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Wacken Open Air 2013 - Samstag - Wacken - 03.08.2013

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Nach dem freitäglichen Hitze-Overkill zeigt der Wacken-Samstag sich gemäßigter in Sachen Wetter. Es ist sogar recht bewölkt und soll im Verlauf des Tages auch mal regnen. Letztlich wird es bei einem kräftigen Schauer bleiben, der aber dafür sorgt, dass sich auf dem Gelände wieder ein paar Schlammlöcher auftun, weil der Boden aufgrund des schlechten Wetters in den Wochen vor dem Festival noch gesättigt ist.

CallejonZum Frühschoppen geht es heute zur True Metal Stage. Dort hat sich um 12 Uhr schon eine stattliche Menschenmenge versammelt, um sich die rheinischen Screamo-Helden CALLEJON anzusehen. Mit 35 Jahren hat man den Eindruck, den Altersschnitt im Publikum gehörig nach oben zu schieben und mit unbuntem Bandshirt wirkt man wie ein Exot. Nach dem Bombastintro vom Band stürmt die Band auf die Bühne und legt mit dem Titeltrack ihres letzten regulären Albums "Blitzkreuz" los. Die ersten Versuche, einen Circle Pit zu starten, sehen noch zaghaft aus, im weiteren Verlauf wird das Publikum aber munterer und agiler. "Dieses Lied macht betroffen" ist glatt gelogen, denn das Publikum reagiert mit Jubel und Applaus und beim FETTES BROT-Cover "Schwule Mädchen" geht es dann richtig ab. Der Song stammt bekanntlich vom Coveralbum "Man spricht deutsch", angesichts dessen CALLEJON schon früh die Idee hatten, HEINO mit aufs Wacken zu bringen. Aber da hatten RAMMSTEIN die besseren Karten. Setlist CallejonIm weiteren Verlauf gibt es natürlich noch den "Schrei nach Liebe", umrahmt von eigenen Songs wie "Atlantis", "Lass mich gehen", dem alten "Snake Mountain", "Zombified" und der Ballade "Kind im Nebel". Die Mischung ist also ausgewogen, wenngleich CALLEJON immer dann am meisten Spaß machen, wenn es straightforward geht. Der kontinuierliche Anstieg der Massentauglichkeit des Materials ist an diesem Mittag allerdings auch nicht zu übersehen. Warum man unbedingt ein Drumsolo einbauen muss, sei dahingestellt, unzweifelhaft ist aber die Entscheidung, dem Publikum auch die beiden "Porn From Spain"-Songs sowie das Gute-Laune-Lied "Sommer, Liebe, Kokain" zu kredenzen. Wie so oft bei den kleinen Bands zu Beginn ist auch hier der Sound bestenfalls mittelmäßig, die bewegliche Performance der Band aber überzeugend – auch wenn Sänger BastiBasti mit seinem Make-up bescheuert aussieht. Passabler Muntermacher.

Fear FactoryWeiter geht es direkt danach auf der Black Stage mit FEAR FACTORY. Die einstigen Helden der 90er ziehen auch im Jahre 2013 noch jede Menge Publikum vor die Bühne, das jedoch Zeuge eines partiellen Debakels werden soll. Im Vorfeld wurde gemunkelt, dass die Band möglicherweise ihr wegweisendes "Demanufacture"-Album am Stück spielen würde und tatsächlich geht es mit dem Titeltrack und "Self Bias Resistor" los. An dritter Stelle folgt jedoch mit "Shock" der Opener von "Obsolete". War also nix. Ist der Sound anfangs noch zu drumlastig, verbessert sich die Qualität und je lauter die Gitarre wird, desto typisch steril und furztrocken wird der Klang. Das Problem von FEAR FACTORY ist jedoch Frontmann Burton C. Bell. Dass er bei den Klargesangspassagen nicht immer eine gute Figur macht, ist allgemein bekannt, aber heute liegt er so dermaßen neben der Spur, dass es in den Ohren schmerzt. Man kann an einer Hand abzählen, wie viele Melodien tatsächlich so sitzen, wie auf Platte – also so gut wie keine. Es ist wirklich zum Wegrennen, was er da fabriziert. Dem Publikum scheint das aber weitestgehend egal zu sein. Die Zahl der Crowdsurfer Setlist Fear Factorysteigt immer weiter an und zumindest instrumental werden "Edgecrusher" und das neuere "The Industrialist" ordentlich dargeboten. Gitarrist Dino Cazares ist im Rahmen seiner Möglichkeiten recht agil, während Basser Matt DeVries quasi durchbangt. Nach "Powershifter" und "What Will Become?" wagt man einen kurzen Abstecher zu Party Stage, wo ALESTORM ihren Piraten-Metal mit leisem, schlechtem Sound absondern. Die Hobbits vor der Bühne erfreuen sich am ultra-cheesigen Material und dem ekelhaften, pinken Umhängekeyboard des Sängers – schnell zurück zur Black Stage. Dort muss man dann miterleben, wie gründlich Bell den Riesenhit "Replica" verhunzt, bevor die Debütnummer "Martyr" den Schlusspunkt unter einen Auftritt setzt, der genau so viel Licht wie dunkelsten Schatten zu bieten hat.

