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Edguy: Age Of The Joker - Massen-Review

13.08.2011

Edguy - Age Of The JokerDank des etwas schrägen Humors von Frontmann Tobias Sammet sind EDGUY schon lange eine streitbare Band. Unbestritten ist jedoch die Tatsache, dass Sammet ein ganz Großer in Sachen Songwriting und Arrangements ist. Die Erfolge, die er mit seinem Projekt AVANTASIA sowohl auf Platte, als auch auf der Bühne feierte, sind der beste Beweis dafür. Nun kommt mit "Age Of The Joker" das neue, mittlerweile neunte Studioalbum seiner Hauptband EDGUY in die Läden und der Erfolg scheint vorprogrammiert. Wir nahmen das Werk vorab etwas genauer unter die Lupe und stellen fest, dass sich nichts geändert hat - an der Band scheiden sich die Geister immer noch.


Review von: Andreas Schulz (Profil)

Na also, es geht doch. Nachdem man zuletzt ein bisschen das Gefühl hatte, als würde einer der besten deutschen Songwriter in Sachen melodischem Metal seine besten Ideen hauptsächlich bei AVANTASIA einfließen lassen und nicht bei seiner eigentlichen Hauptband EDGUY, melden sich eben diese mit einem wirklich starken Album zurück. Gut, als Fan fand man auch "Rocket Ride" und "Tinnitus Sanctus" zumindest gut, aber eben nicht überragend. 

"Age Of The Joker" wird von "Robin Hood" eröffnet, einem höchst abwechslungsreichen Achteinhalbminüter, der von der Hammondorgel getrieben wird und zu dem auch ein Video gedreht wurde, bei dem der Komiker Bernhard Hoecker einen Gastauftritt hat. Ein hartes, einprägsames Riff hat "Nobody’s Hero" zu bieten und dank des Gute-Laune-Refrains, dürfte der Song auch live eine Bank sein. "Rock Of Cashel" nimmt den Hörer thematisch und musikalisch mit nach Irland, hier lassen Thin Lizzy grüßen und EDGUY laden zum Irish Dance ein. Dagegen verbreitet die Lap Steel Gitarrre in "Pandora’s Box" Country-Flair, doch auch das passt zum Sound von EDGUY anno 2011. Ein toller Refrain veredelt "Breathe", der ein typischer Song für die Band ist. Tobis schräger Humor, kommt im Ohrwurm "Two Out Of Seven" am deutlichsten zur Geltung, etwas düsterer und beinahe schon doomig riffend blickt man danach in "Faces In The Darkness", auch diesen Refrain bekommt man so schnell nicht mehr aus dem Ohr.

Kommen wir zum großen Hit, der auf das gute, aber nicht außergewöhnliche "The Arcane Guild" folgt. Der ruhige Beginn von "Fire On The Downline" lässt die obligatorische Ballade vermuten, aber Pustekuchen: der Song steigert sich zu einem grandiosen Stadionrocker, bei dem besonders der Refrain, die starken Keyboards und die Gitarrenarbeit einfach zum Niederknien gut sind. Der zweite längere Song des Albums ist "Behind The Gates To Midnight World" und wird von düsteren Glocken und ebenso schwerem Riffing eingeleitet. Es folgen ruhige Strophen und ein hymnischer Refrain, später legt der Song an Tempo zu. Zuguterletzt kommt sie dann doch noch, die Schmachtballade, die hier "Every Night Without You" heißt und alles hält, was der Titel verspricht.

Dass Tobias Sammet wie ein junger Gott singt, kann man als Grundvoraussetzung betrachten, mit Stammproduzent Sascha Paeth hat man zudem ein Album aufgenommen, das druckvoll und erdig klingt, zu diesem Zweck wurden die Rhythmusgitarren gemeinsam aufgenommen. Abgesehen vom nicht ganz so schönen Coverartwork gibt es hier also so gut wie nichts zu mosern.

FAZIT: "Thirteen Out Of Fifteen".

13 von 15 Punkten


Review von: Chris P. (Profil)

Allzu intensiv habe ich mich ja nie mit EDGUY befasst. Mir blieb zwar eine grandiose Coverversion des ULTRAVOX-Hits "Hymn" (zu hören auf "Vain Glory Opera" aus dem Jahre 1998) im Gedächtnis hängen, und hier und dort bin ich mal über ganz nette Heft-Sampler-Tracks gestolpert. Was allerdings bei den 1992 gegründeten Fuldaern rund um Tobias Sammet stets in aller Munde war und auch heute noch ist, ist die abfällig formulierte Kritik an der Band. Der Sammet sei ja sooo albern, die Gruppe sei fuuurchtbar peinlich, grottig und schlecht. Und sowieso sollen die ja so unfassbar schlimm sein.

