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Interview mit DRIVE BY WIRE (18.05.2018)

DRIVE BY WIRE

Die Formkurve des niederländischen Quartetts DRIVE BY WIRE zeigt zuletzt stark nach oben. Die Band aus Deventer hat mit "Spellbound" ein Album vorgelegt, auf welchem sie Blues-, Stoner-, Psychedelic- und Hard Rock ebenso lässig wie kraftvoll darbietet, das von vorne bis hinten Spaß macht und die Vorfreude auf Konzerte weckt. Weil zudem die Produktion ganz bemerkenswert gelungen ist, klopften wir bei der Band an, um in Erfahrung zu bringen, welcher Zauber "Spellbound" zugrunde liegt. Gitarrist Alwin Wubben nahm sich gerne Zeit für unsere Fragen, zumal "Spellbound" derweil auch international erfreulich viel Lob einheimst.

Hallo Alwin! Lass uns doch gleich mit einer direkten Frage beginnen: "Spellbound" klingt so bewegend, dass ich kaum glauben kann, dass es nicht live aufgenommen wurde, zumindest teilweise. Es klingt fast schon zu gut… welchen Zauber habt Ihr also für „Spellbound“ entfacht?

Yeah, dank dir! Wir haben uns in der Tat in unserem Proberaum verbarrikadiert, für ein halbes Jahr keine Gigs gespielt, um uns ausschließlich auf das Album zu konzentrieren, die richtige Atmosphäre aufzubauen und genau das auf den Punkt zu bringen, was wir die letzten zehn Jahre gemacht haben… Und was die Magie anbelangt, so handelt es sich bei Musik nun mal um eine mächtige Energie, die ihre Wirkung in dem eher primitiven Teil unserer Gehirne entfaltet. Zumindest wenn es sich um gute Musik handelt, packt sie dich, und zwar sowohl emotional als auch physisch… Wir tauften das Album daher "Spellbound", und wir sind überzeugt davon, dass es eben jenen uralten Teil in uns anspricht, wenn wir uns nur öffnen und von der Musik forttragen lassen.

Während ich noch in meiner Rezension zu "The Whole Shebang" vermutete, dass Ihr damals Euer Potential nicht rundherum zur Entfaltung gebracht hattet, habe ich nun den Eindruck, dass Ihr bei den Aufnahmen zu "Spellbound" alles rausgeholt habt, was Euch möglich war. Die Lieder klingen persönlicher, abwechslungsreicher, besser arrangiert, kraftvoller und die Darbietung noch dichter. Ich könnte jetzt rummäkeln, dass Ihr Niederländer seid, doch anno 2018 wäre das wirklich arg platt ;-) Also, wie lässt sich ein so wohlklingendes Album erklären?

Haha, das hast du schön gesagt. Nun, mit "The Whole Shebang" waren wir viel unterwegs, und das Touren lässt dich im Zusammenspiel natürlich besser werden. Zudem hatten wir für "Spellbound" eine klare Vorstellung, in welche Richtung es gehen sollte. Und wir haben zum ersten Mal nicht selbst produziert, sondern ein externer Produzent hat den Job übernommen. Der hatte im Gegensatz zu uns die Möglichkeit, vieles unvoreingenommen zu hören, und das war gut so.

Nun seid Ihr eine vergleichsweise "kleine" Band und kommt mit einer der zweifelsohne besten Rock-Produktionen um die Ecke, die ich in den vergangenen Jahren gehört habe. Ich meine, Ihr seid nicht Alice in Chains, und doch ist allein der Gitarren-Sound verdammt fett geraten, und viele Details in den Arrangements klingen einfach super… Wem habt Ihr dafür Eure Seelen vermacht?

