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Dredg: Chuckles And Mr. Squeezy (Review)

Artist:

Dredg

Dredg: Chuckles And Mr. Squeezy
Album:

Chuckles And Mr. Squeezy

Medium: CD
Stil:

Art Pop

Label: Universal / Vertigo
Spieldauer: 41:30
Erschienen: 25.04.2011
Website: [Link]

Im Sinne ihres Erfinders agieren Smileys längst nicht mehr. Recht so! Was will man auch in der Kunst mit unschuldigen, reinen Geschöpfen anfangen, die nichts als aufrichtigen Frohsinn im Kopf haben? Inzwischen besaufen sie sich im Namen von NIRVANA, werden für die "Watchmen" mit Blut besudelt, ja selbst BON JOVI lässt sie frech von seinen Covern zwinkern. Kein mechanisches Wacka-Wacka-Punktefressen mehr – Mr. Pacman muss sich jetzt mit seinem Status als Ikone der Postmoderne abfinden.

Genau das bleibt der allerletzte Strohhalm, an den man sich klammern kann, wenn man DREDG mal gut fand und nun auf "Chuckles & Mr. Squeezy" stößt. Das muss doch ein Irrtum sein, ein schlechter Scherz, ein doppelbödiges Spiel mit den Fans und der Musikindustrie, ein ironisches Medley, bevor die Erschaffer des Meisterwerkes "El Cielo" in Kürze mit einem neuerlichen Geniestreich alle überrumpeln…? Dieser blöde Titel, dieses blöde Cover – kommt schon, Leute, das ist doch ein Witz, oder?

Der fertigen Platte nach zu urteilen, ein Ersteindruck: kein Witz, nein. Ach ja, der Grund für die verspätete Rezension? Ich habe einige Tage lang im katatonischen Zustand vor meinem Rechner gesessen, während "Chuckles" in Dauerrotation lief, mein Gesicht ein neuerliches postmodernes Smiley, eines des Entsetzens nämlich. DREDG stehen für das Ausheben von Tümpeln und die Erkundung neuer Gebiete, nur diesmal wurde unter Mithilfe der Hebamme Dan The Automator wohl zu tief in der Nase gebohrt und der Temporallappen zum Vorschein gebracht, denn obwohl schon "Catch Without Arms" und "The Pariah, The Parrot, The Delusion" offensichtliche Pop-Bekenntnisse aufwiesen: Der Hip Pop von "Chuckles" ist nicht nur beispiellos, er hat praktisch jeden Bezug zu den Vorgängerplatten gekappt.

Die Künstlichkeit der Loops und Beats aus dem Rechenkasten macht aus der fünften DREDG ein synthetisches, gleichwohl erstaunlich schnell vorübergehendes Leiden, das jeder progressiven Rockband, die über Hip-Hop-Einflüsse nachdenkt, Angst und Bange machen sollte. Unterstützt wird der Gleichklang durch Gavin Hayes' arg dünn gewordene und in den Hintergrund gerückte Stimme, konterkariert wird er mit allerhand exotischen Instrumenten (auf "The Ornament" ertönt eine jazzige Trompete) und Einflüssen, die dem Popgemisch den Titel "Art" sichern.

Genau zwei Songs erinnern an die alten DREDG: "Upon Returning" mit einer der letzten Gitarrenhooks und "The Thought Of Losing You" mit seinem typischen Refrain; wenngleich die "El Cielo"-Zeiten, ganz zu schweigen von den "Leitmotif"-Zeiten, auf ewig unter den Sanddünen verborgen sind und eher das letzte Album zitiert wird. Beim Rest blitzt allenfalls immer mal wieder etwas DREDGiges durch wie die kleine Regan aus dem besessenen Kind in "Der Exorzist", wird ansonsten aber von der dünnen Leere des Albums hinfort getragen. Das an Evangelisten-Gemeinschaftszirkel erinnernde Akustikgitarrenstück "Kalathat" und das gar mit Schlagerelementen kokettierende "Where I'll End Up" blasen den Erschrockenheits-Smiley zur Karikatur auf. Die Rumba-Rhythmik des Closers "Before It Began" mag ihn bei Ungeduldigen dann platzen lassen.

