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Interview mit Freund Hein (21.05.2012)

Freund Hein

Ernst und Nonsens mit der etwas anderen Death-Metal-Band FREUND HEIN aus Österreich. Es spricht Fronter Harald, der Mann mit der Butter(!)-weichen Stimme.

  Wer ist der „Sugar Honey Iced Tea Guy“, warum nennt ihr ihn so?

Der Song selbst ist generell allen Arschlöchern dieser Erde gewidmet und in unserem Fall – das stimmt schon – ist der S.H.I.T Guy eine ganz bestimmte Person, die der Band in einer ohnehin schon schwierigen Phase noch zusätzlich in den Rücken gefallen ist. Details möchten wir hier nicht nennen. Die Lyrics sind eine eindeutige Kampfansage, die man auf jedermann beziehen kann.

Wen attackiert ihr mit „European Fuckface“ konkret? Haltet ihr es nicht an sich für eine gute Idee, innerhalb Europas freier agieren zu können, auch wenn die gegenwärtige Politik dies letztlich pervertiert? Was bemängelt ihr genau, und wie sieht die Stimmung Europa gegenüber in eurer Heimat im Augenblick aus?

Ja, freier agieren ist schön und gut. Leider nehmen das viele Politiker gerade in finanzieller Hinsicht sehr wörtlich und „agieren“ sich gegenseitig Unsummen dubioser „Beratungshonorare“ zu. Darum geht es in dem Lied zwar nicht, aber es ist uns auch ein Dorn im Auge. Attackiert in dem Sinne wird alles von Beginn an. Unseren Wohlstand verdanken wir den Ausbeutungen aus der Kolonialzeit, und heute wissen wir nichts mehr davon. Kriege, ethnische Säuberungsaktionen und dergleichen werden verharmlost. Der Einstieg „We hold our head up high, so proud of our past“ spielt darauf an.

Wieso muss der Leibhaftige In „Motör Constrictor“ auf Viagra zurückgreifen und schließlich auf eine Penis-Prothese? Macht die Hitze der Hölle auf Dauer impotent, oder geht es euch darum, auf die Gefahren der Klimaerwärmung aufmerksam zu machen?

Ha ha, die Querverbindung zu meteorologischen Phänomenen ist zwar nett, aber darauf beziehen wir uns nicht. Die Hitze der Hölle ist sicherlich kein Problem; ich glaube, da ist die Kälte im Himmel viel grausamer. Man möge sich hierzu das Verhalten des männlichen Genitalbereichs in einem 10°C kalten See vorstellen.

Atomicalypse“ entwirft ein typisches Zombie-Endzeitszenario; welche Vorbilder habt ihr in dieser Hinsicht, was Film beziehungsweise Literatur betrifft?

Wir sind große Fans von Zombie-Filmen und Splatter, aber entstanden ist der Text anders. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber irgendetwas stand einmal in der Zeitung von „Iran Atomwaffen bla,bla“ … oder war es Nordkorea? Jedenfalls begann ich zu sinnieren, was wohl passieren würde, wenn dies und das geschähe. Viele unserer Texte haben definitiv einen Bezug zu aktuellen Geschehnissen, jedoch oft in einer auf den ersten Blick nicht erkennbaren Art und Weise beziehungsweise sehr offenen Form, in die man weiß Satan was hineininterpretieren kann.

Möchtet ihr mit „Bourbon Time“ wachrütteln, die Gesellschaft möge die Brisanz des Alkoholkonsums nicht unterschätzen?

Eigentlich nicht … oder vielleicht doch. Jeder volljährige und zurechnungsfähige Mensch sollte wissen, was er oder sie sich zumuten kann, und der Bourbon-Killer aus dem Lied ist halt ein Extremfall, der das nicht kann. Wir können das schon – meistens zumindest.

Zu „Residence: Box“: sind wir nicht alle mehr oder weniger hörig und isolieren uns selbst in dieser nunmehr weit gewordenen Welt, derweil wir zugleich zumindest medial in die Ferne schweifen? Stichworte Internet, soziale Netzwerke und Billigreisen in sicher abgeschottete Touristengegenden.