Nach ein paar Hörproben im Internet zu urteilen, kann man zwar den früheren Power-Metal-Stil der Guys entweder lieben oder verteufeln, doch letzten Endes sind EDGUY respektive Sammet einfach nur eine Band, die sich selbst nicht besonders ernst nimmt und generell lieber eine positive Ausstrahlung versprüht, als einen auf mysteriös, evil, dark und grarrrr zu machen. Es gibt und gab doch genügend musikalische Vertreter des Metal, die ebenfalls etwas lebensbejahend und humorig unterwegs sind – weswegen soll das bei EDGUY also ein solches Verbrechen sein? Da sind FREEDOM CALL und DRAGONFORCE doch ein ganz anderes Kaliber – und selbst die kann und darf man mögen, wenn man Positiva im Metal offen gegenüber steht, jawohl.

Rechnet man die "The Savage Poetry"-Neuaufname mal nicht dazu, kommt die Band mit "Age Of The Joker" auf ihr neuntes Studioalbum, und in dieser Zeit hat sich die Truppe offenbar – zumindest später – kontinuierlich verändert. Von der powermetallischen Kost der Anfangstage haben sich die Jungs weitestgehend verabschiedet, und nachdem Mitte der "Nuller Jahre" mit einem Orchester herumexperimentiert wurde, bewegten sich EDGUY langsam aber sicher in Richtung des klassischen Rock und Heavy Metal. Und dort scheinen sie heute angekommen zu sein, wenngleich Teile von Songs wie "Breathe" gelegentlich schon mal eine akustische Bandretrospektive darstellen. So ganz straight und erwachsen werden die Herrschaften in ihrer Karriere wohl nie werden, denn Parts wie beispielsweise die Country-Einlage in "Pandora‘s Box" kommen mit einem spürbaren breiten Grinsen beim Hörer an, und auch die poppigen Passagen wie in "Two Out Of Seven" (SCORPIONS meets LIQUIDO?) zeugen eher von liebevollem Umgang mit der Materie als von – oftmals angeblich unfreiwilliger – Satire. Klar, so stark sind diese Elemente nicht mehr vertreten, aber so ganz verschwinden werden sie sicherlich auch nicht.

Neben klaren Querverweisen in Richtung DIO, IRON MAIDEN, SAXON, RAINBOW und allem außenherum und dazwischen sowie bandtypischer eigenwilliger Einlagen riffen EDGUY gerne auch mal tonnenschwer stampfend durch die Pampa ("Faces In The Darkness"), lassen es schon mal mystisch und düster angehen ("Behind The Gates To Midnight World", fantastisch!), packen die Hammond-Orgel aus ("The Arcane Guild") oder verwenden die oftmals kritisierten "Kinderlieder-Refrains", für die schon die frühen HELLOWEEN und GAMMA RAY von so manchem engstirnigem Zeitgenossen gescholten wurden. Generell wird der Fokus aber auf nach gut gemachten Metal- und Classic-Rock-Hausaufgaben klingende Headbanger- und Luftgitarren-Kost gerichtet, und dabei punkten die nun seit fast schon zwei Dekaden rockenden fünf Musiker mit bärenstarken Melodien und spannenden Songs, eingehüllt in einen zeitgemäßen, aber dennoch organisch-warmen Sound. Mit Innovation hat das nichts zu tun – aber man darf bezweifeln, dass dies eine der Intentionen EDGUYs ist.

Besonders loben muss man dann auch Herrn Sammet, der rein qualitativ locker mit klangfarblich ähnlich klingenden Größen wie den SAXONs ihr‘n Biff oder den MAIDENs ihr‘n Bruce mithalten kann. So sehr man seine ach so schlimme Erscheinung verurteilen mag: An Tobias‘ Leistung am Mikrofon gibt es absolut gar nichts zu bekritteln. Fast möchte ich behaupten, dass dieser Powerzwerg einer der besten deutschen Metalsänger ist.

FAZIT: Der Erfolg der Band kommt nicht von ungefähr. "Age Of The Joker" ist ein stichhaltiger Beweis hierfür.

