Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Interview mit Epic Metal Newcomer: Below / Gatekeeper (03.03.2013)

Epic Metal Newcomer: Below / Gatekeeper

Wir haben zwei junge Bands verhört, die in den nächsten Wochen mit ihren ersten Veröffentlichungen aufwarten und von der Echtmetall-Gemeinde schon jetzt hoch gehandelt werden. Nach dem Hören der jeweiligen EPs sollte man die Kirche im Dorf stehenlassen, nach dem Lesen der Interviews dürfte aber klar sein, zu welcher Band - GATEKEEPER aus Kanada oder BELOW aus Schweden - Sympathien und Interesse des Hörers eher neigen.

Den Anfang macht Jeff Black, der sich aus dem kühlen Edmonton zu seiner Epic-Metal-Truppe äußert.

Wie kommt man in Kanada darauf, eine stark europäisch klingende Metal-Band zu gründen?

Ich begann 2009 allein, indem ich Demos mit programmierten Drums aufnahm. Da ich noch nicht lange Gitarre spielte, war das für mich ein praktischer Lernvorgang, sowohl was das Instrument an sich als auch das Komponieren anging. Nachdem ich ein paar Samples bei Youtube und Myspace eingestellt hatte, erhielt ich positive Resonanzen, also beschloss ich, eine richtige Band aufzuziehen, und schloss mich mit Tyson, Leillyn, Shorre sowie Justin zusammen. Hier sind wir nun.
Jeder nimmt Musik unterschiedlich wahr, aber für mich ist dies der Sound, den ich gerne höre und mache. Daran, dass wir unsere Einflüsse offen hervorkehren, muss man nicht zweifeln: Es handelt sich um epischen Metal von Fans für Fans. Die Songs wurden aber auch von unserem Umfeld inspiriert, den weiten Prärien Albertas, die überwiegend schneebedeckt sind.

Was bedeutet der Name GATEKEEPER in diesem Zusammenhang?

Er ist eine Hommage an klassischen Underground-Metal, schlicht und direkt. In unserer Gegend gibt es nicht viele, die diesem Stil frönen, der sich aus Doom und Sword-and-Sorcery speist, allenthalben noch FUNERAL CIRCLE und CROMLECH. Wir sehen uns quasi als Bastion des alten Heavy Metal auf einem Kontinent, der von Blastbeat-Combos, Trigger, Sweepings und Growls verseucht wurde.

Deshalb auch ein portugiesisches Label für euch?

Francisco von A Forja Productions kenne ich schon länger, als es die Band gibt. Ich habe schon viel bei ihm gekauft, und nach einem regen Email-Austausch rang er sich dazu durch, uns einen CD-Release anzubieten. Wir sind bislang sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Ferner kollaborieren wir ja noch mit Deathrider Records aus Deutschland, die unser Zeug auf Vinyl bannen werden, pünktlich zum 2013er Keep It True Festival. Wir sind also ziemlich international im Moment. Geografische Nachteile gibt es in dieser schönen neuen Internet-Welt so gut wie nicht mehr für Musiker. Epischer Metal ist Nischen-Mucke, deren Fans überall verstreut leben, und ich finde es großartig, mit ihnen in Kontakt treten zu können, sei es per Skype oder Facebook. United we stand!

Wirf mal ein paar smarte Bandnamen in den Raum, mit denen ihr gut leben könnt, von wegen Credibility und so ...

Neuere Gruppen wären etwa OLÓRIN, RAVENSIRE, GATEKRASHOR, STRIKER oder BORROWED TIME. Auch ATLANTEAN KODEX, ARGUS und PROCESSION mögen wir sehr gerne, aber die gibt es ja schon ein bisschen länger. Außerhalb der Musik-Szene arbeite ich mich gegenwärtig erst durch den medialen Schatz an Filmen und Büchern, kann also wenig nennen. Was Bilder angeht, so hat Ralph L. Torres unser Artwork entworfen und Coven Illustracion ein T-Shirt. Bei beiden handelt es sich um tolle Künstler. Lindsay Grimm und Kefkism Design stehen für klasse Fotos in Edmonton; Lindsay hat uns für die EP abgelichtet und macht unglaubliche Live-Shots. Kefkism sind auf weibliche Models spezialisiert. Ansonsten lese ich das Magazin Black Gate und Heroic Fantasty Quarterly, in dem neue Autoren ihre Geschichten verbreiten.

Sind "Swan Road Saga" und "A Tale Of Twins" auf deinem eigenen Mist gewachsen?