Die Apokalyptischen ReiterBesser sieht es da bei DIE APOKALYPTISCHEN REITER aus, denn deren Frontmann Fuchs macht auch bei Klargesang eine gute Figur. Vor der True Metal Stage ist es nun richtig voll und die Leute haben Bock auf die Reiter und ihre Show, die heute jedoch ein bisschen reduziert ausfällt und lediglich bekannte Elemente zu bieten hat. Das Gummiboot bleibt beim "Seemann" aus Sicherheitsgründen im Hafen und die Idee der Band, kostenlose Shirts ans Publikum zu verteilen wird von den Organisatoren unterbunden. Da hat man wohl noch das Chaos vor Augen, das HEAVEN SHALL BURN bei ihrem letzten W:O:A-Auftritt mit einer ähnlichen Aktion verursacht haben. Vielleicht hätten DIE APOKALYPTISCHEN REITER gar nicht erst fragen sollen. Die starten mit "Komm" und "Du kleiner Wicht" fulminant in ihr Set, allerdings könnte der Sound druckvoller sein. "Der Adler" fliegt, das Publikum versucht, es ihm mit Hüpfen nachzumachen oder lässt sich über die Köpfe der anderen tragen. Als Fuchs die "Revolution" ausruft und die Reiter-Fahne schwenkt, singen tausende Kehlen mit und Keyboarder Dr. Pest rennt mit der Peitsche über die Bühne. Ansonsten schaukelt er gemütlich an seinem Keyboard. "Es wird schlimmer" Setlist Die Apokalyptischen Reiterskandieren die Reiter, während man im Publikum feststellt, dass es heißer wird. Trotzdem fließt das "Adrenalin" in Strömen. "Nach der Ebbe" kommt bekanntlich die Flut und der Blick gen Himmel verheißt nicht allzuviel Gutes, denn es zieht sich da oben immer weiter zu. Es bleibt aber noch trocken und so wird "Metal Will Never Die" abgefeiert. Das kurze Trommel-Keyboard-Solo dient als Umkleidepause, denn zu "Moral & Wahnsinn" kommt Fuchs mit Priesterrobe auf die Bühne, während die Saiteninstrumentalisten mit Gasmaske und Ledermantel martialisch aussehen. Ein Männchen im gepunkteten Ganzkörperanzug schießt derweil grüne Schnipsel ins Publikum. Mit "Wir hoffen" geht es dann langsam auf die Zielgerade, auf der "Die Sonne scheint" zwar inzwischen eine glatte Lüge ist, aber ebensowenig fehlen darf wie die heitere "Reitermania". Den Abschluss eines guten Auftritts, bei dem die Musik etwas mehr im Vordergrund steht, als die Show, macht das "(Ghost) Riders In The Sky"-Cover. (ASZ)