11 von 15 Punkten


Review von: Daniel Fischer (Profil)

EDGUY und ich, wir haben uns wohl auseinander gelebt. Oder anders gesagt: Vielleicht beruhte die Beziehung schon immer auf den falschen Voraussetzungen. Wahrscheinlich ging es manchen Hörern ähnlich, man kannte und schätzte EDGUY, hatte sogar einige CDs wie "Vain Glory Opera" oder "Theater Of Salvation" im Regal, aber so richtig leidenschaftlich "Fan" war man dann doch nicht. Dafür war die Band selbst noch zu sehr den eigenen Vorbildern verbunden. Aber dann erschienen die ersten beiden AVANTASIA-Alben, und man hatte das Gefühl, dass Tobias Sammet hier erstmals kompromisslos alles umsetzen konnte, was in ihm geschlummert hatte. Das lag nicht nur an den hervorragenden Gastsängern und -musikern, auch das Songmaterial klang reifer und eigenständiger. Dieser Eindruck wurde vom zwischendurch veröffentlichten EDGUY-Album "Mandrake" nachhaltig bestätigt, und somit war man nun eben auch Fan dieser Band. Mit dem folgenden "Hellfire Club" konnte man dann noch gut leben, auch wenn diese mitreißende Begeisterung nicht mehr ganz so unmittelbar spürbar war wie auf den vorangegangenen Releases. Der Schwenk zum Hard Rock deutete sich hier bereits teilweise an, wusste jedoch in dem düster-mystischen Kontext zu gefallen. Danach allerdings konnte ich persönlich Tobias Sammets Kompositionen immer weniger abgewinnen, sei es nun unter dem AVANTASIA-Banner oder mit seiner Stammband. "Age Of The Joker" wird an dieser Entwicklung leider nichts ändern.

Dabei lässt sich nur schwer beschreiben, was genau EDGUY falsch machen. Objektiv gesehen rockt die Band richtig schön organisch, bietet heutzutage eine teilweise hervorragende Gitarrenarbeit und klingt über weite Strecken wirklich nur noch nach sich selbst. Ganz grob gesagt haben sich EDGUY mit einer nahtlosen Verschmelzung aus erdigem Sleaze- und epischem Bombast-Rock eine eigene Nische geschaffen, in der auch genug Platz für mal mehr, mal weniger deutliche Einflüsse aus dem Pop-Sektor bleibt. Dagegen sind nur noch Spurenelemente von Schwermetall zu finden, was aber nicht das eigentliche Problem ist, denn Riff-lastige, groovende und leicht dramatische Hard-Rocker wie "Fire On The Downline" stehen der Band äußerst gut zu Gesicht. Aber die meisten Kompositionen wirken leider eher bieder, und frühere Markenzeichen der Band wie Unbekümmertheit und Frische bleiben oft auf der Strecke. Die Refrains klingen fast zu typisch und somit austauschbar und werden zudem künstlich auf "groß" getrimmt, indem man die immer gleichen Chor-Arrangements verwendet und in einigen Songs wie "Robin Hood" zudem die Melodien übermäßig langzieht. Tobias Sammets Gesang nervt mich persönlich leider auch immer mehr. Seine Stimme klingt oft gekünstelt und aufgesetzt, fast quäkend. Echte Emotionen kommen so eigentlich nie auf, EDGUY bleiben dadurch stets auf einer oberflächlichen Ebene von Spaß und Unterhaltung. Und warum muss er sein übertriebenes Vibrato immer japsend über das Ziel retten, anstatt es einfach mal wegzulassen? Noch dazu passen einige Experimente wie das Blues-lastige, mit Slide-Gitarren ausgestattete "Pandora's Box" einfach überhaupt nicht zu seiner Stimme.

Sicherlich, man kann sich das Album problemlos von vorne bis hinten anhören, aber wirklich herausragende Kompositionen lassen sich auf "Age Of The Joker" kaum ausmachen. Immerhin hat man neben dem bereits genannten "Fire On The Downline" mit dem flotten, mitreißenden "Breathe" und der Power-Ballade "Every Night Without You" einige gutklassige Nummern am Start. Das poppige "Two Out Of Seven" dagegen hat zwar absolutes Hitpotential und einen witzigen Text zu bieten, aber das Keyboard-Riff erinnert ein wenig zu sehr an "Narcotic" von LIQUIDO.

