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Anathema: Distant Satellites (Review)

Artist:

Anathema

Anathema: Distant Satellites
Album:

Distant Satellites

Medium: CD
Stil:

Weather Systems 2 im progressiven Charts-Rock

Label: kScope
Spieldauer: 56:44
Erschienen: 06.06.2014
Website: [Link]

Zum Glück gibt es bereits so ein schönes, zusammengesetztes Adjektiv, das, wäre es nicht schon existent, für dieses Album von ANATHEMA erfunden werden müsste: melodramatisch!

Auf „Distant Satellites“ vereinen sich traurige Melodien, um kleine Dramen, die vordergründig tragisch enden, erklingen zu lassen. Wer würde heutzutage noch glauben, dass diese britische Band ursprünglich mal aus dem hart rockenden Gothic-Metal kam? Wohl keiner mehr aus der Headbanger-Fraktion, der heutzutage noch von sich behauptet, Eier in der Hose zu haben, denn die werden von ANATHEMA gehörig weich gekocht. Natürlich ist diese Tatsache garantiert kein Kains-Mal, genauso wenig wie eine weitere Tatsache, nämlich dass wohl durch den PORCUPINE-TREE-WILSON dieser radikale musikalische Wechsel erst in solcher Form zustande kam.

Nun allerdings müssen sich ANATHEMA eben an dieser progressiven Stachelschwein-Musik messen lassen und fallen dabei leider recht deutlich zurück. Stachlig ist nicht mehr viel, eher ziemlich stumpf und einfallslos. Denn „Distant Satellites“ ist nichts Anderes als eine recht ähnliche Kopie des Vorgängers „Weather Systems“, angereichert mit deutlich mehr Elektronik und einem bombastischen Streicher-Sammelsurium. Natürlich war das Vorgänger-Album das erfolgreichste in der deutschen Charts-Geschichte von ANATHEMA - nämlich Platz 14 - aber sollte man es deshalb einfach nur wiederholen? Sich auf Bewährtes verlassen und im bereits gebauten Nest erneut niederlassen? Auch bin ich meinem Musikreviews-Kollegen Markus sehr dankbar, dass er mir genau die gleichen Eindrücke zu den „Distant Satellites“, welche durch die „Weather Systems“ sausen, bestätigte. Er spricht sogar von „Weather Systems 2.0“, womit er uneingeschränkt Recht hat.

ANATHEMA sind an einem Punkt angekommen, an dem sich für sie die Frage stellt: Wo geht unsere musikalische Reise hin? „Distant Satellites“ gibt darauf die Antwort: Auf die bewährte und bisher erfolgreichste Musik-Umlaufbahn, die sogar Türen zu den Charts öffnet!

Und damit wäre ich noch einmal bei Kollegen Markus, der seine Eindrücke so formuliert: „Im gleichen Stil eröffnet man das Album mit Part 1 & Part 2, wobei mit exakt gleicher Dramaturgie in Teil 1 zunächst der männliche Gesang zum Einsatz kommt und in Teil 2 die weiblichen Vocals zum Tragen kommen.. Daher erscheint es auch konsequent, dass mit ‚You‘re Not Alone‘ oder auch ‚Distant Satellites‘ auch wieder elektronische Bestandteile ihren Weg in den Sound der Band finden, die mir spontan als Parallele zu ‚The Storm Before The Calm‘ des Vorgängeralbums erscheinen.“

Genau das gleiche Empfinden habe auch ich, nur während mir gerade diese Form des musikalischen Eigen-Recyclings nicht zusagt, genauso wenig wie bereits PINK FLOYD mit ihrem „Wir-können-noch-wie-früher“-Album „The Division Bell“, das ich grausig fand, da ihm die Ideen für Neues abhanden gekommen waren. Gleiches gilt diesmal leider auch für das aktuelle ANATHEMA-Album, das nichtsdestotrotz alle, die „Weather Systems“ mochten und darauf hofften, dass die nächste Scheibe in ähnlichem Fahrwasser daherkommen würde, glücklich machen wird. Einer aber, der sich nach Veränderungen und Brüchen zu bereits vergangenen Alben sehnt, der wird sich enttäuscht von diesem Déjà-vu-Album abwenden und darüber nachgrübeln, ob er bei solchem Dream-Pop, Trip-Hop, aber auch Post-Rock und Electronica voller Traurigkeit nicht vielleicht doch wieder seine ELBOW-CDs oder TALK TALKs „Laughing Stock“ hervorkramen sollte.

So gut „Distant Satellites“ auch sound- und musiktechnisch klingen mag, kompositorisch ist dies nur der zweite Aufguss.

Was also bleibt von „Distant Satellites“?

Erinnerungen pur, die sich über gut 40 Minuten dahinziehen und zehn Minuten Hoffnung, die zwei Namen trägt: „Firelight“, ein extrem elektronisches Mini-Epos, das nach ganz frühen „Alpha Centauri“-TANGERINE DREAM klingt und das Titelstück, welches mit etwas über 8 Minuten nicht nur das längste, sondern auch das beste dieses 2014er Outputs ist, weil es tatsächlich Trip- & Dub-Hop und hymnischen Gesang mit elektronischen Klanglandschaften und am Ende überbordenden progressiven Rock mit flirrendem Krautrock präsentiert. Und dann wäre da noch ein Ausbrecher, aber nicht Ausrutscher, mit „You‘re Not Alone“, der in faszinierender Weise der „Red“-Phase von KING CRIMSON gedenkt.

„Take Shelter“ beschert uns dann allen einen bedrückend-schönen Abgang mit Gesängen, die konsequent abwechselnd mal von rechts und dann wiederum von links in unser Ohr kriechen, um am Ende mit schwermütigen Streichern und einem Feuerzeug-in-der-Luft-schwenken-Gefühl den finalen Abgang einzuläuten.

FAZIT: Ein Album, das definitiv keinen Wendepunkt in der Ära ANATHEMA darstellt, sondern höchstens nach einem überraschend erfolgreichen Vorgänger der in logischer Konsequenz schnell nachgeschobene Nachfolger geworden ist, welcher noch etwas von den Vorgänger-Lorbeeren abbekommen soll. Markus war damit relativ zufrieden und hätte zwischen 11 und 12 Punkten verteilt - ich bin weniger überzeugt und würde zwischen 8 und 9 Punkten plädieren. Was am Ende rein mathematisch dabei herauskommt, ist klar - zumindest für jeden, der rechnen kann, auch wenn das, was ihm seine Ohren verraten, wohl für uns ein Geheimnis bleiben wird.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 8726x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 10 von 15 Punkten [?]
10 Punkte
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Tracklist:
  • The Lost Song - Part 1
  • The Lost Song - Part 2
  • Dusk (Dark Is Decending)
  • Ariel
  • The Lost Song - Part 3
  • Anathema
  • You're Not Alone
  • Firelight
  • Distant Satellites
  • Take Shelter

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
Kommentare
Mathias
gepostet am: 03.06.2014

Na da bin ich mal gespannt. Die vielen Streicher mochte ich schon auf dem Vorgänger nicht.
Lionheart
gepostet am: 05.06.2014

User-Wertung:
12 Punkte

Also der erste Eindruck ist richtig gut, wenn man den den aktuellen Stil mag' ... also Streicher & so ;)

Am Ende auf hohem Niveau relativ genau was ich mir von Anathema aktuell erwartet habe, ohne große Überraschungen.
Bin gespannt wie die langfristige Wirkung sein wird, der Vorgänger ist einer meiner Lieblinge aus den letzten Jahren.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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