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Michael Brückner & Cilia Di Ponte: Twenty-Five Light Years (Review)

Artist:

Michael Brückner & Cilia Di Ponte

Michael Brückner & Cilia Di Ponte: Twenty-Five Light Years
Album:

Twenty-Five Light Years

Medium: CD/Download/Do-CD
Stil:

Berliner-Schule-Electronics, Progressive Rock

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 155:07
Erschienen: 25.02.2022
Website: [Link]

Eine Musikerin + Ein Musiker = Zwei Musiker = Zwei Aliens = Zwei CD's = Zwei unterschiedliche Eindrücke, die beide trotzdem bei jedem Hörer, der elektronische Musik und exquisiten (manchmal gewöhnungsbedürftigen) Gesang mag, ein wunderbares, sehr angenehmes Gefühl hinterlassen sollten. Und man muss deswegen nicht großartig in Literatur-Geschichte und der Romantik geschult sein, genauso wenig wie in Science-Fiction-Filmkunst (denn das Cover ruft ein wenig im ROGER DEAN- gepaart mit H.R.GIGER-Stil utopische Fiktionen hervor, während es im Inneren mit dem Gedicht „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“ von Novalis mitten ins Jahr 1852 der sich aus der Moderne zurückziehenden Romantiker geht!)

Da der Name NOVALIS und auch sein Gedicht „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“ längst vergeben sind, allerdings an die deutschen Krautrocker, die auch mal Schmetterlinge lachen hören und sich fragen, ob sie vielleicht ein Clown sind, ist dieser Hintergrund bei MICHAEL BRÜCKNER & CILIA DI PONTE reines, im Laufe des Albums aber vokal aufgegriffenes Zierwerk, ganz im Gegensatz zur elektronischen Musik der besten Berliner Schule – womit also klar ist, dass hier Erinnerungen an TANGERINE DREAM oder ASHRA TEMPEL und KLAUS SCHULZE aufkommen – die auf „Twenty-Five Light Years“ garantiert alle elektronikverwöhnten Ohren umschmeichelt. Hier und da werden auch die Freunde eines JEAN-MICHEL JARRE oder KITARO von Brückner verwöhnt, dessen Musik man anmerkt, mit welcher Leidenschaft er die Tasten drückt und Knöpfchen dreht und dabei immer wieder Klangwelten schafft, die zwar bereits von anderen Elektronik-Königen regiert werden, aber sich nicht in Unterwerfung hingeben, sondern vor so einigen spannenden und guten Brückner-Einfällen strotzen.

In den Gesangspassagen von CILIA DI PONTE, die sich durchaus auch in Arien-Sphären erheben können, werden wir zudem an den kürzlich verstorbenen KLAUS SCHULZE und sein Gemeinschaftswerk mit der DEAD CAN DANCE-Sängerin LISA GERRARD erinnert. Und CILIA DI PONTE ist an vielen vokalen Stellen des Albums, welches gleich mit dem großartigen „A Farewell To Distant Friends“ beginnt, das wie eine Kombination aus Schulzes „Dune“, nur statt mit brownschen mir gerrardschen Gesang, und einem Hang zu den frühen, finsteren ENIGMA-Zeiten klingt, eine wahrhafte Bereicherung. Schon hier macht Brückner klar, wo sich der Spreu vom Weizen der Berliner Schule trennt – und dass Brückner zum elektromusikalischen 'Weizen' gehört.

Brückner und di Ponte arbeiten schon seit mehr als 25 Jahren zusammen (Ah, jetzt wird auch klar, was hinter dem Albumtitel steckt!), doch viel veröffentlicht haben sie noch nicht gemeinsam. Höchste Zeit also für „Twenty-Five Light Years“, eine zweigeteilte Doppel-CD mit jeweils fast 80 Minuten Spielzeit pro CD, wobei die erste CD das offizielle Album enthält und die zweite Aufnahmen der beiden beinhaltet, die in der düsteren Lockdown-Zeit entstanden. Ach ja – und keine Angst oder gespieltes Entsetzen: Die beiden haben sich nicht heimlich während des Lockdowns zusammengetan, sondern sind verheiratet und dass (Die Quelle dieser Aussage ist absolut sicher!) seit bereits 25 Jahren (Ein weiterer Hinweis zum Albumtitel des silberhochzeitigen Musiker-Paares!). Und dass diese Ehe so feine elektro-musikalische Früchte schlägt, die gerade besonders in solchen Ausnahmezeiten zustande kommen, ist jedenfalls ein richtig guter Nebeneffekt – denn diese „Lockdown Sessions“ sind nicht etwa so ein bisschen aus Langeweile dahingestümperte Aufnahmen, sondern halten geschickt auch die Qualität aufrecht, welche auf der ersten CD durchgängig zur Bereicherung der 'Berliner Schule' beiträgt.