Genau darum geht es. Alles wird standardisiert und über einen Kamm geschoren. Wie wir aber alle wissen, gilt das eher für Anhänger der Popmusik, typische Mitschwimmer halt. Metal-affine Persönlichkeiten sind aber natürlich viel zu klug, um in ein solches Schema zu passen …

Mit „Werechicken Horror Show“ bekennt ihr euch offensichtlich gegen Massentierhaltung. Würdet ihr derart militant gegen menschliche Ausbeuter vorgehen, wie es Cattle Decapitation auf ihren Alben andeuten?

„Offensichtlich“ bist du da in eine unserer multi-interpretierbaren Fallen getappt, ha ha. Grundsätzlich habe ich beim Verfassen der Lyrics nicht einmal annähernd an Tierschutz oder ähnliches gedacht. Es war einfach eine irrwitzige Geschichte, die mir im Kopf herumspukte. Dass die Betreiber solcher Anlagen etwas auf die Fresse verdient hätten, ist dessen ungeachtet jedoch klar.

Wer ist denn der Protagonist von „Hourglass Disaster“? Hat er etwas mit dem Menschen in „Frenzy Inside“ zu tun? Was hat den Kerl in den Wahnsinn getrieben?

Der Protagonist in „Hourglass Disaster“ ist der Tod persönlich, Freund Hein also. Er ist seiner Arbeit müde und scheißt drauf. Dadurch wird die Erde zur Hölle, weil niemand mehr die Toten abholt. Der Kerl in „Frenzy Inside“ ist jeder von uns sechs. Wer uns schon live gesehen hat oder mit uns unterwegs war, wird das bezeugen können … bevor er in Tränen ausbricht – Tränen der Freude natürlich.

Was drückt „Regeneration“ ohne Worte aus? Das Stück beginnt schleppend und steigert sich in puncto Geschwindigkeit zu einem nervösen Höhepunkt – was ist daran regenerierend?

Das ist der „Witz“ dran. Man erwartet eine Ballade und bekommt einen Stuhl in die Fresse.

Wie ist es momentan um die österreichische Szene bestellt? Gute Bands wie Cadaverous Condition oder Chryst agieren mehr oder weniger unterm Schirm der Mainstream-Öffentlichkeit. Wollen die Musiker in eurem Land dies, oder woran liegt der anhaltende Underdog-Status von Gruppen aus eurer Heimat?

Die österreichische Szene ist, wie du richtig erkannt hast, von Größen aus dem Ausland dominiert. Warum heimische Gruppen so wenig unterstützt werden, ist uns selbst ein Rätsel. Es gibt extrem viele erstklassige Bands, die bei uns im Underground agieren, es jedoch verdient hätten, auf den internationalen Bühnen zu performen. There's no business like show business! Manche Dinge wird man hier nie verstehen.

Woran arbeitet ihr momentan? Wird sich eure Musik weiter verändern, und strebt ihr danach, euren Bekanntheitsgrad auszuweiten, oder zieht ihr es vor, ein Thema für Spezialisten zu bleiben?

Wir arbeiten derzeit intensiv an neuen Songs und haben vor, 2013 den Nachfolger der „Bourbon Triggered Death Machine“ auf den Markt zu bringen. Den Stil wollen wir so beibehalten. Wir haben mit diesem Album eine gemeinsame Linie gefunden, und die wird auch vom Publikum mehr als gut aufgenommen. Klarerweise geben wir auch alles, um international Beachtung zu finden, aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, und man muss sich erst eine Fan-Basis aufbauen, was trotz aller Mühe ein Riesenspaß ist und mehr als nur ein zeit- wie arbeitsintensives Hobby. Bis jetzt geht es sehr gut voran, und Freund Hein werden in Zukunft noch einiges für euch aus ihren Kutten-Taschen zaubern …

Andreas Schiffmann (Info)
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