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Alice Di Micele: Interpretations Vol 1 (Review)

Artist:

Alice Di Micele

Alice Di Micele: Interpretations Vol 1
Album:

Interpretations Vol 1

Medium: CD/Download
Stil:

Americana, Singer/Songwriter

Label: Alice Otter Music
Spieldauer: 42:46
Erschienen: 16.02.2024
Website: [Link]

Wenn es darum geht, das 17. Studio-Album der in Oregon ansässigen Songwriterin ALICE DI MICELE stilistisch einzugrenzen, dann ist das nicht so ganz einfach. Denn in den 35 Jahren in denen sie sich musikalisch betätigte, hat sie so ziemlich alle Spielarten des Americana-Genres ausprobiert. Nominell ist ALICE DI MICELE eine Singer/Songwriterin, die sich selbst als Folkie bezeichnet.
Freilich: Auf diesem Album geht es weder um das Schreiben von Songs, noch um ein bestimmtes Genre, denn es handelt sich hier um eine Sammlung von Cover-Versionen, mit der sie jenen Songwriter-Kollegen Tribut zollt, von denen sie sich selbst inspiriert und beeinflusst sieht. Das tut sie dann dezidiert als Interpretin, die dem Material und den Autoren – und nicht etwa dem Ego – Anerkennung zu zollen sucht.

Das ganze Projekt wurde ohne Label- oder Sponsoren-Ressourcen independent durch Crowdfunding finanziert – und ist produktionstechnisch erstaunlich elaboriert ausgefallen. Will meinen: Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gingen die Musikerin und Produzent Bret Levick äußerst ökonomisch um und setzten – was die Begleitmusiker betrifft - statt auf große Namen auf gleichgesinnte, versierte Musiker, die ALICE DI MICELE die Ausgestaltungen des Materials in den verschiedenen Stilistiken ermöglichten. Dabei kommt den meisten Tracks ein volles Band-Treatment zugute. Nur gelegentlich, wie etwa im Falle des KATE WOLF-Tracks „Give Yourself To Love“, bleibt sie bei ihrem Kerngeschäft als Folk-Sängerin. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen dann zum Beispiel voll orchestrierter Blues wie im Falle von „Death Don't Have No Mercy“ (im Original von REVEREND GARY DAVIS) oder der Westcoast-Sound von FLEETWOOD MACs „Over My Head“.

Was die Auswahl der Stücke betrifft, entschied sich ALICE DI MICELE nicht alleine für bekannte Nummern, sondern solche, die eine bestimmte Bedeutung für sie haben. Bestes Beispiel dafür ist der Song „Sugaree“ von JERRY GARCIA bzw. THE GRATEFUL DEAD – denn es war ein Konzert der genau dieser Band, bei dem 1982 ALICE DI MICELE ihre Initiation als Konzertgängerin erfuhr, was sie dazu inspirierte, es selber als Musikerin zu versuchen.

Die Version des Garcia-Klassikers ist ein gutes Exempel für die Herangehensweise bei diesem Album. Musikalisch folgt die Sache rhythmisch der Shuffle-Vorlage des Originals – vielleicht ein, zwei Ticks langsamer, als es GRATEFUL DEAD selber für gewöhnlich spielten und was die Gitarrenarbeit betrifft mit mehr Blues-Licks als gewohnt. Was den Gesang betrifft – und das gilt für das gesamte Album – versucht ALICE DI MICELE nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern verlegt sich auf eine ziemlich geradlinige Auslegung des Materials, ganz ohne Manierismen und Effekte oder den Hang, etwas unbedingt verbessern oder verändern zu wollen.

Ihre eigene Identität als Sängerin bringt ALICE DI MICELE so nicht durch die Demonstration ihrer gesanglichen Möglichkeiten zum Ausdruck, sondern über eine bluesig/jazzige Sensibilität, die es ihr ermöglicht, auf ihre Weise in Songs wie STINGs „The Hound Of Winter“ oder ABBEY LINCOLNs „Throw It Away“ eintauchen zu können. Das kommt nicht von ungefähr, denn – so sagt sie selbst – manchmal fühle sie sich wie eine „Jazz-Sängerin im Körper einer Folk-Sängerin“.


Video „The Hounds Of Winter“
https://www.youtube.com/watch?v=bZayqJsrJVc

Die subjektive Auswahl der Songs, die an bestimmte Erinnerungen ALICE DI MICELEs geknüpft sind, sorgt für einen spannenden Mix aus bekannteren, unbekannteren, erfolgreicheren und obskureren Tracks von so unterschiedlichen Künstlern wie etwa NEIL YOUNG (der gleich zweimal vertreten ist, weil Di Micele zu seinen Tracks Gitarre spielen lernte), FLEETWOOD MAC / CHRISTINE MCVIE, STING oder TOM PETTY auf der einen Seite und Folk-/Blues-Acts wie KATE WOLF, REVEREND GARY DAVIS und ABBEY LINCOLN auf der anderen.
Was diese Auswahl dann miteinander verbindet, ist, dass ALICE DI MICELE diese Songs alle mit derselben, selbstlosen Attitüde behandelt. Wie der Name des Albums andeutet, wird die Sache demnächst mit einer zweiten Folge fortgesetzt.

FAZIT: Es gibt ja so einige Gründe, Cover-Versionen aufzunehmen – und einer der überzeugendsten ist der, mit seiner eigenen Version eine Hommage an das Original anzustreben. Cover-Versionen – so sagte Joe Jackson dereinst – sind die schönste Form der Schmeichelei; selbst wenn sie totaler Mist sind. Und davon ist „Interpretations Vol 1“ von ALICE DI MICELE wirklich meilenweit entfernt.

Ullrich Maurer (Info) (Review 631x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Old Man
  • Give Yourself To Love
  • Death Don't Have No Mercy
  • Over My Head
  • Square One
  • Throw It Away
  • Sugaree
  • The Hounds Of Winter
  • Harvest Moon

Besetzung:

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