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Interview mit Hartmann (21.11.2013)

Hartmann

Gastsänger und –gitarrist bei AVANTASIA, gefragter Studiomusiker, verantwortlich für einige erstklassige Soloscheiben: Der Name Oliver Hartmann steht für musikalische Qualität. Anlässlich der Compilation „The Best Is Yet To Come“ unterhielten wir uns mit dem sympathischen Charakterkopf. 

Oliver, der durchschnittliche Hardrock- und Metal-Fan wird hierzulande bei der Erwähnung Deines Namens vermutlich zuerst an AVANTASIA denken – siehst Du das auch so, oder täuscht da mein Eindruck?

Da AVANTASIA seit Jahren so erfolgreich läuft, ist das natürlich richtig. Speziell die letzte Tour zu „The Mystery Of Time“, die gerade zu Ende gegangen ist, war definitiv nochmals ein Schritt nach vorne für das Projekt. Viele Hardrock- und Metalfans kommen daher manchmal erst über diesen „Umweg“ zu dem, was ich solo mit Hartmann mache. Aber es freut uns natürlich, wenn wir auch dadurch immer wieder neue Fans dazu gewinnen.

Siehst Du die Zusammenarbeit mit Tobias Sammet als eine reine „Auftragsarbeit“, als „Fun on the road“, oder wie würdest Du sie charakterisieren?

HartmannAlso, Auftragsarbeiten sehen anders aus (lacht). Ich kenne Tobi seit dem ersten AVANTASIA-Album, also nun schon eine ganze Weile, und es macht unwahrscheinlich viel Spaß mit ihm und allen daran beteiligten Musikern zu arbeiten – im Studio sowie auf Tour. Wir waren nun das dritte Mal weltweit unterwegs und trotz aller Professionalität, die natürlich für so eine groß angelegte Tour einfach vorhanden sein muss, haben wir auch jede Menge Spaß auf und neben der Bühne. Es muss zwar jeder, wenn es wichtig ist und gilt, hundertprozentig bei der Sache sein, aber ansonsten würde ich das Ganze am ehesten als „musikalische Klassenfahrt für Erwachsene“ bezeichnen (lacht).

Genug zu AVANTASIA, es soll ja vor allen Dingen um Deine Solo-Alben gehen. Erst warst Du draußen im Kalten, dann Zuhause angekommen, und dann hast Du die Balance gefunden: Sind die Soloalben – lassen wir „3“ mal titeltechnisch außen vor – immer auch eine musikalische Standortbestimmung bzw. drückst Du mit dem Titel des Albums das aus, was Du momentan fühlst?

Natürlich spielt das immer irgendwie eine Rolle, in welcher Verfassung oder Situation man gerade ist. Das heißt, das spiegelt sich in den Songs wieder und letztendlich auch im Albumtitel. „Out In The Cold“ war ein erster Start in einer recht schwierigen Zeit, in der ich auch nicht wusste, wie die Richtung, die ich damit nach meinem Ausstieg bei AT VANCE einschlage, ankommen würde. Umso mehr hat es mich und die Band gefreut, dass das Album so erfolgreich wurde und damals mehrfach Album des Monats war. Mit „Home“ sind wir als Band, bezogen auf Sound und Songwriting, auf eine gewisse Art und Weise musikalisch so richtig Zuhause angekommen. Der Titel unseres letzten Albums „Balance“ war auch in gewisser Weise eine Momentaufnahme unserer Stimmung zu dieser Zeit, da die ganze Arbeit daran, sprich vom Songschreiben bis hin zum Endmix, einfach relaxt und ausgewogen war. Für uns hat einfach alles bestmöglich zusammengepasst.

Entsprechend nehmen wir Dich beim Wort, wenn man den Titel der aktuellen Best-Of-Compilation anschaut: Das Beste wird noch kommen, vielleicht könntest Du ein kleines Update geben, wie der derzeitige Stand in Sachen Studioalbum Nummer fünf ist.

Wir arbeiten schon seit einer Weile wieder an neuen Songs für das nächste Album und haben schon einige sehr gute Tracks zusammen, wie ich finde. Für uns ist auch die aktuelle Compilation nicht eine wirkliche „Best Of“, sondern nach vier Studioalben und einer Live-CD/DVD mehr eine Art Zwischenstand. Die meisten Best-Of Platten erscheinen ja oft, wenn eine Band entweder den höchsten Punkt bereits überschritten hat oder sich gar schon aufgelöst hat. Da wir gestern noch geprobt haben, fällt Punkt zwei schon mal weg (lacht). Auch ersteres sehe ich bei uns absolut nicht so. Wir haben bestimmt in den letzten knapp acht Jahren schon einiges erreicht, aber wir freuen uns schon jetzt auf das nächste Album und das, was noch kommen wird. Daher auch der Albumtitel.

