 27.12.2010

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Christmas Ball 2010Festivals um die Weihnachtszeit herum erfreuen sich großer Beliebtheit. Kein Wunder, denn zum einen müssen die meisten zwischen Weihnachten und Neujahr eh nicht arbeiten, zum anderen hängen einem die Weihnachtslieder zum Halse raus und Körper und Geist lechzen nach den geliebten Klängen. Für jene, die es düster-gotisch bevorzugen, bieten sich 2010 die Christmas Ball-Festivals an, die in Hannover, Köln, Würzburg und Berlin stattfinden. Während als Headliner in Hannover AND ONE fungieren, sind an den anderen drei Terminen neben FADERHEAD, AGONOIZE, LAIBACH und PROJECT PITCHFORK die legendären FIELDS OF THE NEPHILIM als Hauptact mit von der Partie, so auch am 27.12. im Theater am Tanzbrunnen zu Köln.

Gut 2.000 Zuschauern bietet die runde Location Platz. So viele werden es zwar nicht sein, die an diesem eisigen Winterabend das Tanzbein schwingen wollen, das Theater ist trotzdem besser gefüllt, als zu erwarten war, schätzungsweise 1.500 Gäste wollen sich die Auftritte der fünf Bands anschauen. Auffällig ist, dass der neon-schwarze Gothic-Nachwuchs heute kaum vertreten ist, stattdessen findet man ein vergleichsweise älteres Publikum vor, das wohl die Helden der Jugend abfeiern will. Die FIELDS OF THE NEPHILIM-Fans sind dabei deutlich sichtbar in der Überzahl, man sieht aber auch viele PROJECT PITCHFORK-Shirts und manch uniformierten LAIBACH-Anhänger. In der Halle angekommen darf man zunächst einmal an den üppig ausgestatteten Merchandise-Ständen sein Weihnachtsgeld ausgeben, bevor es pünktlich um 19 Uhr auf der recht großen Bühne los geht.

FaderheadDie ist dann auch für FADERHEAD ein bisschen zu groß geraten. Der Hamburger Produzent hat sich zwar mit Marco Visconti von XP8 verstärkt und ist so in der Lage, ein bisschen mehr Action auf der Bühne zu machen, als wenn er selber an den Geräten stehen würde, doch der Funke springt noch nicht so recht auf das Publikum über. Insgesamt zehn Stücke werden gespielt und besonders bei den neueren Songs fällt auf, dass diese melodischer geworden sind und mehr Wert auf den Gesang legen, als die deutlichen club-lastigeren, älteren Stücke. Von diesen vermisst man dann auch prompt "The Protagonist" und "O/H Scavenger". Neuere Clubhits wie "Dirtygrrrls / Dirtybois" und "TZDV" ernten erwartungsgemäß den meisten Applaus, ebenfalls gut an kommen das harte "The Way To Fuck God" sowie "Destroy Improve Rebuild". Der FADERHEAD selbst ist sehr davon angetan, dass man vor deutlich mehr als 300 Zuschauern auftritt und reicht eine Flasche Wodka in der ersten Reihe herum. Zum Aufwärmen ein ganz netter Auftritt, der im Vergleich zu dem, was noch folgen soll, aber eher harmlos wirkt. In der Umbaupause wird man dann zunächst einmal mit dem besten, was der deutsche Schlager in den 60ern und 70ern zu bieten hatte, gequält - was vermutlich ein Wunsch der folgenden Band ist.

AgonoizeDas Hellectro-Trio AGONOIZE ist für seine mitunter spektakuläre Show bekannt und auch an diesem Abend hat man dem Publikum optisch so einiges zu bieten. Das fängt bei den beiden Keyboard-Ständern im Alien-Look an, geht weiter mit der guten Lichtshow und endet beim auffälligen Styling der Protagonisten. Zum nach dem Intro eröffnenden "A Cut Inside My Soul" erscheint Frontmann Chris L. in Zwangsjacke auf der Bühne und spielt auch mit seiner Mimik sehr überzeugend den Psychopathen. Befreit springt er danach zu "Schaufensterpuppenarsch" über die Bühne und beim folgenden "Bis das Blut gefriert" bringt er dann ein großes Messer mit nach vorne. Damit simuliert er dann das Aufschneiden der Pulsadern und spritzt mit einer Blutfontäne in der Gegend herum. Schön plakative Show, die GWAR und ALICE COOPER auch nicht besser hinbekommen. Musikalisch geht es mit hämmerndem und eingängigen Hellectro in Form von "Alarmstufe Rot" und "Death Murder Kill" weiter, bei letzterem kommt erneut Kunstblut zum Einsatz, es folgen "Staatsfeind" und "Bäng Bäng Goodbye". Zum Ende hin wird es anrüchiger, zunächst wird die "Femme Fatale" beschimpft, bevor man sich der "Koprolalie" widmet. Zum größten Hit seiner Band kommt der Sänger im Mantel auf die Bühne, nestelt an diesem herum um dann einen präparierten Dildo zu präsentieren, aus dem sich kurze Zeit später eine weißliche Flüssigkeit über das Publikum ergießt. Das mag man zurecht als schwer trashig empfinden, unterhaltsam ist es - wie der gesamte Auftritt - aber alle mal.