Nun, Gott sei Dank sind wir noch im Besitz unserer Seelen, haha. Wir müssen uns bei unseren Fans bedanken, die per Crowdfunding die Aufnahmen im Studio finanziert haben. Wir konnten daher in einem besseren Studio aufnehmen als bislang. Und weil wir das Songwriting vor dem Studiotermin abgeschlossen hatten, hatten wir vor Ort mehr Zeit, uns um andere Dinge zu kümmern, wie zum Beispiel die Feinabstimmung des Gitarren-Sounds…

Meine Favoriten nach einigen Hördurchgängen sind "Apollo" und "The Devil’s Fool", und diese Kombination zeigt bereits, wie sehr ich die unterschiedlichen Facetten von "Spellbound" schätze. Welche Songs machen Euch besonders glücklich – oder vielleicht auch melancholisch?

Ich würde "Mammoth" als einen meiner Favoriten bezeichnen, weil der Song so mitreißend und packend klingt wie einst Iggy and the Stooges. Wir haben diesen Song ziemlich oft live gespielt und dabei schließlich perfektioniert. Es ist einfach schön zu sehen, wie der Song das Publikum packt und wie die Leute beim langsameren Teil headbangen…
Und ja, auch bei "Apollo" sind wir wirklich glücklich, dass es uns gelungen ist, diese magische Stimmung einzufangen. Der Song baut auf den Erfahrungen unserer letzten Tour durch Griechenland auf. Dort haben wir sowohl in Großstädten wie auch in kleinen Bergdörfern gespielt. Auf unserem Weg durch den Olympus-Höhenzug blockierten einige streikende Bauern eine Hauptstraße, und wir mussten eine alternative Route auf kleineren Straßen einschlagen. Dabei trafen wir u.a. auf einen Priester, der sich jedes Jahr für sechs Monate in die Abgeschiedenheit der Berge zurückzieht und dort alleine lebt. Schließlich kamen wir drei Stunden später als ursprünglich geplant am Club an, spielten dort ein geiles Konzert und feierten anschließend wild mit den Fans durch die Nacht. So etwas lässt sich nicht erzwingen, sondern es ergibt sich einfach – und wir greifen es in diesem Lied auf.

Als wir letztes Jahr in Köln miteinander sprachen, stimmte mir Simone zu, dass da etwas im niederländischen Wasser sein muss, was Eurer Rock Musik eine positive, optimistische Note verleiht. Könnt Ihr diese Wahrnehmung aufgreifen und würdet Ihr zustimmen, dass Musik heute eine dringend benötige – nicht pharmazeutische – Medizin in einer verrückten Welt ist?

Hm, ich kann nur vermuten, was Simone damit wohl meinte, haha. Doch es stimmt: Niederländischer Heavy Rock scheint etwas an sich zu haben, was es leicht macht, eine Verbindung herzustellen. Ich kann es auch nicht besser in Worte fassen. Doch wo wir schon beim Thema sind: Musik wird dieser Tage wahrlich gebraucht; vor allem um Menschen, die sich zur Zeit voneinander zu entfernen scheinen, wieder zusammen zu führen. Auf den härtesten Rock- und Metal-Konzerten kommt es für gewöhnlich nicht zu Auseinandersetzungen, im Gegenteil: Wenn jemand im Mosh Pit zu Boden geht, sind alle anderen hilfsbereit. Es ist viel wahrscheinlicher, in einer stinknormalen Bar aufs Maul zu bekommen.

Obwohl ich kein Experte in Sachen Stoner Rock bin, habe ich meine drei bisherigen Besuche beim Freak Valley Festival bisher immer genossen, und DRIVE BY WIRE würde da super hinpassen, doch natürlich weiß ich auch, dass die Veranstalter mit Anfragen überhäuft werden. Welche Festivals stehen auf Eurer Das-wäre-ein-Traum-dort-zu-spielen-Liste?

Wir treten im Sommer auf einigen großen Festivals in den Niederlanden auf, wo wir die Bühne zum Beispiel mit Volbeat, Danko Jones und Kadaver teilen werden. Wir wollen auch noch einige Festivals in Spanien und Portugal mitnehmen, bevor wir uns im Herbst auf eine ausgedehnte Club-Tour begeben. Aber es steht außer Frage, dass es toll wäre, auf dem Freak Valley zu spielen… oder auch dem Desertfest… Psycho Las Vegas… Sonic Blast Moledo… es gibt echt einige coole Festivals.

Thor Joakimsson (Info)
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