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Interview mit Forté (27.10.2012)

Forté

Nach dem anständigen neuen FORTÉ-Album "Unholy War" dürfen wir aufrichtig hoffen, dass die altgedienten Thrasher nun bei der Stange bleiben und ihr nächstes Album endlich wieder mit James Randel aufnehmen, der längst erneut zur Band gehört, wie Drummer Greg Scott, ein echter Fels in der Brandung, überraschenderweise kundgibt.

Was habt ihr während all der Jahre getrieben, in denen man nichts von euch hörte?

Wir haben jedenfalls nie aufgehört, Musik zu machen. Die letzte Scheibe wurde 1999 veröffentlicht, wir spielten live mit Manowar, Testament, The Haunted, Death, Hammerfall und vielen anderen Bands. Dass es mit Massacre bergab ging, war uns klar: Sie schwenkten über Nacht um von gutem Metal zu Sachen wie Theatre Of Tragedy, also zogen wir unser Ding auf eigene Faust durch. bis 2005 zockten wir mit allen möglichen Gruppen von Morbid Angel über Solitude Aeturnus bis zurück zu Nile und nahmen Demos auf. 2006 kam es zur Reunion mit den Instrumentalisten der ersten Besetzung. Dies war sozusagen der Anlass für einen Neustart, den wir sogar mit James Randel versuchten, aber das klappte wegen seiner persönlichen Probleme erneut nicht. Deshalb kehrte David Thompson zurück und leistete klasse Arbeit auf "Unholy War". Randel ist mittlerweile wieder im Boot, und wir hoffen, dass es dabei bleibt, denn wir betrachten uns als Brüder, wenn wir vom Wesen her auch arg unterschiedlich sind, was auch für Rev gilt.

Wie habt ihr ihn davon überzeugt, wieder einzusteigen?

Er spielt weiterhin bei MSG, Leslie West, und Steelheart, wenn mich nich alles täuscht. Er ist allerdings wieder in unsere Gegend gezogen, hat geheiratet und Zeit für Shows, Aufnahmen und so weiter. Bei FORTÉ kann er an die Grenzen seines Spiels gehen, und ich glaube, das bereitet ihm eine Menge Freude. Er und mein Bruder Jeff verstehen sich blind.

Kommen wir zu den Texten. Wenn ihr von einem unheiligen Krieg sprecht, gibt es dann auch einen heiligen, oder sind nicht alle Kriege unlauter?

Ja, da hast du natürlich Recht, bloß wenden wir uns mit dem Titel gegen das, was gegenwärtig in den USA geschieht. Die christlichen und politischen Maschinerien zwingen den Menschen fadenscheinige Moralvorstellungen auf. Jeder, der in diesem Land für ein höheres Amt kandidieren will, muss sich als konservativer Christ mit blütenweißer Weste bekennen, aber diese Männer sind weit davon entfernt, heilig zu sein. Ich hasse es, wenn man aus religiösen Gründen oder zur Ablenkung von politischen Unzulänglichkeiten Kriege vom Zaun bricht. Das ist schlichtweg falsch und Augenwischerei, die bei naiven Menschen funktioniert.

In „Dead To Me“ geht es um eine Droge, die quasi vergöttert wird...

Das kann man so und so sehen, wörtlich und im übertragenden Sinn, denn Religion kann genauso ein Suchtmittel sein. Eigentlich geht es in dem Stück aber darum, dass ich zusehen musste, wie Leute, die ich liebte und achtete, harten Drogen zum Opfer fielen. Ich will nicht heucheln, denn auch ich habe einiges ausprobiert, aber eben nicht über die Stränge geschlagen. Diese Menschen verherrlichen das Zeug jetzt und richten sich gleichzeitig selbst zugrunde. Sie haben ihre Freiheit aufgegeben, Familie, Freunde, Karriere und Kinder. Wir mussten sie aus unseren Leben verbannen, daher der Titel des Songs. Wir brauchen ihre Negativität nicht.

Handelt „Take The Mark“ explizit von Christus?

Hier geht es um Indoktrination, besonders bei Kindern. Religiöse Fanatiker impfen ihnen ihre Vorstellung der Realität ein. Ich bin kein gläubiger Mensch, also verwende ich Metaphern aus diesem Themenfeld für gewöhnlich, um Kontrolle und Besessenheit zu umschreiben.

In „Rain Of Fire“ leugnet ihr Gottes Existenz, gleichzeitig da ihr Höllenbilder heraufbeschwört; wie passt das zusammen?

