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Interview mit Exxiles (04.05.2013)

Exxiles

Mutmaßlich große Ereignisse werfen ihre Schatten vorau: Mauricio Bustamente, Kopf eines neuen Allstar-Projektes, das Verzückung unter Prog-Fans auslösen dürfte, stellte sich unseren Fragen zu seiner Musik, den Hintergründen und mehr.

Wie wurdest du musikalisch sozialisiert, und welche Musiker oder Künstler allgemein würdest du als Vorbilder bezeichnen?

Ich vergleiche Musik stets gerne mit Händeschütteln: Sie markiert den Anfang eines Kennenlernens Schritt für Schritt, und wenn man mit anderen Instrumentalisten zu tun bekommt, beginnt man zu verstehen, sobald man ihren Stil begreift. Als ich mit REIGN OF THE ARCHITECT anfing, suchte ich gezielt nach Musikern, mit denen ich auf diese Weise eine Beziehung aufbauen konnte, wobei ich zum Glück nur Volltreffer landete, denn diese Menschen zählen mittlerweile zu meinen Freunden - Mike Lepond von SYMPHONY X, Gus Monsanto von REVOLUTION RENAISSANCE und ADAGIO, Jonas Hörquivist, Kyle Honea, Yuval Kramer und der ganze Rest. Bei EXXILES verhielt es sich genauso. Ich begegnete den Musikern mit Offenheit, sodass der Magie einer Zusammenarbeit nichts mehr im Weg stand. Dabei traf ich sowohl alte Weggefährten wieder als auch frisches Blut wie Oddleif Stensland von COMMUNIC, den ehemaligen SAVATAGE-Sänger Zak Stevens und seinen Kollegen Chris Caffery, Marcela Bovio von STREAM OF PASSION, Mats Haugen von CIRCUS MAXIMUS, SPIRAL ARCHITECTs Stimme Øyvind Hægeland, David Grey von LOST IN THOUGHT, AGORAs Sergio Aguilar sowie den talentierten Bassisten Simon Rojas, der sich mit mehreren Bands in Mexiko verdingt. Hinterm Keyboard steht Noel Martinez, der einen unverkennbaren Stil hat, aber noch keinen großen Namen, und die zweite Gitarre spielt Antonio Rivera, ebenfalls ein ganz besonderer Musiker. Jeder von ihnen hat einen ganz besonderen Ausdruck, und bei Oddleif zum Beispiel war es so, dass ich mich ihm sofort verbunden fühlte, weshalb wir in Zukunft hoffentlich wieder etwas gemeinsam machen. Zu Anfang steht man quasi mit einer weißen Leinwand da, und je nach Atmosphäre wird alles allmählich farbig, zusammengehalten vor allem durch unser aller Liebe zur Musik.

Warum hast du REIGN OF THE ARCHITECT überhaupt verlassen?

Aus mehreren Gründen, aber es war schwierig, weil mir die Musik viel bedeutete und eine Menge Zeit beziehungsweise Arbeit meinerseits in der Band steckten. Wenn du einem solchen Projekt - der Musik, die du geschrieben hast - den Rücken kehrst, bleibt zuerst Stille übrig. Sie steht selbst nachts zwischen dir und den Songs, von denen niemand weiß, was du damit ausdrücken wolltest. All diese Gefühle wollten sich irgendwie Bahn brechen, und bis 2007, Anfang 2008 setzte sich sie in insgesamt elf Instrumentalstücken um. Im Herbst jenes Jahres setzte ich mich schließlich mit Yuval Kramer in Verbindung, um die Sachen richtig aufzunehmen. Die Produktion der Gesangsparts der einzelnen Beteiligten erfolgte später im Kollektik in Israel. Hinterher kam der schwierige Teil - loslassen und weiterziehen, was vor allem deshalb sein musste, weil ich REIGN OF THE ARCHITECT emotional nichts mehr zu sagen hatte. Die aufgebaute Distanz wurde mir erst während des letzten Konzerts mit SYMPHONY X in Israel bewusst. Als ich nach Mexiko zurückkehrte, bestärkten mich finanzielle Probleme im Rahmen einer anstehenden Russland-Tour darin, auszusteigen.

Wie hast du das Grundkonzept deines neuen Projekts ausgearbeitet?

