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Nucleus Torn: Nihil (Review)

Artist:

Nucleus Torn

Nucleus Torn: Nihil
Album:

Nihil

Medium: CD
Stil:

Folk / Progressive Rock / Klassik / Metal

Label: Prophecy
Spieldauer: 37:06
Erschienen: 2006
Website: [Link]

Es gibt sie doch, die kleinen Gesamtkunstwerke, bei denen Originalität der Verpackung und Einzigartigkeit des musikalischen Stils eine faszinierende Einheit bilden. Das Cover mag auf den ersten Blick unspektakulär anmuten, vor allem auf den kleinen Vorschaubildchen, die im Internet zu sehen sind. Aber vor allem die auf 500 Exemplare limitierte Erstauflage von „Nihil“ hat es in sich: Ein DIN A5 Digibook in einem schwarzen Umschlag mit verstörend dunklen Naturfotografien bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Die Neuauflage bei Prophecy ist immer noch ansehnlich – auf den schwarzen Umschlag und einige Fotografien muß aber leider verzichtet werden.

Doch auf welch Tonkunst läßt dies dunkle Design schließen? Die Erwartungshaltung pendelt sich gänzlich unwillkürlich in Richtung rumpelnden Black Metals minimalistischer Ausprägung aus, doch weit gefehlt, der Sound der sieben Musiker des schweizer Ensembles lotet auf „Nihil“ die Grenzen allgemeinen Stil-Crossovers konsequent aus, überschreitet dabei Üblichkeiten der Prog-Szene weitgreifend und macht dabei so manch faszinierende Entdeckung im windtosenden Erfahrungsraum schneebedeckter Gipfelweiten und nebelkühler Waldestiefe.

Doch der Reihe nach. „Glass Spirit“ klingt wie eine von Klavier und akustischen Gitarren vorgetragene Volksweise mit ungewöhnlich dunkel-wehmütiger Note – Streicher und Flöten unterstützen den Folkanstrich, der klare, weibliche Gesang ist bar jeder Süßlichkeit und dabei klischeefrei melodisch. Minimalistisch endet der Song mit hallenden Klavieranschlägen.

„Traveller´s Rest“ reizt den Folkansatz weiter aus. Flöte und Akustische klingen warm und voll aus den Lautsprechern. Der Gesang, diesmal männlich, verfolgt den Ansatz melodisch erzählender Wehmut weiter – dann ein Bruch: Verstörende Kälte strömt ein, die elektrischen Gitarren machen Druck, dann bricht die angestaute Aggression in sich zusammen, Gitarre und vereinzelte Klaviertöne zaubern Atmosphäre, der Gesang wird dunkler, ein kleines bißchen gothiclastig. Die Anzahl der Stimmungen fasziniert – was allerdings noch mehr beeindruckt, ist die Tatsache, daß der Song wie aus einem Guss klingt, hier ist nichts aufgesetzt, nichts verkommt zu eitlen Stilübungen versierter Musiker.

Nach einem kühlen Klavierinstrumentalstück markiert „Summer Bled“ den Schwerpunkt des Albums - „schwer“ im Sinne von schwerverdaulich. Dröhnend, manchmal atonal, in der Struktur schwer greifbar kontrastieren hier lärmende Gitarren Flötenklänge und kratzende Streicher. Bestimmt kein typischer Anspieltip. Da klingt das kurze „Close“ fast wie heilende Labsal nach überstandener Seelenqual: Keine Instrumente, nur Maria D´Alessandros reiner Gesang leichter van Giersbergen Prägung.

Kammermusikalisch bis folkloristisch geht es weiter mit „The Sunclad“, viel verspieltes Klavier, ziehende Streicher und heller weiblicher Gesang auf der Gratwanderung zwischen Eingängigkeit und kreativen Tonfolgen. Reiner heile Welt Schönklang ist das ganz und gar nicht: Hinter jeder NUCLEUS TORN Komposition lauert Abgründigkeit und Düsternis, niemals vordergründig, immer spürbar.

Mit „Peregrina Sublime“ steht ein absolutes Highlight am Ende des mit nichtmal 38 Minuten eher kurzen Albums. Die verzerrten Gitarren klingen nach erhaben-epischer OPETH Melodiösität. Einige morbide Streicherklänge erinnern an die Cello-Progger APOKATASTASIA und laden zum Hexentanz auf bemoosten Steinen ein, der männliche Gesang schwelgt in melancholischer Ungetrostheit, steigert sich kurz zu aggressivem Extrem-Metal-Gebrüll… dann bricht der Horizont auf und der Blick wird frei auf ein von Gitarrentremolos getragenes, dramatisches Bergpanorama (wer in diese herrliche Liedkunst hineinlauschen möchte, kann von diesem Song einen fünfminütigen Ausschnitt auf der Bandwebsite herunterladen).

FAZIT: Neuartig, spannend, dunkel, melodisch, facettenreich, kaum zu kategorisieren. Absolut empfehlenswert für Neuentdecker und solche, die es werden wollen.

Nils Herzog (Info) (Review 4733x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Glass Spirit
  • Traveller´s Rest
  • Night´s Grace
  • Summer Bled
  • Close
  • The Sunclad
  • Peregrina Sublime

Besetzung:

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