Während LAMB OF GOD nebenan ordentlich den Hammer kreisen lassen, zieht es die Zartbesaiteteren zu SONATA ARCTICA. Die Finnen, die zu Karrierebeginn oftmals und nicht ganz zu Unrecht als STRATOVARIUS-Klone verschrien waren, haben sich schon längst ihre Unabhängigkeit erspielt und wie etabliert sie sind, zeigt sich auch am beeindruckend großen Zuschauerzuspruch vor der Party Stage. Der Sound ist noch nicht optimal (was ist denn dieses Jahr bloß los an den Wacken-Mischpulten?), als "Only The Broken Hearts" vom letzten Album den Set eröffnet. Besonders dem Gesang von Tony Kakko fehlt es anfangs an der Feinjustierung. Die Fans stört das indes nicht im Geringsten, klatschen sie sich doch von Beginn an brav durch sämtliche Songs, die ihnen der Romantik-Fünfer präsentiert. Setlist Sonata ArcticaWer ein Beleg braucht, dass sich Keyboard-Metal weiterhin großer Beliebtheit erfreut, bekommt ihn hier eindrucksvoll geliefert. Die Band selber gibt sich bei so viel Begeisterung überraschend zurückhaltend, denn bis auf die knappen Ansagen des Frontmanns geht es aktionsmäßig sehr überschaubar zu auf der Bühne. Aber die Polarkreis-Skandinavier haben es ja bekanntlich nicht so mit der Euphorie. Der (zumindest in den hinteren Reihen) auffällig stark vertretene weibliche Fan-Anteil zeigt sich unterdessen bei Songs wie "Losing My Insanity" und "The Last Amazing Grays" beeindruckend textsicher. Bei "I Have A Right" setzt dann der Regen ein oder um es anders zu beschreiben: Es schüttet auf Schlag wie aus Eimern. Das Unterstellen beim anliegenden Nuclear-Blast-Stand erweist sich als nicht zielführend, da der erhoffte kurze Schauer kein Ende nehmen will und da die nächsten Großereignisse nicht auf sich warten lassen, bleibt nur der Rückzug. Die eingefleischten Anhänger verharren selbstredend und auf dem von Pfützen bis kleinen Seen gestaltetem Rückweg schallt einem noch weit die tausendfache Begeisterung für das bekannte "Don't Say A Word" hinterher.

AnthraxRechtzeitig zu ANTHRAX hat Petrus zum Glück ein Einsehen. Man darf sich nur ärgern, wenn man wie der Verfasser dieser Zeilen aufgrund des erforderlich gewordenen Kleiderwechsels den Beginn der Show verpasst hat, denn die amerikanische Thrash-Legende liefert entgegen aller Bedenken aufgrund der Besetzungsquerelen der letzten Jahre und der anhaltenden Unsicherheit, wen man denn heute auf der Bühne wird bewundern können, einen Bomben-Gig ab. Schon auf dem Weg zur True Metal Stage lassen die vielversprechend klingenden "Among The Living" und "Caught In A Mosh" die Vorfreude steigen und mit dem Erreichen des vom Regen stark gezeichneten Infields zu "Efilnikufesin (N.F.L.)" bestätigt sich der vorher zu hörende gute Eindruck. Als erstes heißt es aber, sich einen Überblick zu verschaffen, mit welchem Line-up man es denn nun dort oben zu tun hat. Da wären natürlich schon mal der nicht wegzudenkende, ziegenbärtige Schwiegersohn von MEAT LOAF, den Eingeweihten auch bekannt als Gitarrist Scott Ian, und dessen langjähriger Mitstreiter Frank Bello am Bass. Am Schlagzeug sitzt statt Charlie Benante (keine Ahnung, warum der jetzt wieder fehlt) heute wieder Allround-Ersatzmann Jon Dette, der ja zuletzt auch bei SLAYER und HEATHEN ausgeholfen hat. Und die Leadgitarre des ausgestiegenen Rob Caggiano (mittlerweile bei VOLBEAT) bearbeitet wie zuletzt Jon Donais von SHADOWS FALL. Die Band macht aber keineswegs einen durcheinandergewürfelten Eindruck, sondern präsentiert sich als gut eingespielte Einheit, die sich bei bestem Sound (endlich mal) präzise durch ein Klassiker-Programm (bei dem die John-Bush-Phase gänzlich außen vor bleibt) spielt. Am beeindruckendsten ist dabei aber ganz klar Joey Belladonna. Der vor drei Jahren zurückgekehrte Sänger ist nicht nur daueraktiv und verdient sich im Laufe des 75-minütigen Gigs ein Laufabzeichen, er beeindruckt vor allem mit seiner Gesangsleistung. Hier passt heute jeder Ton, jeder Scream sitzt und es gelingt ihm, dass man einen Spitzenmann wie John Bush tatsächlich nicht vermisst. Zu Beginn und während "In The End" hält er dann doch mal inne und streckt den Fans die Pommesgabel entgegen. Dies tut er zu Ehren und Gedenken von Ronnie James Dio und Dimebag Darrell, deren Portraits während des Streicherintros neben Anthraxdem Schlagzeugpodest enthüllt werden. Weist Belladonna sowieso schon eine gewisse Ähnlichkeit auf, übernimmt er in dem Song auch die Gestik und den Gesangstil des verstorbenen Metal-Gottes. Die Ehrerbietung an die großartigen beiden Musiker ist auf jeden Fall voll gelungen und setzt dem tollen Auftritt unterm Strich die Krone auf. Nach der im Refrain sehr melodischen Nummer vom letzten Album "Worship Music", dessen Cover das Backdrop ziert und von dem später noch "Fight 'Em 'Til You Can't" zum Einsatz kommt, stellt Scott Ian die berechtigte Frage "Do you like Thrash Metal?", denn es folgt der Brecher "Deathrider" vom ersten Album. An diesem Übergang lässt sich gut festmachen, wie sich ANTHRAX stilistisch gerade in den letzten Jahren verändert haben. Ein großer Teil des Volkes lässt sich nicht zweimal bitten und nutzt den aufgrund der Schlammpfützen vorhandenen Platz, Setlist Anthraxum wie schon zu Beginn des Auftritts noch schneller seine Kreise zu ziehen. Diverse freiwillige Schlammwelse sind seit dem Regen ja wie zu erwarten und zu befürchten war, sowieso ständig zu 'bewundern'. Beim AC/DC-Cover "T.N.T" sind dann erst mal die Gesangskünste der Fans gefragt, bevor sich wie von Belladonna gewünscht zu "Indians" einer der größten Circle Pits des Festivals entwickelt. Das punkige "Got The Time" danach ist dafür mindestens ebenso gut geeignet. Das Schlussviertel zieht mit "I Am The Law", "Madhouse" und dem TRUST-Cover "Antisocial" dann noch mal sämtliche Register in Sachen Band-Klassiker, auch wenn man sich insgeheim doch die ein oder andere Nummer aus der Bush-Ära gewünscht hätte. Insgesamt dennoch ein sehr amtlicher Auftritt, der die Hoffnung weckt, dass das Theater hinter der Bühne bei ANTHRAX jetzt endgültig der Vergangenheit angehört und die Band ab sofort wieder ausschließlich durch ihre Musik von sich reden macht.