Vielleicht wäre einfach einmal eine Pause nötig. Man hat ja fast den Eindruck, Tobias Sammet fällt nach jeder Tour oder sogar zwischen den Konzerten immer sofort im Studio ein (oder umgekehrt, das Studio wird nur für Live-Auftritte verlassen). Immerhin ist "Age Of The Joker" sein sechstes Album innerhalb von sechs Jahren, in denen er zudem ausgiebig mit EDGUY und AVANTASIA durch die ganze Welt getingelt ist.

FAZIT: Ich könnte jetzt damit schließen, dass Tobias Sammet immer Qualitätsware abliefert, und letztendlich ist das sicherlich richtig. Aber langsam bin ich es auch leid, denn diese Feststellung musste ich schon bei den letzten paar Alben treffen, ohne wirklich begeistert zu sein. Was nützt mir die Wertarbeit und der betriebene zeitliche und finanzielle Aufwand für erstklassige Studioproduktionen, wenn mich die Musik einfach nicht packt und kaum Emotionen weckt? Ich gönne EDGUY wirklich allen erdenklichen Erfolg und bin auch der Meinung, dass dieser redlich verdient und erarbeitet wurde. Aber für mich persönlich, ganz ohne Häme und mit viel Wohlwollen ist "Age Of The Joker" leider nur knapp eine "Eight Out Of Fifteen". Ich wünschte, es wäre anders...

8 von 15 Punkten


Review von: Dr. O. (Profil)

Früher war alles besser, da nannten sich Bands noch nach dem Bandleader und schlossen den Namen mit "and the ..." mehr oder weniger gekonnt ab. Heute ist das aus der Mode gekommen, aber korrekterweise sollten sich EDGUY in "TOBIAS SAMMET UND DIE MEISTERDIEBE" umbenennen. Das Musikgedächtnis von Tobias Sammet ist beeindruckend, während meines wahrscheinlich als gut zu bezeichnen ist, trotzdem bin ich ihm in vielen Plagiat-verdächtigen Fällen auf die Schliche gekommen. Aber der Tobias ist ein Fuchs, er klaut nicht bei aktuellen Bands, nein, das Werk ganzer Heerscharen von Siebziger und Achtziger-Bands wird ausgeplündert.

Beispiele: 1. Song: RAINBOW-Strophe trifft auf IRON-MAIDEN-Refrain und GOOMBAY-DANCE-BAND-Sprechpart, remember "Sun Of Jamaica"? 2. Song: nimm einfach JUDAS PRIEST, fertig ist die Strophe. 3. Song: 08/15-Hard-Rock mit integriertem Irish-Folk-Teil zum Gruseln. 4. Song: Country-und-Western-Adaption, ein Hauch LED ZEPPELIN und mit Peter-Wells-Bottleneck-Gedächtnis-Gitarre. 5. Song: irgendwo zwischen BON JOVI und EUROPE. 6. Song: Ups, EUROPE-Anfang. 7. Song: DIO-esker Sing-Sang mit HEAVEN-AND-HELL-Riffing für Arme.

Ich könnte diese Liste bis zum Ende der Scheibe fortsetzen, erspare es euch aber. Nun, "TOBIAS SAMMET UND DIE MEISTERDIEBE" sind nicht die ersten, die nach diesem Muster vorgehen, das kann wie bei IRON FATE sogar richtig unterhaltsam sein, geht hier aber aus zweierlei Gründen völlig daneben. Erstens ist Tobias Sammet nur ein akzeptabler, aber eben nicht überragender Sänger, seine immer etwas quackige Stimme ist bis Oberkante Unterlippe voller aufgesetzter Emotionalität und penetranter Theatralik, sein live kaum zu ertragenes Gute-Laune-Bär-Gehabe kleistert auch hier jede noch atmende Pore der Musik mit Sirup zu und bereit Menschen, die Musik als Schmerztöter benutzen, unsagbare zusätzliche Schmerzen. Ich erwische mich öfters bei dem Gedanken daran, dass "The Age Of The Joker" durchaus beachtliches Potential hätte, wäre das Album beispielsweise von einem Herrn Dickinson eingesungen worden. Zweitens ist mir grundsätzlich der Erfolg von "TOBIAS SAMMET UND DEN MEISTERDIEBEN" egal, ich muss nicht meine Seele verkaufen, um über die Runden zu kommen. Das aktuelle Machwerk schielt in meinen Augen ganz offensichtlich auf maximalen kommerziellen Erfolg, hier ist alles weichgespült und harmlos, eingängig und keimfrei produziert, das perfekte Produkt, aufgesetzt und leer bis zur Lächerlichkeit. Über die Peinlichkeit des Reimes "What The Fuck, Suck My Cock" will ich mich hier gar nicht auslassen, der Vortrag mit seiner Möchtegern-Härte treibt mir aber immer wieder vor Lachen die Tränen in die Augen. Was SCOOTER im Dance-Bereich sind, sind "TOBIAS SAMMET UND DIE MEISTERDIEBE" in der Power-Metal-Ecke. Schnöde Plagiatoren. Der Meisterdieb verarscht euch einfach alle.