Nein, “Swan Road Saga” basiert auf Beowulf, “Tale Of Twins” auf der Geschichte der Völsungen aus der skandinavischen Mythologie. Dabei berufe ich mich auf Tolkien, der die Saga im Stil altnordischer Lyrik nacherzählt hat. Allerdings schreibe ich wirklich zum Zeitvertreib Prosa, bevorzuge es aber, bereits bestehenden Stoff in meinen Songs zu verarbeiten. Hoffentlich bemerken Leute, die diese Stories kennen, dass wir uns mit ihnen beschäftigen, auch wenn wir manchmal recht frei damit umgehen.

Könntest du dir vorstellen, je Texte mit Realitätsbezug zu schreiben?

Weiß nicht. Am nächsten kämen dem wohl Lyrics mit historischem Hintergrund, was GATEKEEPER angeht. Allein schon von der Wortwahl her klänge dann vieles einfach nicht gut. Alan von PRIMORDIAL und Martin von SKYCLAD verstehen es fantastisch, Aktuelles in schöne Sprache zu verpacken. “Prophecy And Judgment” handelt vom Orakel von Delphi, das es ja zumindest als Gebäude immer noch gibt, und einige der Prophezeihungen wurden sogar schriftlich festgehalten; ich habe sie in englische Reimform gebracht für den Text. Worauf ich hinauswill, ist folgendes: Mythologie kommt ja von irgendwoher, nicht wahr? Vielen Legenden liegt ein wahrer Kern zugrunde, bloß wurde eben viel übertrieben und dazu erfunden.

Kann man sich darin nur flüchten oder auch etwas dazulernen?

Wohl beides. Ich bin wie versessen auf Fantasy und Horror, was mich in gewisser Weise vom Trott ablenkt, den der Alltag mit sich bringt. Im besten Fall handelt es sich bei fiktionalen Texten im übertragenden Sinn um Kritiken und Beobachtungen der Moderne. Sklaven und Gladiatoren, die sich gegenseitig in Arenen abschlachten, oder Bandenkriege im post-apokalyptischen New York sind zwar unterhaltsam anzuschauen, aber es gibt Orte auf dieser Welt, an denen sie bittere Realität darstellen.

Der Titel "Prophecy And Judgment" liest sich entsprechend tiefsinnig.

Wie gesagt, es geht dabei zuallererst um den Tempel in Delphi. Das Orakel wurde seinerzeit von allen aufgesucht, ob Monarchen oder Bauern. Man muss sich in deren Lage versetzen, ihre Ehrfurcht im Schatten jenes Gebäudes nachvollziehen, wo eine junge Frau angeblich unter göttlichem Einfluss in Zungen sprach, während im Hintergrund fadenscheinige Priester die Fäden gezogen haben mögen. Stell dir die Spartaner und Athener vor, die auf den Stufen um Rat für ihre Kriegshandlungen suchten und ohne Zweifel glaubten, ihre Geschicke lägen in den Händen der Götter. Das Pathos des Titels drückt diese Atmosphäre aus, denke ich. Besser kann man es nicht beschreiben.

Anderes Thema: Wenn von Metal und Kanada die Rede ist, bezieht man sich meistens auf Québec oder British Columbia. Wie sieht es bei euch aus?

Edmonton und Alberta sind nicht gerade für ihre Bands bekannt, egal um welches Genre es sich handelt. Hier gibt es vor allem Öl, und im musikalischen Bereich muss man eine Erscheinung wie "War Black Metal" erdulden, also Combos im Stil von BLASPHEMY. REVENGE oder BEGRIME EXEMIOUS sind mehr oder weniger bekannte Beispiele. Ansonsten gibt es viel zu viel Death beziehungsweise Thrash Metal und Leute, die ihre Musik als "progressiv" bezeichnen. Empfehlenswerte Bands sind DEATH TOLL RISING, DIRE OMEN und THE NOUMENON. Ich mag neben STRIKER vor allem HROM, eine großartige Speed- bis Power-Combo im Stil alter HELLOWEEN oder CHROMING ROSE. KEEP 6, IRONSTORM, TESSITURA und BARDIC FORM sind die anderen Bands meiner Mitmusiker - cooles Zeug, alles stilistisch recht unterschiedlich gelagert.

Wie geht ihr nun weiter vor: unabhängig bleiben oder den ganzen Szene-Quatsch mitmachen, also inklusive Label und Ochsentour durch die Medien. Glaubt ihr noch, dass es so etwas wie einen lauteren Underground gibt?