So macht sich "Chuckles" beständig ans Werk, das schlechteste Album 2011 einer eigentlich sehr guten Band zu werden, doch gerade die aus allen Poren triefende Entsetzlichkeit gereicht dem Album irgendwie doch noch zum Vorteil: Fühlt man sich bei der Kitschigkeit von "Where I'll End Up" nicht zumindest ein wenig an James Hurleys Doppelbodenromantikperformance "Just You And I" aus David Lynchs "Twin Peaks" erinnert? Ist hinter der offensichtlichen Lächerlichkeit des gezogenen Zahnfleischblutergrinsens von Mr. Squeezy nicht doch ein geistreicher Kommentar zum gesellschaftlichen Zwang zur Fröhlichkeit verborgen?

FAZIT: Es ist "Chuckles & Mr. Squeezy" zuzutrauen, mit der Zeit zu einem echten Kultalbum zu werden. DREDG haben nicht bloß einen Kurswechsel vollzogen, sie haben die hinteren Waggons abgekoppelt und die Schienen des guten Geschmacks aufgrund der neu gefundenen Leichtigkeit scheinbar unwiderruflich verlassen. Musikalisch artet das in einem Desaster allererster Güte aus, voller Computersynthetik, Joghurt-Ästhetik und Geschmacksverirrungen. Jedoch evozieren DREDG ein ganz besonderes Trash-Feeling, das bei derart seriöser Musik selten ist. Der Film hat dafür Kandidaten wie John Waters und Russ Meyer; schön, dass DREDG die Welt der Musik mit einer neuen Facette bereichern. 13 Punkte für den Schockfaktor, fünf bleiben angesichts der indiskutablen Qualität der meisten Songs übrig.

Sascha Ganser (Info) (Review 7153x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 5 von 15 Punkten [?]
5 Punkte
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Tracklist:
  • Another Tribe
  • Upon Returning
  • The Tent
  • Sombody Is Laughing
  • Down Without A Fight
  • The Ornament
  • The Thought Of Losing You
  • Kalathat
  • Sun Goes Down
  • Where I'll End Up
  • Before It Began

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Tom
gepostet am: 06.05.2011

User-Wertung:
15 Punkte

Echt tolles Album !
Ich finde es cool wenn die Band sich einmal etwas neues traut.
Allein der Opener geht SOFORT ins Ohr.
Kann mich nicht satt hören.
Mathias
gepostet am: 06.05.2011

Ich gebe Sascha Recht. Ich liebe alle bisherigen Dredg Alben, aber den momentanen Weg werde ich nicht mitgehen. Man muss nicht alles gut finden nur weil es unter dem Banner der "Weiterentwicklung" und "Kunst" geschieht - dafür ist die Qualität in Bezug auf Komposition und Instrumentierung zu eindeutig schlechter geworden. Ich wippe auch bei manchen Songs dieser Platte ium Auto mit, aber das tue ich auch bei den Gypsy Kings.
Jochen [musikreviews.de]
gepostet am: 07.05.2011

Ich finde, DREDG haben viel Humor und spielen unveröffentlichte Songs von A-HA nach. Im Gewand der 80er, bestimmt für fortschrittliche Tanzschulen (also jenseits von Foxtrott zu HARPOs "Moviestar"). Gefällt mir.
Man hätte allerdings publik machen sollen, dass die Band namens DREDG durch eine Doublette von einem ganz anderen Planeten ersetzt worden ist.
Sascha [Musikreviews.de]
gepostet am: 07.05.2011

Ich will doch mal schwer hoffen, dass die Herren hier Humor bewiesen haben, sonst wäre das ein ziemliches Armutszeugnis. Aber so bleibt, wie gesagt, der Doppelbödigkeitsfaktor bestehen, der aus dem ganzen Schlamassel eben doch noch irgendwie eine richtige Trashgranate macht. Man muss sich trotzdem eben mal die klaffende Schlucht vor Augen führen, die zwischen der ausgeklügelten Raffinesse von "El Cielo" und dem kindlich-naiven Experimentalismus von "Chuckles" steckt - das sind schon ganz andere Welten des Niveaus.
Assaulter
gepostet am: 08.05.2011

Die lächerlichste Bewertung die hier je abgegeben wurde. 0/15 für den Rezensenten...
@ Assaulter
gepostet am: 08.05.2011

User-Wertung:
3 Punkte

Weil er zu viele Punkte vergeben hat?