FAZIT: EDGUY eröffnen Institutionen wie den Hobbyjägern von "Vroniplag" ganz neue Betätigungsfelder. Der verifizierbare Plagiats-Anteil dürfte hier bei 80% liegen. Was man der Band allerdings nicht absprechen kann, ist die Tatsache, einige zuckersüße Ohrwürmer fabriziert zu haben. Leider hab ich Diabetes, aber du kannst deiner blaublütigen Großtante mit dieser tollen Musik sicher ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

6 von 15 Punkten


Review von: Lothar Hausfeld (Profil)

Wenn eine Metalband im Laufe ihrer Karriere ihren ursprünglichen musikalischen Fokus verändert, ist das zwar häufig ihrem persönlichen Erfolg nicht abträglich, viele Fans der ersten Stunde fühlen sich dadurch aber zurückgesetzt. Dieses Phänomen gilt auch für EDGUY, die als reinrassige Melodic-Speed-Band an den Start gingen, zuletzt aber Musik machten, die sie als Supportband für AEROSMITH oder die SCORPIONS qualifizierten.

Während die Verkaufszahlen stetig nach oben gingen, schauten Fans der ersten Stunde weitgehend enttäuscht in die Röhre. Das, was Tobias Sammet und Co. zuletzt auf "Rocket Ride" und "Tinnitus Sanctus" fabrizierten, war jedenfalls reinrassiger – mancher würde vermutlich eher "beliebiger" sagen – Hardrock und hatte mit Großtaten wie "Vain Glory Opera" oder "Mandrake" kaum noch etwas gemein.

"Age Of The Joker", das bereits neunte Studioalbum der Fuldaer, geht zumindest einen kleinen Schritt zurück in die eigene Vergangenheit. Zwar gibt es auch diesmal keine Doublebass-Hymnen, doch insgesamt agiert das Quartett wieder eine Spur kräftiger, eine ganze Ecke kerniger, um 100 Prozent zwingender. Und, ja, auch ein wenig metallischer.

Der etwas unglücklich gewählte Opener "Robin Hood" lässt hier und da den infantilen Humor Sammets durchscheinen und dürfte bei dem einen oder andern Nicht-Fan schwerstes Augenrollen hervorrufen, deutet aber schon die Richtung des Albums an: bis ins letzte Detail perfekt arrangiert, musikalisch abwechslungsreich, hymnisch im Refrain. Allerdings, lieber Tobias Sammet: Spoken Parts kannst du noch weniger als Joey de Maio.

Die Hitdichte auf "Age Of The Joker" ist wesentlich höher als auf den Vorgängeralben. "Nobody’s Hero" ist ein flotter Banger mit einer extrem rock’n’rolligen Gitarrenarbeit, "Rock Of Cashel" ein irisch/gälisch beeinflusstes Epos mit Anleihen bei THIN LIZZY und GARY MOORE. "Pandora’s Box" wiederum besticht mit lässigem Western-Feeling, "Breathe" (mit 80er-Jahre-Keyboard-Sounds) und "The Arcane Guild" sind die nächstmöglichen Annäherungen EDGUYs an alte Zeiten und hätten sich auch auf den letzten AVANTASIA-Alben gut gemacht.

"Two Out Of Seven" ist ein Sammet-typischer Hit mit spaßigem Hintergrund, "Behind The Gates Of Midnight World" ein atmosphärischer, leicht progressiv angehauchter Longtrack mit Verweisen auf QUEENSRYCHE oder SAVATAGE. Nahezu allen Tracks ist gemein, dass sie extrem eingängig sind, schon nach dem ersten Hören mitgesungen werden können, aber trotzdem auch nach dem 20. Hören nicht langweilig werden.