Das Backdrop mit dem berühmten gehörnten Schädel weist darauf hin, dass auf der Black Stage tatsächlich gleich der Schinkengott zu seinem ersten Wackenauftritt erscheinen wird. Es ist ja immer zu befürchten, dass irgendwelche Eskapaden einen Auftritt von DANZIG noch verhindern oder zumindest zu Verzögerungen führen. Aber siehe da, nachdem ein fieses Bassdröhnen eingesetzt hat, ist der schwierige Dämonenmeister heute tatsächlich pünktlich. Mit "Skincarver" legt er los und wird dabei von seiner eingespielten Gefolgschaft, die ihm jetzt schon einige Jahre in selber Konstellation zur Seite steht, tatkräftig unterstützt. Zu der namhaften Truppe gehört neben dem ehemaligen SAMHAIN-Bassisten Steve Zing weiterhin der mittlerweile vollbärtige PRONG-Chef Tommy Victor sowie der ehemalige TYPE O NEGATIVE-Schlagwerker Johnny Kelly, der u.a. auch noch bei BLACK LABEL SOCIETY aktiv ist. Glenn Danzig selber scheint heute ebenfalls einen guten Tag erwischt zu haben. Kaugummi kauend und mit Haartolle versehen (dafür nicht so wie früher im Gummi- oder Netzhemd), tritt er zwar gewohnt martialisch auf, inklusive seiner typischen, umgedrehten Mikro-Haltung, aber man hat ihn doch schon wesentlich aggressiver vor allem auch ausfallender erlebt. Das gelegentliche Rotzen auf die Bühne ist dabei wohl ebenso wie die spätere Aufforderung "chicks show me your tits" der erforderlichen Coolness geschuldet. Dafür ist er für seine Verhältnisse sogar recht gesprächig, etwa wenn er von der einzigen Deutschland-Show berichtet, und stimmlich (über 'gesanglich' könnte man sich streiten) Setlist Danzighat er über die Jahre auch nicht viel eingebüßt. Nach "Hammer Of The Gods" vom letzten Album folgt mit "Twist Of Cain" der erste richtige Klassiker und sofort kommen die Fans mehr in die Gänge. Im drumlastigen Sound darf man sich danach an weiteren Großtaten der ersten drei Alben erfreuen und das tut auch FEAR FACTORYs  Dino Cazares, der vom Bühnenrand zuschaut und sichtlich seinen Spaß hat. Nach "How The Gods Kill" ist es dann an der Zeit für das angekündigte MISFITS-Special. Dafür stößt als Special Guest deren ehemaliger Gitarrist und Glenn Danzigs dortiger Bandkollege Paul Doyle Caiafa, auch bekannt als Doyle Wolfgang von Frankenstein, dazu. Dieser ist dann ab sofort auch der absolute Blickfang auf der Bühne, was nicht alleine nur an seiner Maskierung und seiner Devilock liegt. Denn während Glenn Danzig im Bauchbereich doch etwas rundlicher geworden zu sein scheint (und gefühlt einen halben Meter kleiner ist), weiß Doyles nackter Oberkörper mit seinen Muskelpaketen mächtig zu beeindrucken. Der Mann ist fast fünfzig, hat aber kein Gramm Fett am Körper und macht offensichtlich dreimal so häufig Krafttraining wie er Gitarre spielt. Diese kann er trotzdem noch bestens bedienen, wie der folgende Ausflug durch den Horror-Punk vergangener Tage belegt. Auch wenn ich persönlich mir stattdessen mehr DANZIG-Songs gewünscht hätte, machen die kurzen und knackigen Nummern mehr Laune als man vorher vermutet hätte. Das Energielevel ist durchgehend hoch und Songs wie "Death Comes Ripping", "I Turned Into A Martian" und besonders "Last Caress" verbreiten ordentlich Pogo-Stimmung im Wacken-Volk. Zum bekanntesten DANZIG-Hit "Mother", der wie erwartet ebenfalls lauthals vom Publikum mitgegröhlt wird, überlässt Doyle dann wieder seinem heutigen Chef alleine die Show, um zum krönenden Abschluss "Die, Die My Darling", das viele der Anwesenden vermutlich nur von METALLICA kennen, noch mal zurückzukehren. Vorher hat sich der Meister himself noch brav beim Publikum bedankt – was man für diesen Auftritt nur zu gerne erwidert. (LS)