Ich würde sagen, dieser persönliche Rückschlag und was ich dabei gelernt habe, beides gab mir genügend Stoff dazu. Nachdem ich tagelang über meine Situation gegrübelt hatte, wurde mir klar, dass sich jeder Mensch irgendwann einmal auf diese oder jene Weise ins Exil begibt. Ich recherchierte und stieß auf viele Persönlichkeiten, die als gedankliche Quertreiber verbannt wurden, sei es im Zusammenhang mit beharrlicher Treue, aus Liebe oder wegen ihres Glaubens. Eines führte zum anderen, als ich begriff, wie nachhaltig das Exil Menschen verändert, etwa wenn sie aufgrund ihrer Überzeugung verurteilt werden. Mir geht es um zutiefst menschliche Werte. Ironischerweise musste ich erst selbst ins Exil wandern, um neue Impulse zu erlangen.

Willst du die Idee über das erste Album hinaus fortführen?

Nein, ich habe bereits andere Gedanken, was die zweite Scheibe betrifft. Allerdings wird darauf einer der Charaktere in Erscheinung treten, die auch das Debüt ausmachen. Musikalisch erwartet den Hörer neben orchestralen Arrangements auch sehr basische Musik. Darauf lege ich von jeher großen Wert.

Wie ging dieser Staffellauf mit den ganzen Szene-Promis vor sich?

Ich pickte mir potenzielle Kandidaten anhand des vorhanden Materials heraus, also basierend auf der Frage: Wer könnte zu diesem oder jenem Stück passen? Ich schätze mich glücklich darüber, dass die Leute so gut wie alle zusagten, als ich ihnen die Musik vorstellte. Von da an lief alles wie von selbst, aber ohne diese Mitstreiter wäre ich nichts. Jeder von ihnen hat einen Teil seiner Seele gegeben, und wenn ich mir die Musik jetzt anhöre, muss ich sagen, dass das Ergebnis meine Erwartungen übertrifft. Die Zusammenarbeit mit Musikern aus Mexiko hat mich zudem wieder an meine Latino-Wurzeln zurückgeführt, und das wird man der fertigen Scheibe auch deutlich anhören. EXXILES klingen deutlich nach einem globalen Projekt, weil alle Beteiligten ihre Herkunft mit einfließen ließen. Genau dies mag ich an Musik generell: Du lernst durch die Musik etwas über die Persönlichkeiten und Kulturen, die dahinterstecken.

Planst du, live aufzutreten, und wie würde dies logistisch vonstatten gehen?

Das steht definitiv zur Debatte. Auch wenn wir uns momentan noch auf die Fertigstellung des Albums konzentrieren, habe ich bereits mit einigen meiner Mitmusiker über Auftritte geredet. Wenn die Zeit reif ist, werden wir sicherlich Mittel und Wege finden, die Musik auf die Bühne zu bringen.

Wie muss man sich die Metal-Szene in Mexiko vorstellen?

Sie ist tatsächlich recht groß, aber vielen Bands fehlt einfach der lange Atem, um etwas aus sich zu machen. Sie arbeiten selten mit Produzenten zusammen, gehen schludrig mit dem Drumherum - also der optischen Inszenierung zum Beispiel - um und lassen generell speziell bei den vermeintlichen Nebensächlichkeiten schleifen, die zur Sicherung von Qualität aber immens wichtig sind: Wenn du dich nämlich abheben willst vom Gros, musst du auch deine Besonderheiten hervorkehren.
Andererseits rackern sich manche Bands aus Mexiko wirklich den Allerwertesten ab, etwa AGORA, ALAGHON, ARKHE, THE ZEPHYR oder Musikerinnen wie Ines Chavez, um nur ein paar Namen zu nennen. Im Business muss man Selbstverantwortung übernehmen, und das beschränkt sich natürlich nicht nur auf mein Heimatland. Das Musikgeschäft ist ein großes, ständig mutierendes Monster, also gilt es, sich immerzu auf dem Laufenden zu halten und niemals einzuschlafen.

Wann seid ihr mit der Produktion fertig?

Im Sommer - rechtzeitig um die Sonne Einzug halten zu lassen.

Dein Wort im Ohr der von Kälte gebeutelten Europäer. Wir sind gespannt!

Andreas Schiffmann (Info)