FAZIT: Die Kurve zeigt wieder nach oben bei EDGUY. Wie gewohnt, macht die Band nur und ausschließlich das, was sie will – und klingt, auch das schaffen nur die wenigsten, ausschließlich nach sich selbst. Daumen hoch! 

12 von 15 Punkten


Review von: Lutz Koroleski (Oger) (Profil)

Nach der Melodic-Speed-Phase der ersten EDGUY-Alben im Fahrwasser von HELLOWEEN erreichte die Band mit "Mandrake" (2001) und "Hellfire-Club" (2004) - einem vergleichsweise ernsten und harten Werk – ihren kompositorischen Höhepunkt. Anschließend wandte sich die Band mit "Rocket Ride" schwerpunktmäßig dem Gute-Laune-Hardrock zu, was man zumindest als Bemühen ausgetretene Pfade zu verlassen, positiv sehen konnte. Leider fiel das Songwriting-Niveau gegenüber den Vorgängern etwas ab. Auf dem letzten Album ging man stilistisch wieder einen Schritt zurück und auch das neue Album stellt einen Querschnitt sämtlicher EDGUY-Trademarks dar, allerdings mit ansteigender Formkurve.

So gibt es sowohl ein melodisches, schnelles Stück ("The Arcane Guild") zu hören - obwohl gepflegtes Midtempo das Album klar dominiert – als auch ausgefeilte Epen wie "Robin Hood" oder "Behind The Gates To Midnight World", eingängige, kompakte Melodic-Metal-Songs wie "Nobody´s Hero", "Breathe" oder "Rock Of Cashel" (gleichzeitig der Beitrag mit dem stärksten Refrain), groovige Hardrocker wie "Faces In The Darkness" oder "Fire On The Downline" und eine semi-balladeske, kitschige Feuerzeug-Mitschunkel-Nummer namens "Every Night Without You" (da ist der Titel Programm). Auch diesmal betreten Tobias Sammet und seine Mitstreiter musikalisches Neuland. Zumindest das Keyboard in "Two Out Of Seven" klingt stark nach frühen LIQUIDO, während man bei "Pandora´s Box" dezente Blues- und Country-Anklänge vernimmt, die sich mit groovigen Riffs im Stile von WARRANT abwechseln, der Refrain aber wieder typischen EDGUY-Bombast bietet. Für Abwechslung ist also eigentlich gesorgt. Bis auf den Umstand, dass man die sammetschen Melodielinien in den letzten Jahren vielleicht ein bisschen zu oft gehört hat, nicht zuletzt durch die zusätzliche Präsenz des AVANTASIA-Projektes, selbst wenn dort auch viele andere Sänger zum Einsatz kommen. Häufig weiß man schon zu Beginn der Bridge, wie der Refrain ausfallen wird, was aber fairerweise nicht für sämtliche Beiträge gilt, aber den Unterhaltungswert des Albums trotzdem spürbar mindert. Am Sound und der musikalischen Umsetzung gibt es hingegen mal wieder nichts zu kritisieren, das ist professionell bis aufs i-Tüpfelchen.

FAZIT: EDGUY-Fans werden mit dem neuesten Output ihrer Faves vermutlich wieder etwas mehr Freude haben als zuletzt. Den neutralen Genre-Liebhabern könnte es hingegen an Überraschungsmomenten mangeln. Wenn man bereits mit den Highlights der EDGUY- bzw. AVANTASIA-Diskographie ausgestattet ist, braucht man sich "Age Of The Joker" nicht zwangsläufig ins Regal zu stellen. 

9 von 15 Punkten


Review von: Sascha D. (Profil)