DevilDriverWährend Kollege Schuckar sich mit dem Schinkengott vergnügt, zieht es mich nochmal zur Party Stage. Dort stehen DEVILDRIVER mit ihrem melodischen Geprügel auf der Bühne und werden Wacken-technisch entjungfert – sie sind tatsächlich zum ersten Mal dabei. Blöd nur, dass sie auf dieser Bühne spielen müssen, denn auch bei ihrem Auftritt ist der Sound alles andere als gut. Somit ist die Party Stage letztlich das größte Ärgernis in diesem Jahr. Entweder ist der Sound wie bei CORVUS CORAX oder AMORPHIS zu leise und wird von den Hauptbühnen gestört oder er ist schlicht und ergreifend beschissen, wenn er wie bei SOILWORK und DEVILDRIVER dann zumindest etwas lauter ist. Hier ist für 2014 dringender Handlungsbedarf angesagt, denn wenn das Publikum 170 € Eintritt bezahlt, sollte man wenigstens guten Sound auf allen Bühnen haben, denn letztlich sind wir hier immer noch auf einem Festival, bei dem die Musik im Vordergrund steht (oder stehen sollte) und dementsprechend hörbar sein muss. Zurück zu DEVILDRIVER, die zwar Engagement auf der Bühne beweisen und sich durch eine SSetlist DevilDriveretlist prügeln, die alle Alben berücksichtigt (mit den Live-Weltpremieren "Ruthless" und "The Appetite" auch das noch nicht erschienene neue Werk), aber bei denen man auch eine gewisse Gleichförmigkeit im thrashigen Death Metal ausmacht. Und so steht man dann herum und wartet letztlich auf die drei großen Hits "I Could Care Less", "Clouds Over California" und "Hold Back The Day", die allesamt im letzten Drittel des Auftritts zum Zuge kommen. Danach zieht man nicht unzufrieden, aber auch nicht wirklich glücklich wieder von dannen, um noch einen kurzen Blick auf TRIVIUM zu werfen. Die spielen vor einer brechend vollen True Metal Stage, haben eine kühle Eis-Deko auf der Bühne und  machen ihre Sache bei den drei von elf Songs, die man sich ansieht, sogar ein bisschen besser als erwartet. Trotzdem kein Grund, das Abendessen noch weiter hinauszuzögern. (ASZ)