Allerdings zieht sich die eine oder andere Aufnahme mitunter doch arg in die Länge und erschöpft sich in sich wiederholenden Rhythmusstrukturen, was wahrscheinlich Freude beim Einspielen, aber nicht ausschließlich beim Hören bereitet. Bei dem von JEAN-MICHEL JARRE geprägten „Are You Ready For Fly (Instrumental Version)“ ist das beispielsweise in keiner Weise der Fall, denn hier wird mit ganz unterschiedlichen Stimmungen – ähnlich wie bei „Oxygene“ – gespielt. Klar, dass man solche Abwechslung im elektronischen Kosmos, der sich im Endeffekt auf über 150 Minuten ausbreitet, nicht durchgängig beibehalten kann...

Besonders schaurig wird’s dann mit dem deutschgesprochenen „Vor Einem Geheimen Wort“, was wohl eine weitere Anspielung an den bereits erwähnten, sich im Booklet befindlichen Text von Novalis darstellt. Auch spielt hier vordergründig ein akustisches Piano eine bedeutendere Rolle als elektronische Spielereien – Wer LACRIMOSA mag, wird mit diesem finsteren Song bestimmt warm werden. Und, wen wundert's, nach fünfeinhalb Minuten dürfen wir den kompletten Gedichtvortrag von „Wenn nicht mehr Zahlern und Figuren...“ in deutscher Sprache auf positive Weise über uns ergehen lassen (Man muss ja nicht unbedingt den Schulunterricht dabei im Kopf haben!), um dann in das großartig englisch gesungene „Are You Ready To Fly“, das sogar echt balladesken Hit-Charakter versprüht, überzugehen.

Die zweite CD sollte wohl als eine ganz speziellen Bonus-CD verstanden werden. Obwohl sie bei dieser Qualität eigentlich keine ist – denn hier versammeln sich ganz ähnlich gelagerte Elektronik-Stücke, die sich zwischen knapp 2 bis gut 27 Minuten bewegen und allesamt aus der Zeit des Lockdowns im Jahr 2020 stammen, in denen sie wohl improvisatorisch entstanden und aufgenommen wurden. Sogar gewisse Blues- und Jazz-Stimmungen (Gerade im längsten Stück „Part 7“ der CD – ein wahrer Genuss!) fließen ein, die völlig ungewohnt für ein Album von MICHAEL BRÜCKNER sind.
Doch was war zu diesen Zeiten eigentlich nicht ungewohnt?

FAZIT: Die beiden jüngeren, seit 25 Jahren verheirateten Elektronik-Pioniere aus der Berliner Schule, MICHAEL BRÜCKNER & CILIA DI PONTE, musizieren nunmehr in loser Folge seit über 25 Jahre zusammen, sodass es nach diesem Vierteljahrhundert höchste Zeit war, eine CD mit ausgewählten Aufnahmen, die in den Jahren zwischen 2002 und 2022 entstanden, unter dem Titel „Twenty-Five Light Years“ zu veröffentlichen. Als besonders hochwertigen Bonus gibt es – vorausgesetzt man bestellt die CD direkt bei MICHAEL BRÜCKNER, eine zweite CD mit Aufnahmen der 'Lockdown-Sessions' aus dem Jahr 2020 dazu. Eine wahrhaft lohnenswerte Anschaffung für alle Berliner-Schule-Freunde, die von deren Lehrmeistern KLAUS SCHULZE, EDGAR FROESE und MANUEL GÖTTSCHING schon eine reichhaltige Sammlung besitzen und nicht genug bekommen können. Elektronischer Krautrock zum Verlieben, sogar für die Silberne Hochzeit geeignet...

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2084x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 (78:00):
  • A Farewell To Distant Friends
  • Tender Memories
  • Are You Ready For Fly (Instrumental Version)
  • Seeking Refuge
  • Sunturn Tune
  • Twenty-Five Light Years
  • Dhuska
  • Vor Einem Geheimen Wort
  • Are You Ready For Fly (Vocal Version)
  • CD 2 (77:07):
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 1
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 2
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 3
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 4
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 5
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 6
  • The 2020 Lockdown Sessions Part 7
  • Cilia's Piano Improvisation 2020

Besetzung:

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