LaibachOptisch hat auch das slowenische Industrial-Kollektiv LAIBACH einiges zu bieten. Mit zwei Beamern und Leinwänden untermalt man seine Songs mit passenden Videos und Animationen und auch die Lichtshow passt perfekt zum militaristischen Auftreten der Band um Frontmann Milan Fras. Musikalisch ist man bemüht, einen Spannungsbogen zu bauen, los geht es nämlich mit eher ruhigen Stücken ("Boji", "Krvava Gruda - Plodna Zemlja"), die zunächst für eine spannungsgeladene Atmosphäre sorgen sollen, was in der Kombination von Musik und Optik auch gelingt. Die dunkle Stimmung bekommt im Verlaufe des Sets mehr Rythmus, was sich in Songs wie "America" und "Türkiye" manifestiert, bevor das Tanzbein gefordert wird. "Tanz mit Laibach", die Adaption des DAF-Klassikers "Alle gegen alle" und "Du bist unser" zeigen LAIBACH von der elektronischeren Seite und sorgen für Bewegung im weitestgehend begeisterten Publikum, bevor das Set mit "Das Spiel ist aus" passend beendet wird. 

Project PitchforkPROJECT PITCHFORK sind zwar erst die vierte Band des Abends, doch die Zeit ist schon deutlich weiter fortgeschritten, als man erwartet und so ist es weit nach 23 Uhr, als die populäre Hamburger Formation in ihr Set einsteigt, das heftig bejubelt wird. Die Lichtshow ist eines Headliners würdig und so kommt auch ein Laser zum Einsatz, der für stylische 80er-Atmosphäre sorgt. Sänger Peter Spilles präsentiert sich genauso als Aktivposten wie der fröhlich herum hüpfende Gitarrist Carsten Klatte und Keyboarder Dirk "Scheubi" Scheuber, der mit seiner Wuschelfrisur auffällt und das Publikum immer wieder anheizt und zum Mitmachen animiert. "Timekiller", der wohl größte Hit der Band folgt bereits als dritter Song nach "Conjure" und "Endless Infinity". Mit "En Garde!" und "Souls" legt man dann zwei Klassiker nach, bevor man sich mit "Beholder" erst dem neuen Album widmet, um dann mit "Human Crossing" wieder eine ältere Nummer nachzuschieben. Da man schließlich in Köln spielt, darf "Carnival" nicht fehlen, im Endspurt geht es mit "Fire & Ice" und "The Longing" zurück in die 90er, bevor "Existence" und "Rescue" das Ende eines absolut gelungenen Sets markieren, der kaum Wünsche offen lässt - auch wenn "Steelrose" und "Carrion" in der Setlist vermisst werden.

Fields Of The NephilimDie langen Umbaupausen nerven schon den ganzen Abend, die Grenze des Zumutbaren wird dann aber weit überschritten, als sich über 45 Minuten lang fast nichts auf der Bühne tut. Die Aufbauarbeiten der Crew, die befremdlicherweise aussieht, als würde sie zu einem HipHop-Act gehören, sind längst beendet, hin und wieder schlurft nochmal jemand über die Bretter, doch von den FIELDS OF THE NEPHILIM ist lange Zeit nichts zu sehen. In der Zeit hätte man übrigens auch mal noch ein paar Backdrops oder ähnliche Bühnendeko aufbauen können, was aber nicht der Fall ist. Rein optisch bekommt man so gut wie nichts geboten und auch als die Band irgendwann doch loslegt, gibt es lediglich eine passable Lichtshow, was für einen Headliner sehr mager ist. Von den ursprünglichen FIELDS OF THE NEPHILIM ist bekanntlich nur noch Mastermind Carl McCoy übrig, seine Begleitband ist indes nichts anderes, als genau dies. Wie die Ölgötzen stehen die Musiker mit ihren Sonnenbrillen auf der Bühne und bewegen sich kaum. Die komplette Show ist auf den Frontmann ausgerichtet, der mit seinem unglaublichen Charisma, diesem eiskalten Blick (trägt McCoy eigentlich Kontaktlinsen?) und seiner Grabesstimme aber eine Unmenge an Ausstrahlung hat. Da es aber wenig zu sehen geht, kann man sich ganz den Klängen widmen, die von den Musikern gut, aber nicht überragend gespielt werden, zudem ist der Sound auch nicht optimal, besonders der markante Bass ist auf der linken Seite vor der Bühne kaum zu hören. Doch genug gemeckert, denn wenn eine Band Songs wie "Preacher Man", "The Watchman", "Endemoniada", "Moonchild" "For Her Light", "Sumerland (What Dreams May Come)" und "Psychonaut" auf der Setlist stehen hat, kann ein Konzert letztlich nur großartig sein und verursacht so manche Gänsehaut. Zugaben werden natürlich auch verlangt und so gibt es zum Schluss noch "Chord Of Souls" und - überraschenderweise - "Mourning Sun" statt "Last Exit For The Lost".

Inzwischen ist es 2 Uhr morgens und so manch einer hat sich schon längst auf den Weg nach Hause gemacht. Zwar ist das Konzept, zwei "modernere" und drei "klassischere" Bands auf Festivaltour zu schicken, vom Zuschauerzuspruch her aufgegangen, doch waren die langen Umbaupausen an diesem Abend schon recht nervig. Immerhin konnten die Shows weitestgehend überzeugen, auch wenn die FIELDS OF THE NEPHILIM vielleicht doch ein wenig mehr Wert auf die Optik bei ihren Auftritten legen sollten.

Andreas Schulz (Info)

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