CandlemassDer Auftritt von ALICE COOPER soll ja ziemlich geil gewesen sein, wie man gehört hat. Wenn man diesen verpasst hat, muss man sich dennoch nicht ärgern – sofern man denn zur gleichen Zeit vor der Party Stage gestanden hat, um CANDLEMASS zu sehen. Diese Überschneidung war natürlich völlig für die Füße (wertes Organisatoren-Team), aber dennoch fiel die Entscheidung zugunsten der Doom-Könige nicht schwer, schließlich hat man Mr. Furnier und sein Horror-Team in den letzten Jahren des Öfteren gesehen, auch in Wacken, und bei CANDLEMASS könnte es die nächste Zeit schwer werden, diese zu Gesicht zu bekommen. Hinzu kommt noch die heutige Besetzung der Schweden, die nicht nur eine Premiere verspricht, sondern auch eine einmalige oder rare Angelegenheit sein könnte. Die Rede ist hier natürlich in erster Linie von der Sängerposition, denn heute steht Mats Léven hinterm Mikro, der für die gebuchten Shows den gefeuerten Rob Lowe ersetzt. So ganz neu im Umfeld der CANDLEMASS-Familie ist die singende Wunderwaffe, die schon auf den unterschiedlichsten Veröffentlichungen der Metal-Szene zum Einsatz kam, natürlich nicht, schließlich hat er schon vor knapp 20 Jahren für Bandchef Leif Edling das "Abstrakt Algebra"-Album eingesungen und ist mit diesem zudem weiterhin in dessen Zweitband KRUX aktiv. Das Doom-Geschäft ist ihm also alles andere als fremd. Nach dem bekannten Trauermarsch bzw. "Funeral March" zur Einstimmung steht der Lockenkopf dann auch bereits beim kraftvollen "Prophet", Candlemassdem Opener des letzten Albums, sofort im Blickpunkt und wird im weiteren Verlauf seinem tadellosen Ruf vollauf gerecht. Neben seiner gesanglichen Spitzenleistung, durch die man während des Sets keinen der Originalsänger großartig vermisst - okay, abgesehen von "Bewichted", das mit Messiah Marcolin nicht zu toppen ist - macht er auch seinen Job als Frontmann tadellos. Er verleiht dem erhabenen Material auch durch seine Gestik den passenden Rahmen, headbangt wenn es die Solopassagen seiner Mitstreiter zulassen und schwingt bei "Emperor Of The Void" auch schon mal enthusiastisch die Totenkopffahne. Speziell im Vergleich zu Rob Lowe, der trotz seines guten Gesangs immer mit Textproblemen zu kämpfen hatte, ist er eine regelrechte Rampensau auf der Bühne. Seine Spielfreude strahlt auch auf die Band ab, die äußerst gelöst und zufrieden wirkt, allen voran Leif Edling, den man schon länger nicht mehr so häufig hat grinsen sehen. Verstärkt wird das eigentliche Quintett heute noch durch Live-Keyboarder Per Wiberg von den SPIRITUAL BEGGARS. Das nicht übermäßig zahlreiche, dafür aber äußerst fachkundige Publikum darf weitere, mit unsterblichen Riffs versehene Göttergaben wie "Under The Oak", "At the Gallows End" und "Crystal Ball" im besten Sound des Festivals genießen, und es macht wehmütig, wenn einem bewusst wird, dass diese Band zukünftig nur noch als Hobby betrieben werden soll. Vom (angeblich wortwörtlich)Setlist Candlemass letzten Album kommen insgesamt vier Songs zum Einsatz, die live hervorragend funktionieren und nicht weniger zu packen wissen als das alte Material, womit auch noch mal die tatsächliche Qualität von "Psalms For The Dead" deutlich wird, das insgesamt und unberechtigterweise etwas untergegangen ist. Als Höhepunkt erweist sich dabei "Black As Time", das mit dem vom Album bekannten, langen Sprecher-Intro beginnt und dann ausführlich belegt, warum CANDLEMASS trotz aller merkwürdiger Entscheidungen der Bandführung in den letzten Jahren weiterhin den Thron des Epik-Doom für sich beanspruchen können. Und Mats Léven, für den Song extra im langen Mantel, läuft hier einmal mehr zur Höchstform auf. Zum großen Finale hat die Dunkelheit passenderweise endgültig Besitz von dem Gelände ergriffen und "Solitude" wird von Band und Fans gleichermaßen noch mal besonders ausführlich zelebriert, nämlich gute zehn Minuten lang. Erhabener geht nicht. Die letzten CANDLEMASS-Auftritte in Wacken 2005 und 2010 waren super, dieser war es auch – und doch wieder ganz anders. Vor allem waren CANDLEMASS aber eines: Die beste Band des heutigen Tages. Oder sogar des gesamten Festivals? Ich denke bei einer andächtigen Runde "Epicus Doomicus Metallicus" oder "Nightfall" noch mal drüber nach... (LS)