Es soll so verstanden werden, dass kein Gott den Menschen davor bewahren kann, wie er auf seinen eigenen Untergang hinarbeitet. Wir zerstören unseren Planeten systematisch und haben keinen Überlebensplan, müssen also die Konsequenzen ausbaden. Jeder, der nicht erkennt, dass der Planet im Wandel begriffen ist, verschließt seine Augen vor der Wahrheit.

„Gears Of Damnation“ stellte mich inhaltlich vor ein Rätsel...

Das liegt daran, dass dieses Lied recht persönlich ausgefallen ist. Textlich geht es in Richtung "Born Under A Bad Sign": Einige von uns wandeln auf verschlungenen Pfaden durchs Leben und stellen irgendwann fest, dass es kein Seelenheil gibt. Sie müssen auf derselben Welt bleiben wie alle anderen und können allenthalben von einem Paradies träumen. Sie sind also hier bei uns und genauso verdammt. "Gears Of Damnation" ist ein Sinnbild für den Pfad zur Hölle.

Ein anderes ist die Vokabel "rising above", das über sich Hinauswachsen, die sich wie ein roter Faden durch euer Schaffen zieht.

Das ist ausnahmsweise keine religiöse Metapher, sondern steht stellvertretend für den Willen zum Überleben, für Stärke und das Streben nach Erleuchtung. Dass sich dieser Gedanke durch unsere Alben zieht, ist wohl nicht bewusst geschehen, aber ja, es stimmt schon.

„Absolute Power“ scheint mir dagegen von Soldaten zu handeln...

Nein, es wurde aus dem Blickwinkel eines Jedermann geschrieben, der seinen Unterdrücker fragt: "Was bildet ihr euch ein? Zu dem, was ihr tut, besitzt ihr kein Recht." Das gemeine Volk hat einfach keine Stimme und wird von Wölfen repräsentiert.

Greift „Undying“ den Gedanken von Unsterblichkeit auf?

Ich habe den Text über meinen Vater geschrieben, der eine wirkliche Marke war, wenn auch nicht der beste Dad aller Zeiten. Ich nehme an, er hat sich bemüht; auf jeden Fall war er zu Großartigem fähig, haderte aber leider mit gewissen Dämonen. Am Ende erlitt er einen fast tödlichenSchlag, konnte nicht mehr sprechen und war teilweise gelähmt. Ich halte meinen Vater für einen tapferen Mann; er las immer viel, und die Behinderung setzte ihm entsprechend zu. So kam es, dass er komplett abschaltete, nachdem er sich wohl entschlossen hatte, überhaupt nicht mehr mit der Welt zu kommunizieren. Je näher er dem Tod kam, desto weiter zog er sich in seine eigene Welt zurück. Er starb sozusagen lange nachdem er den Entschluss dazu gefasst hatte. "Undying" bezieht sich auf die Tatsache, dass er das Ende ersehnt und doch nicht sofort bekommen hat.

Steht „Stronger Than Death“ damit in Verbindung?

Nein, es erinnert daran, dass Jeff und ich FORTÉ 25 Jahre lang am Leben gehalten haben - trotz privatem Ärger, Geldnot und Krankheiten, gegen Verräter und Drogen, gemeine Ex-Roadies und -Mitglieder. Wir haben durchgehalten und beobachtet, wie sich unsere gesamte Generation in die Nesseln setzte. Scheitern ist für uns keine Option; wir weigern uns, mit dem zu brechen, was wir aufgebaut haben, sind "heavier than time, stronger than death".

Was steht demnächst bei euch an?

Im Januar 2013 erscheint "Invictus", eine Doppel-CD mit den neu gemasterten Alben "Division" von 1994, "Destructive von 1997 sowie der 99er Scheibe "Rise Above". dazu gibt es andere Artworks, Bonustracks und vieles mehr. Außerdem legen wir "Unholy War" in einer limitierten 500er Auflage als LP auf, und im Juli besuchen wir euer Headbangers Open Air. Das wird großartig, aber eine ausgewachsene Tournee gestaltet sich schwierig. Am liebsten würden wir eine mit Anthrax, Overkill oder Exodus durchziehen, die wir hier schon einmal begleitet haben. Wir killen immer, auch und gerade vor Dokken zum Beispiel. Hoffentlich sehen uns eine Menge von euch. Glaubt mir: Das Beste von FORTÉ kommt erst. Vielen Dank fürs Interview!

Andreas Schiffmann (Info)
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