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Interview mit Coma Wall / Undersmile (09.06.2013)

Coma Wall / Undersmile

Unsere Fragen werden im Kollektiv von der janusköpfigen Truppe aus Oxford beantwortet, deren laute wie leise Anwandlungen jeweils einen individuellen Reiz versprühen.

Wie kommt eine britische Band darauf, den Alternative-Sound zu adaptieren, der während der frühen Neunziger in den USA vorherrschte?

Das wurde wohl auf der ganzen Welt getan, oder? Noise, Punk und Grunge haben das Musikgeschehen von den Achtzigern bis ins Folgejahrzehnt stark geprägt, und zwischen den Staaten und Großbritannien bestand von jeher eine Verbindung. Insbesondere die Jugend interessiert sich für die Kultur der jeweils anderen Nation, was gewiss auch am Hang zum Eskapismus liegt: Ist man jung, lässt man sich leicht beeindrucken und meint, das Gras sei auf der anderen Seite des Zaunes grüner. Was die Musik an sich betrifft, so halten wir sie schlicht insofern für grenzsprengend, als dass sie dem Mainstream einen Tritt verpasste, also den furchtbaren Hair-Bands Ende der Achtziger.

Wann habt ihr angefangen, die akustische Komponente eures Schaffens strikt von dem lauteren Sound zu trennen?

Taz und Hel schrieben gemeinsam Stücke auf Akustikgitarren, bevor sie verzerrt Musik spielten. Dies trug maßgeblich dazu bei, aber der eigentliche Grund für die Trennung besteht darin, dass sich Stimmung und Performance unterscheiden. Andererseits beschwören beide Bandnamen eine ähnliche Atmosphäre herauf und entsprechen jener, die von der Musik ausgeht, wobei man unseren Humor nicht unterschätzen sollte.

Gäbe es die beiden Bands in einer anderen Form, oder müsstet ihr euch auflösen, so ein Mitglied abhandenkäme?

Wir mögen den Gedanken, mit unterschiedlichen Musikern von außerhalb zusammenzuarbeiten, aber UNDERSMILE definieren sich durch uns vier beim Headbangen. Taz und Hel schreiben die Stücke, doch erst mit den Beiträgen von Olly und Tom werden diese zu etwas Besonderem. Obwohl wir schon einen anderen Drummer hatten, wird es uns wohl nur in dieser Konstellation geben können.

Ihr verwendet Gesang auf subtile Weise; ist euch eine klare Botschaft weniger wichtig?

Idealerweise lassen sich bei UNDERSMILE beide Stimmen nicht voneinander unterscheiden, wohingegen sie sich bei COMA WALL jeweils stärker abheben. Texte halten wir für sehr bedeutsam, ob sie nun von Alpträumen beeinflusst wurden oder eher alltäglichen Begebenheiten. Wir stehen sowohl auf poetische Lyrics wie jene von Leonard Cohen und David Eugene Edwards als auch auf eine Mischung aus einfachen und hochtrabenden, wie sie Bonnie Prince Billy oder Nick Cave schreiben, nicht zu vergessen Leute wie Bradley Fry, der Songs über Sammelalben schreibt ...

Bevorzugt ihr Monotonie zur Intensität gegenüber eingängigen Hooks?

Obwohl wir eine Menge Riff-basierten Kram schreiben, gewinnen wir Drone-Elementen und dadurch erzeugter Monotonie viel ab. Live zielen wir oft darauf ab, die Leute zu Langeweile oder Apathie zu provozieren, weil man so etwas normalerweise nicht bei einem "Metal"-Gig erwartet. Wir bewundern Bands wie SWANS oder PISSED JEANS, die ebenfalls in diese Stoßrichtung tendieren.

Genügt ihr euch selbst mit der Musik, oder wollt ihr eure Hörer in irgendeiner Weise beeinflussen?

Zuallererst muss uns selbst gefallen, was wir spielen, wobei uns die positiven Resonanzen auf unsere Musik immer wieder überraschen, weil wir nicht damit gerechnet haben. Die Stoner- und Sludge-Szene hier in Großbritannien ist uns genauso gewogen wie im Ausland. So viele begeisterte Menschen kennenzulernen ermutigt dich, aber dessen ungeachtet spricht uns die Vorstellung an, ganze Menschengruppen mit Musik zu hypnotisieren. Ein mögliches Projekt für die Zukunft wäre die Vertonung von Werner Herzogs "Herz aus Glas", der ja ebenfalls mit Hypnose spielt.

Wie genau ist es eigentlich um die Szene dort oben bestellt? Mittlerweile kommen nicht wenige interessante Bands aus eurer Gegend ...

Wir schätzen uns sogar glücklich, von hier zu stammen. In Oxford brummt die Szene für alle Arten von Musik, beispielsweise mit Bands wie DESERT STORM, KOMRAD, CARAVAN OF WHORES und AGNESS PIKE. Einige einflussreiche Gruppen gibt es leider nicht mehr: SEXTODECIMO und die legendären Doomer SEVENCHURCH, deren Album "Bleak Insight" ein Meilenstein war.

Wie geht es weiter bei euch, da ihr noch gar nicht so lange existiert, egal unter welchem Namen?

Wir begnügen uns damit, Musik aufzunehmen und auf die Bühne zu bringen, solange wir können oder jemand uns sagt, wir sollen die Schnauze halten. Demnächst treten wir unter beiden Namen am gleichen Abend auf, was sicherlich spannend wird, und für den Rest des Jahres haben wir uns das Komponieren unserer ersten LP als COMA WALL auferlegt. Parallel dazu gibt es später in diesem Jahr noch eine Split-EP mit den ausgezeichneten BISMUTH.

Andreas Schiffmann (Info)
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