NightwishNein, Herr Kollege, CANDLEMASS waren sicherlich nicht die beste Band des Tages, denn die soll noch folgen. Wobei das in diesem Falle extreme Geschmackssache ist, denn auch wenn NIGHTWISH Headliner sind, so bleibt Female Fronted Symphonic Metal in der Szene umstritten. Um einen guten Platz vor der True Metal Stage zu bekommen, macht man sich frühzeitig auf den Weg und bekommt von ALICE COOPER dadurch noch die letzten drei Songs mit. Auf "I’m Eighteen" folgt der 80er-Hit "Poison", bei dem man mal kurz stehenbleibt und mitfeiert, um sich zum obligatorischen "School’s Out" weiter durch die Menschenmenge zu schieben. Mit Erfolg. Zwar hat sich mittig vor der Bühne ein großes Schlammloch aufgetan, aber wenn man direkt hinter diesem Tümpel steht, hat man ordentlich Bewegungsfreiheit und einen perfekten Blick auf das Bühnengeschehen. Ein paar weitere Schlammlöcher sorgen bei manchen Leuten für ungewollte Fangopackungen, denn wo keine Leute stehen, können Crowdsurfer nicht weitergereicht werden und landen in der Pfütze. Selber schuld und die gerechte Strafe dafür, dass man meint, mit schlammigen Schuhen oder Stiefeln unbedingt Crowdsurfen zu müssen. Zurück zur Band, die zwar nicht das erste Mal in Wacken ist, aber das erste Mal mit ihrer offiziell nur temporären Sängerin Floor Jansen. Die wiederum wird bisher weder als Sängerin von AFTER FOREVER und ihrer neuen Band REVAMP, noch als NIGHTWISH-Frontfrau vor einer so gigantischen Kulisse aufgetreten sein, Nervösität ist ihr jedoch nicht anzumerken. Was auch gut so ist, denn die Show wird für eine DVD-Nachlese aufgezeichnet – und entwickelt sich zu einem wahren Triumphzug, das kann man nicht anders sagen. Was tatsächlich in erster Linie an Floor liegt. Stimmlich liegt sie ziemlich genau zwischen ihren Vorgängerinnen Tarja Turunen und Anette Olzon – sprich, sie bekommt die hohen Sopranparts (fast) genauso gut hin, wie Tarja, fühlt sich aber in den mittleren Anette-Lagen noch wohler. Gesanglich lässt sie überhaupt nichts anbrennen, im Gegenteil. Sie ist in allen Bereichen sicher und singt die Songs nicht einfach nach, sondern interpretiert sie auf ihre Weise. Das allein ist schon positiv zu vermerken, hinzu kommt aber noch ihre Bühnenpräsenz. War Tarja eher die distanziert-kühle Frontfrau und Anette die sympathisch-mütterliche, so ist Floor die rassige Rockerin. Bei den härteren Parts bangt sie fleißig mit, wirkt nie eingeschüchtert, Nightwishsondern selbstsicher und hochmotiviert. Man sieht ihr förmlich an, wie viel Spaß es ihr macht, mit NIGHTWISH auf der Bühne zu stehen. Und um es ganz deutlich zu sagen: sie ist die beste Wahl, die Bandleader Tuomas Holopainen, der hinter seinen Keyboards thront, treffen konnte und es wäre dämlich, sie nicht als feste Sängerin zu engagieren. Darüber hinaus liefert die Band eine sehenswerte Headlinershow ab. Regelmäßig werden Pyros abgefeuert und auf einer gigantischen Leinwand werden passende Bilder und Videosequenzen gezeigt. Besonders bei den Songs des aktuellen "Imaginaerum"-Albums sind sie eindrucksvoll, wenn sie einen blinken Jahrmarkt mitsamt Achterbahnfahrt oder einen düsteren Zirkus darstellen. Mit "Ghost River", "Storytime", dem zum Mittanzen animierenden "I Want My Tears Back" (bei dem wie auch bei "Nemo" und "Last Of The Wilds" Troy Donockley als Gastmusiker für die folkloristischen Elemente sorgt), dem "Song Of Myself" sowie dem passend abschließenden "Last Ride Of The Day" kommSetlist Nightwishen viele Songs vom aktuellen Album zum Zuge – leider aber nicht das spektakuläre "Scaretale". Auch "Once" ist mit dem einleitenden Doppel "Dark Chest Of Wonders", dem Hit "Wish I Had An Angel", dem unvermeidlichen "Nemo", dem überraschenden, harten "Romanticide" sowie dem "Ghost Love Score", der erwartungsgemäß der musikalische Höhepunkt des Auftritts ist, stark vertreten. Dass "Wishmaster" außen vor gelassen wird, verwundert ein wenig, von gleichnamigen Album kommt recht früh "She Is My Sin" zum Zuge, "Century Child" wird mit "Ever Dream" und "Bless The Child" gewürdigt. Und der Hit "Amaranth" wird natürlich auch noch gespielt. An der Performance vom singenden Basser Marco Hietala gibt es ebenfalls nichts auszusetzen und der dauergrinsende Gitarrist Emppu Vuorinen macht ebenfalls einen tadellosen Job. NIGHTWISH beweisen an diesem Abend also mal wieder, dass ihnen im Genre niemand das Wasser reichen kann und daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Und wenn man ihre Musik dann auch noch mag, dann ist dieser Auftritt wirklich eine Sternstunde.