Doch schon, aber nicht mehr so wie zu Pionierszeiten. Die Szene für echten Metal könnte in Nordamerika momentan zum Beispiel nicht untergründiger sein. Was Labels betrifft, so mache ich mir sehr viele Gedanken darüber, wem ich meine Musik anvertraue, aber die beiden, mit denen wir gerade zusammenarbeiten, sind super. Das bedeutet nicht, dass wir anderswo einen größeren Deal unterzeichnen würden, wenn die Konditionen stimmen. GATEKEEPER sind für jeden von uns immer noch ein Nebenprojekt, doch gegen Ende 2013 wollen wir eine weitere Scheibe - Split oder EP - veröffentlicht haben. Ich würde auch gerne live auftreten, aber Möglichkeiten dazu haben wir noch nicht. Mal sehen ... wir brennen die Brücke nieder, sobald wir sie überquert haben! Hier gibt es auf die Ohren: http://aforjalabelmailorder.bandcamp.com.

Below-Logo

BELOW aus Nyköping lassen sich von Tobias Rosén vertreten, der nicht immer angenehm selbstbewusst klingt. Demnächst mehr beim Hammer Of Doom ...

Seid ihr eine weitere hastig gegründete Combo, die den einfachen Weg gehen und sich im anhaltenden Doom-Boom mit zweifelhafter musikalischer Substanz profilieren will?

BELOW sind das Ergebnis regelmäßiger Zusammenkünfte von Freunden mit der gleichen musikalischen Vision zu später Stunde: Unser Ziel ist es, epischen, düsteren und eingängigen Heavy Metal zu spielen. Ansonsten müssen wir uns nicht rechtfertigen.

Und wem eifert ihr genau nach?

Wir müssten lügen, wenn wir den Einfluss von CANDLEMASS abstritten. Darüber hinaus zählen King Diamond und BLACK SABBATH mit Tony Martin zur größten Inspiration des Doom-Biests BELOW.

Wollt ihr dem Genre neue Impulse geben, oder seid ihr euch selbst genug, ohne irgendjemandes Fußstapfen auszufüllen?

Wir möchten nur Musik erschaffen, die höllisch heavy ist, aber ohne die Melodie und epische Atmosphäre zu vernachlässigen.

Würdet ihr sagen, als skandinavische Band habe man es leichter, Erfolge zu erzielen? Ihr seid immerhin schon für ein deutsches Festival gebucht worden, ohne dass ihr etwas veröffentlicht habt, während es beispielsweise einheimischen Gruppen trotz Engagement nicht gelingt, auf dem Billing zu landen ...

Skandinavische Bands sind einfach meistens sehr gut, daher der Erfolg. Ob wir etwas veröffentlicht haben oder nicht ist völlig unerheblich, denn die Musik spricht für sich selbst. Die Organisatoren mögen, was sie von uns hören, eben großartigen Epic Doom Metal. Außerdem sind Howlin' Owl Productions, unser Management, ein toller Laden, der schon viel für uns getan hat.

Textlich fahrt ihr die obligatorische Fantasy- und Finsternis-Schiene. Irgendwelche Innovationen geplant?

Wir schreiben Texte, die der Atmosphäre unserer Songs gerecht werden, und zwar nur deshalb, weil wir es selbst so wollen und niemand anders.

Wer ist denn zum Beispiel die Frau, die in "1000 Broken Bones" so schlecht wegkommt?

Ein sehr böses Mädchen, das kriegt, was es verdient.

Woran liegt es eurer Meinung nach, dass klassischer Hardrock und Doom wieder so groß im Kommen sind?

Alles kommt und geht in regelmäßigen Abständen. Doom allerdings wird gegenwärtig eher mit bleischweren Riffs und wenig Harmonie assoziiert. Genau hier kommen BELOW und unsere Melodien ins Spiel.

Und was macht ihr in diesem Spiel?

Weiterhin die Musik, die wir lieben. Um etwas anderes geht es bei BELOW nicht: Songs, die wir gerne selbst hören. Erfolg ist nicht das, worauf wir abzielen.

Der stellt sich bei ehrlichen Häuten ohnehin von selbst ein; alles Gute weiterhin!

Dankeschön. Wir warten jetzt die Resonanzen auf unsere Musik ab und werden einfach noch stärkere Songs schreiben. Unterdessen überzeugt euch einfach selbst unter: http://soundcloud.com/howlinowl.

Andreas Schiffmann (Info)