Grundsätzlich ist Dein Sound ja stark im melodischen Hardrock angesiedelt, wobei Du ja hier und dort auch alternative Töne zulässt („Like A River“) oder auch wunderbare Balladen schreibst. Welcher Stil kommt Dir persönlich am meisten entgegen, und welcher kommt auf der Bühne am besten an – oder ist das ländertypisch unterschiedlich? Ich würde ja tippen, dass mitreißende Rocker wie „What If I“ ganz weit vorne liegen…

Das stimmt. Songs wie „What if I“ oder „All my life“, die von ihrer positiven Power und Energie leben, kommen beim Publikum eigentlich immer gut an und gehören auch zu denen, die wir gerne spielen. Aber es gibt auch viele etwas ruhigere oder vielschichtigere Songs, die ich sehr mag und die live sehr gut ankommen. Zum Beispiel „Crying“ oder „Out In The Cold“. Aber das hängt natürlich alles auch ein bisschen von der eigenen Stimmung ab oder wie das Publikum reagiert. Auch das kann immer mal wieder anders sein, nach Ländern allerdings würde ich das nicht typisieren.
Hartmann
Inwiefern ist es in der heutigen Zeit, in der Plattenverkäufe immer weniger relevant sind, noch sinnvoll, eine Best-Of-Compilation auf den Markt zu bringen?

Natürlich werden die Platten- oder CD-Verkäufe allgemein nicht unbedingt besser und das bekommen wir logischerweise auch zu spüren. Auch kann sich jeder heute im digitalen Zeitalter seine Lieblingstitel einer Band bei iTunes, Amazon und anderen Anbietern prinzipiell selbst zusammenstellen. Unser Album ist auch digital in der nächsten Zeit erst einmal nur als Bundle erhältlich. Aber zusätzlich zu den Songs, die unserer Meinung nach zu den besten oder zu den beliebtesten bei den Fans gehören, gibt es auf „The Best Is Yet To Come“ noch einige Bonustracks, die bisher gar nicht oder kaum zu bekommen waren. Neben einer speziellen Singleversion von „Suddenly“ haben wir auch noch eine Liveversion vom „Brothers“ mit aufs Album gepackt, bei dem Tobias Sammet und Sascha Paeth beide mit auf der Bühne waren. Wir haben auch alle Songs für das Album nochmals remastert, was einigen Titeln wirklich recht gut getan hat. Ein weiterer Aspekt war, dass einige unserer Alben in den letzten Jahren auch aufgrund von Vertriebsproblemen etwas schwer zu bekommen waren.

Und der Re-Release von „Out In The Cold“ hängt vermutlich damit zusammen, dass Du gerade mit AVANTASIA – sorry, dass ich auf dem Thema rumreite – recht erfolgreich getourt bist, oder? Werden die anderen Studioalben auch noch wiederveröffentlicht?

Mit der AVANTASIA-Tour hängt es eigentlich nicht wirklich zusammen. Wir hatten das Album ja bereits 2009 wiederveröffentlicht, es war aber mittlerweile schon wieder vergriffen. Anstatt es einfach nur in der Originalversion nachpressen zu lassen, fanden wir es besser, auf den jetzigen Re-Release den Japan-Bonustrack „Rescue In My Arms“ mit draufzupacken. Das Album „3“ werden wir auch in absehbarer Zeit wiederveröffentlichen sowie auch unsere Live-DVD „Handmade“, eventuell sogar als Special-Edition mit DVD und CD. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es aber noch nicht.
Hartmann
Was ist Dir persönlich eigentlich wichtiger, das Singen oder das Gitarrespielen? Ich war, ehrlich gesagt, überrascht, dass Du auch Gitarre spielst, ich hatte Dich bislang immer „nur“ als Sänger wahrgenommen.

Da ich in den ersten Bands, die erfolgreich waren, wie z.B. AT VANCE oder AVANTASIA, zunächst nur als Sänger dabei war, kennen mich bis heute viele eben nur als reinen Sänger. Das hat sich natürlich durch HARTMANN und auch die Touren mit AVANTASIA in den letzten Jahren etwas geändert. Was für mich von beidem wichtiger ist, ist schwer zu sagen. Mit Gesang lässt sich vielleicht hier und da noch etwas mehr oder auch persönlicher ausdrücken als mit dem Instrument. Ein wirklich aussagekräftiges Gitarren-Instrumental mit Tiefgang zu schreiben, ist auch eine hohe Kunst, die meines Erachtens nach auch nur wenige beherrschen. Jeff Beck ist einer davon. Ich selbst habe, bevor ich mit dem Singen angefangen, auch als Gitarrist begonnen. Daher fühle ich mich wahrscheinlich auch heute auf der Bühne noch wohler, wenn ich zusätzlich zum Singen noch etwas in der Hand habe (lacht).

Lothar Hausfeld (Info)
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