Dredg sind tot.

2009 haben sie sich mit gefährlichen, so genannten PPD-Erregern infiziert und sind nun 2011 nach einem knapp 42-minütigen Kampf (der selbst kaum mehr als ein letztes Aufbäumen beinhaltete) verstorben.
Mathias
gepostet am: 08.05.2011

User-Wertung:
5 Punkte

Trashgranate
Udo
gepostet am: 13.05.2011

User-Wertung:
4 Punkte

Moin Sascha! Vorab ein Lob, denn du packst ziemlich klar die Tatsachen auf den Tisch, was ich persönlich sehr gut finde. Ich bin ein großer Dredg- Fan und ein Freund der Alben "Catch Without Arms" und "The Pariah, The Parrot, The Delusion", natürlich nebst dem großartigen "El Cielo", kann aber ganz klar sagen, dass ich dem Geld, welches ich leider für Chuckles rausgeworfen habe, immer noch nachweine. Eigentlich mag ich Veränderung und Mut zu Experimenten, gerne auch ganz schräger und abgefahrener Natur, aber DAS hier ist leider einfach nur daneben. Es gibt nun einmal auch sehr gut gemeinte aber ziemlich miserable Witze und genau so mutet dieses Album an. Für die Kohle wäre definitiv ein weit besseres Album einer (hetzutage) besseren Band drin' gewesen...
Thoralf Koß (musikreviews.de)
gepostet am: 26.08.2011

User-Wertung:
2 Punkte

Schlimmer geht's nimmer!
Das einzig wirklich Beeindruckende an diesem grottenschlechten Album ist die Produktion.
Allerdings gefällt mir persönlich das Cover auch ausgezeichnet!
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 27.08.2011

Ich neige inzwischen auch deutlich zu noch weniger Punkten - seit der Kritik hab ich nochmal drei, vier Anläufe gewagt und es war irgendwie... ja... entsetzlich. Noch immer.
Thoralf Koß (musikreviews.de)
gepostet am: 27.08.2011

Also ich habe mir wirklich nur wegen dem Cover das Album als Doppel-LP mit Lila-Vinyl gekauft. Die CD gab's mit dazu, aber als ich sie dann gestern im Auto zum wohl dritten oder vierten Mal hörte, habe ich mich die ganze Zeit nur mit der einen Frage beschäftigt: "Was fällt eigentlich einer Band ein, ihre bis dato Anhänger mit einem Album dermaßen zu verarschen?"
Diese Musik ist nicht nur ein Tritt ins Gemächt, sondern pures Rüher-Ei!
Auch denke ich, dass DREDG den Schaden, den sie mit der Scheibe angerichtet haben, nicht wiedergutmachen können!
Udo
gepostet am: 27.08.2011

User-Wertung:
3 Punkte

Ohja, auch nach mehrmaligem Durchhören bleibt es, wie es ist: Das Album ist wirklich grausam und ich gebe meinem Vorredner recht: Der Schaden ist schwer wieder gutzumachen!!! Ergo: Habe Album abzugeben, interessenten können sich gerne melden! ;)
Malaclypse
gepostet am: 16.12.2012

Da kommt sicherlich 2013 ein mördermäßig geniales Album, dass sich slebst mit deftones starkem Koi No Yokan messen kann und u.U. gar El Cielo in die Schranken verweisen wird. Chuckles ist ein riesiger Witz, ein bisschen Op Mindfuck zur Zerstörung der Erwartungen, um dann mit dem Hauptgericht alles in den Schatten zu stellen...
Anders ist dieser Release nicht zu ertragen.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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