Die Spaßmacher sind wieder da und läuten das Zeitalter des Jokers ein! Und es wird auch Zeit, schließlich liegt "Tinnitus Sanctus" schon knapp drei Jahre zurück. Hat sich das Warten gelohnt? "Robin Hood" lässt sich zunächst Zeit, zeigt dann aber über seine knapp acht Minuten schon auf, was im neuen Zeitalter auf den Hörer zukommt: Sehr, sehr viel Abwechslung. Einflüsse aus vergangenen Tagen (z.B. bei "Nobody‘s Hero), "Rock of Cashel" mit einem grandiosen Instrumentalteil ab Mitte des Songs oder Led Zeppelin- ähnlichem Riffing und Western/Country Einflüssen in "Pandora’s Box". In "Breathe" zeigen EDGUY, dass sie keineswegs an Druck verloren haben, ohne dass krachende Gitarren im Vordergrund stehen müssen. Übrigens einer meiner Favoriten. "Two Out Of Seven" beginnt mit einem sehr ähnlichen Instrumentalteil, jedoch um einiges langsamer. "Faces Of Darkness" ist für mich einer der schwächeren Songs, dafür legt "The Arcane Guild" gleich doppelt intensiv los. "Fire On The Downline" wartet neben Abwechslungsreichtum auch noch mit einem sehr eingängigen Refrain auf. "Behind The Gates To Midnight World" hat die längste Laufzeit, den längsten Songnamen und die kompositorisch bombastischste Aufmachung der Scheibe. "Every Night Without You" schließt das Album mit ruhigen und bedachten Klängen.

EDGUY können es noch. Und EDGUY werden nicht langweilig. Gerade wenn man denkt, man hat jedes musikalische Detail entdeckt, stolpert man über eine weitere Besonderheit. Bei den Kompositionen hat man sich offensichtlich Zeit gelassen und viel Kleinstarbeit verrichtet, Sammets Stimme ist stark und qualitativ hochwertig wie immer und die Soli der Gitarristen sind großartig.

FAZIT: Sicherlich nicht für jeden was. Für mich aber absolut: Die Riffs sind mitreißend, interessant aufgebaut, wirken durchdacht, ohne zu stur zu sein und zeugen von hohem technischen Können. Dazu kommt eine sehr saubere Produktion, viel Abwechslungsreichtum, ohne sich bis zur Unkenntlichkeit zu verzerren und eine entsprechend hohe Bewertung.

13 von 15 Punkten


Review von: Steffen (Profil)

Das neue EDGUY-Album "The Age Of Joker" schafft es tatsächlich, mich angenehm zu überraschen. Der vielbeschäftigte Tobias Sammet zaubert hier eine Reihe richtig starker Ohrwürmer aus der Feder, mit denen ich kaum gerechnet habe, zumal in den letzten Jahren die Releases von Sammets zweitem Projekt AVANTASIA die EDGUY-Veröffentlichungen locker auf den zweiten Platz verwiesen.

Doch auf "The Age Of Joker" geht es von der ersten Minute an gutklassig, wenn nicht sogar hochklassig, zu. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass Tobi Sammet abwechslungsreich und vielschichtig komponiert hat und überraschende Ideen in den Sound einfließen lässt. Beim epischen achteinhalb-Minuten-Opener "Robin Hood" lassen beispielsweise nostalgische Hammond-Orgel-Passagen eine Verknüpfung zwischen Power Metal und PURPLE-eskem 70er-Jahre-Hardrock zu. Dazu beeindruckt der Song mit starken Melodien und bleibt durch seine Vielseitigkeit über die gesamte Länge sehr kurzweilig.

"Nobody's Hero" ist ein knackiger, eingängiger Metal-Song mit einprägsamem Höhepunkt, während "Rock Of Cashel" mit seinem teilweise swingenden Rhythmus insgesamt sehr leichtfüssig und stimmungsvoll daherkommt. Southern-Rock- und Blues-Elemente bringen ein wenig Western-Flair in den sonst kantigen Rocker "Pandora's Box". Dafür regieren bei "Breathe" eine melodische Geradlinigkeit und ein hymnischer Refrain, und "Two Out Of Seven" hätte wegen seiner progressiv-opulenten Ausrichtung durchaus auf einem AVANTASIA-Werk landen können. 

Ohne jetzt jeden weiteren Track auseinanderanalysieren zu müssen, kann ich sagen, dass sich die beschriebene songwriterische Klasse und dieser Abwechslungsreichtum durch das gesamte Album ziehen. Der längste Song, das neunminütige "Behind The Gates To Midnight World", ist dabei eine Visitenkarte, die diese Vielfalt sehr gut wiederspiegelt, und stellt somit auch den perfekten Anspieltipp dar. Tobias Sammet hat sich diesmal echt einiges einfallen lassen, um die Hörer bei Laune zu halten. Auch technisch gibt es nichts zu meckern, und Tobi liefert eine richtig starke und vor allen Dingen variable Gesangsleistung ab.

FAZIT: Ich mach's hier kurz und behaupte: ein klasse Album und das beste EDGUY-Werk seit langem!

12 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 10,5 von 15 Punkten

Andreas Schulz (Info)