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Svavar Knutur: Kvöldvaka – Songs By The Fire“ (Review)

Artist:

Svavar Knutur

Svavar Knutur: Kvöldvaka – Songs By The Fire“
Album:

Kvöldvaka – Songs By The Fire“

Medium: CD
Stil:

Traurige Musik für wundervolle Abende am Lagerfeuer

Label: Beste! Unterhaltung
Spieldauer: 50:05
Erschienen: 28.09.2009
Website: [Link]

Hallo liebe Leipziger!
Einiges, was ihr in dieser Kritik lesen werdet, wird euch sicherlich nicht gefallen, denn der hier vorgestellte isländische Musiker hegt für eure Stadt nicht gerade die größten Sympathien und hat das sogar vertont. Seine Erlebnisse in dieser, aus meiner Sicht trotzdem tollen Stadt waren allerdings nicht die besten. Da sieht man mal, wie schnell es gehen kann, wenn seltsame Leipziger Käuze und ein paar Polizisten durch ihr „typisch deutsches“ Verhalten einem isländischen Musiker gegenüber dessen Blick auf unsere Heldenstadt so ernsthaft trüben können. Also: „Let's get fucked up in Leipzig on a sunday night / let's get into a fight with Der Polizei.“ Au weia, dieser SVAVAR KNÚTUR muss ein ziemlich aggressiver Typ sein – der macht bestimmt Punk oder Metal...

Irrtum – Knútur ist ein Multiinstrumentalist mit akustischer Gitarre, Ukulele, Melodica, singender Säge und nicht sägendem, sondern kristallklarem Gesang! Er liebt die Melancholie genauso wie humorvolle, beschwingte Töne und seine Texte sind schon eine Nummer für sich. Denn hier kommt nicht nur der Lyriker, sondern zugleich auch der romantische Satiriker oder satirische Romantiker zu Wort, der seine Botschaften einem wie die Faust ins Gesicht feuert oder sie hinter scheinbarer Natur- und Liebeslyrik versteckt, in der aber immer ein bedrohlicher oder sarkastischer Unterton schlummert. Der Mann ist in Island bekannt wie ein bunter Hund, während er in Deutschland wohl eher den Bekanntheitsgrad eines Backpfeifengesichts hat, das mitunter zur falschen Zeit am falschen Ort auftaucht, z.B. in Leipzig. Doch keine Angst – das „Leipziger Missverständnis“ wird hier noch aufgeklärt.

„Clementine“ eröffnet das Album mit Ukulele, weinerlichem Gesang und einem weiblichen Hintergrundchor, der dieser traurigen Stimmung eine besondere Note verleiht. Schließlich ist dieses Lied eine Entschuldigung an die Geliebte, die von ihrem Liebhaber verletzt wurde. Und diese „verletzliche“ Stimmung setzt sich auch in den folgenden Songs fort, deren besonderer Reiz mitunter darin liegt, dass einige von ihnen sogar in Knúturs Muttersprache intoniert werden.

Spätestens nach der ersten Hälfte von „Kvöldvaka“ hat sich SVAVAR KNÚTUR in das Herz eines jeden Romantikers, Träumers, „weltfremden Spinners“ oder Trauerkloßes gespielt. Leute, in deren Plattenschränken die Alben von LEONARD COHEN, NICK DRAKE, DAMIEN RICE, WILLIAM FITZSIMMONS, BON IVER, ANGUS & JULIA STONE oder BONNIE „PRINCE“ BILLY stehen. Die Stärke dieser Songs liegt in ihrer Einfachheit und Stille, im Gefühl für die ruhigen Momente des sonst so hektischen Alltags. Die Schwäche der Songs liegt genau auf der gleichen Ebene wie die Stärken. Auf die Dauer macht sich beim Hören der Wunsch breit, dass ab und zu mal ein bisschen mehr passiert. Doch die einzigen Überraschungen bleiben mal ein auftauchendes Cello oder der Einsatz der singenden Säge und natürlich der stimmungsvolle, fast als radikal zu bezeichnende, musikalische Wechsel beim letzten Song „Leipzig“.

Damit wären wir dann auch schon bei des Leipziger Rätsels Lösung!

SVAVAR KNÚTUR tourte schon des Öfteren durch Deutschland, wobei er auch mehrmals in Leipzig Station machte. Ein Erlebnis dort, das er auch gerne immer wieder bei seinen Konzerten zum Besten gibt, blieb ihm unvergessen. Bei einem seiner ersten Konzerte außerhalb Islands, das ihn in besagte – oder besser besungene – Heldenstadt führte, durfte er in einer kleineren Leipziger Kneipe auftreten. Erfreut beobachtete er, dass sich der eine dörfliche Atmosphäre ausstrahlende Saal langsam, aber sicher mit immer mehr Leuten füllte. Erfreut betrat er dann kurz nach 20 Uhr die Bühne – doch die Leute gaben ihm zu verstehen, dass er verschwinden solle und als er dies nicht tat, verschwanden sie eben selber. Sie waren nämlich nicht wegen Svavar gekommen, sondern wegen dem „Tatort“, den sie dort jeden Sonntag auf der großen Leinwand verfolgten. Knútur aber hatte sich direkt vor die riesige Leinwand gestellt und zu musizieren begonnen, obwohl die Leute nur ihren sonntäglichen „Tatort“ sehen wollten. Erbost verließen viele der „kunstbanauselnden Krimi-Fans“ ihre Leipziger Kneipe und ließen einen verstörten isländischen Musiker „am Tatort“ zurück. Dafür aber wurden sie mit folgender Zeile verewigt: „Let's get fucked up Leipzig, it's the best place to be, well pee on a tree and everybody sings.“ Fast ein wenig versöhnlich wirkt da schon, dass auch die Hamburger samt ihrer Reeperbahn („Let's get hammered in Hamburg - Saturday nights are for pussies / Pussies like you!“) im gleichen Song ihr Fett wegbekommen. Allerdings werde ich demnächst mal in Leipzig in Angriff nehmen, in aller Öffentlichkeit, laut singend, an einen Baum zu pinkeln und mich bei Ärger mit der Polizei einfach auf SVAVAR KNÚTUR berufen. Vielleicht unterstützt er mich ja persönlich beim Pinkeln, wenn er am 5. Oktober 2011 im Leipziger „Haus des Buches“ auftritt. Schön wär's!

FAZIT: „Kvöldvaka“ heißt übersetzt „Lagerfeuer-Lieder“. Genau damit haben wir es auch auf dem sehr ruhigen, aber mitunter textlich recht bissigen Album des Isländers zu tun. Ideale Musik für Spätsommerabende am Lagerfeuer, das umgeben ist von einem Haufen romantischer Musikliebhaber mit einer Leidenschaft für's Traurigsein. Dazu singt SVAVAR KNÚTUR seine Lieder und macht seine Zuhörer glücklich, so glücklich, dass es beinahe anstrengend ist, die eigene, ein wenig abhanden gekommene Traurigkeit weiter zur Schau zu tragen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3685x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Clementine
  • Dansa
  • Emotional Anorexic
  • Ease Your Mind
  • It's Your Life
  • Tiger And Bear
  • Undir birkitré ?
  • Hverjum hefði getað dottið í hug ?
  • Draumveran
  • Yfir hóla og yfir hæðir ?
  • Leipzig

Besetzung:

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