Lingua Mortis Orchestra feat. RageDass das LINGUA MORTIS ORCHESTRA dagegen im Anschluss nicht wird anstinken können, ist klar. Dass es aber um 00:30 Uhr vor der Black Stage so leer ist (das Publikum reicht gerade mal bis zu den Kamerakränen), verwundert doch. Denn allzu oft bekommt man RAGE mitsamt Orchester nun auch wieder nicht zu sehen. Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob es nun zwingend nötig war, sich für das Orchesterprojekt einen anderen Namen zu geben, aber des Menschen Wille ist bekanntlich sein Himmelreich. Und so stehen also RAGE, verstärkt um ein Orchester, zwei Sängerinnen und Gastsänger, auf der Bühne und präsentieren vier Songs vom einen Tag zuvor erschienenen "LMO"-Album sowie drei weitere Bandklassiker. Soundmäßig ist das eine durchaus ansprechende Angelegenheit, die Vermengung von Metal und Klassik funktioniert in der Abmischung wirklich gut und sorgt für einen angenehm zu hörenden Setlist Lingua Mortis Orchestra feat. RageFestivalabschluss. Die neuen Songs "Cleansed By Fire", "Scapegoat" und "Witches‘ Judge" sind Höhepunkte auf dem Album und funktionieren auch live prima, was für die Ultrakitsch-Ballade "Lament" im Grunde genommen auch gilt. Ergänzt um den Klassiker "From The Cradle To The Grave" und das geschmeidige "Empty Hollow" eine gelungene Angelegenheit, lediglich das abschließende "Straight To Hell" wird auch durch Orchesterbegleitung nicht besser. Ein bisschen holprig wird es zwischen den Songs, denn weder RAGE-Fronter Peavy, noch die Sängerinnen wirken in den Ansagen wirklich souverän, eher im Gegenteil. Wegen ihrer piepsigen Sprechstimme wird die Ansage der einen Sängerin ungewollt komisch. Und das anbiedernde "Ich bin ja eigentlich Musical-Sängerin, freue mich aber total, hier mal abrocken zu können" wirkt weder glaubwürdig, noch authentisch. Sei’s drum, der Auftritt von LINGUA MORTIS ist recht entspannend, wirkt aber auch irgendwie blutleer – was vielleicht auch einfach an der allgemeinen Erschöpfung kurz vor Festivalende liegen mag.

Wie so oft machen SUBWAY TO SALLY den Rausschmeißer und wie so oft wird die Show der Mittelalterrocker auch dieses Mal wieder verpasst. Stattdessen gibt es noch einen kurz-nach-Mitternachtssnack und ein letztes Bier (natürlich nicht für den Fahrer), bevor man sich dann um 2 Uhr morgens auf den Weg Richtung Heimat macht.

Auch 2013 ist das Wacken Open Air wieder ein Event, das einfach Spaß macht und an dem es nicht allzu viel zu kritisieren gibt (was viele Leute ganz anders sehen, aber die sind ja eh nie vor Ort). Für 2014 sollten sich die Herren Hübner und Jensen vor allem zwei Punkte auf der To-do-Liste notieren: die Preispolitik bei den Getränken überdenken und für einen durchgehend guten Sound auf allen Bühnen im Allgemeinen und der Party Stage im Speziellen sorgen. Ach, und endlich mal METALLICA buchen, aber diesbezüglich gibt es ja schon entsprechende Gerüchte. (ASZ)

Bildercredits:
Fear Factory, Die Apokalyptischen Reiter, DevilDriver, Nightwish: Michael Jagla (www.foto-jagla.de)
Lingua Mortis Orchestra feat. Rage: Dirk Illing
Anthrax, Candlemass: Thomas Battermann

Andreas Schulz (Info)

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