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Postyr: Paper Tiger (Review)

Artist:

Postyr

Postyr: Paper Tiger
Album:

Paper Tiger

Medium: CD/Download
Stil:

A-Cappella-Pop

Label: Iceberg Records
Spieldauer: 38:13
Erschienen: 26.02.2016
Website: [Link]

Was verbindet wohl ein A-Cappella-Quartett - fein säuberlich nicht nur nach zwei männlichen und zwei weiblichen Stimmen, sondern auch einem Sopran, einem Alt, einem Bariton und einem Bass „sortiert“ - mit einer uralten chinesischen Legende?

Wer neben dem Bandnamen POSTYR auf dem Album auch dessen Titel genauer liest, erahnt vielleicht schon die Antwort: „Paper Tiger“. Die chinesische Legende über den fürchterlichen, die Menschen verängstigenden, asiatischen Tiger, der sich bei genauerem Hinsehen als ein harmloser, zerbrechlicher Tiger aus Papier entpuppte, dem schon ein Windstoß all seinen Schrecken nehmen konnte. Zerbrechlich, harmonisch und zart, aber ganz bestimmt nicht harmlos, ist auch das, was uns musikalisch hinter „Paper Tiger“ erwartet. Wundervoller Gesang, solistisch und im Satz, der von modernen Klängen begleitet wird, die niemals den Reiz und die Schönheit der Stimmen zerstören, weil sie genauestens auf einem Computer abgestimmt wurden. Die menschliche Stimme begleitet von klingenden Bits und Bytes der Computer“stimme“. Coole Kombination im Zeitalter moderner Technik. Aber nur darum, weil die Technik hier nicht den Ton, sondern den Rhythmus angibt. Für den guten Ton sind ausschließlich die Stimmen verantwortlich! Obwohl bei einigen elektronisch erzeugten Rhythmen doch der Eindruck aufkommt, dass ein „echtes“ Schlagzeug passender für diese Musik wäre.

POSTYR sind so gesehen das Ergebnis eines Ausbruchsversuchs aus den festen, klassischen Strukturen der Choral- und Vokalmusik hin zu moderner, am Computer erzeugter Pop-Musik, die besonders durch die klassisch ausgebildeten Stimmen ihren besonderen Reiz erhält. Die jeweils zwei Sänger und Sängerinnen entstammen dem weltweit bekannten dänischen Chor VOCAL LINE sowie der vielfach ausgezeichneten Vokal-Gruppe VOX 11. Eine ähnliche Vergangenheit, wie sie bei uns DIE PRINZEN aufzuweisen haben. Das gilt auch für die Verschmelzung aus poppigen, aber auch ruhig-balladesken Rhythmen mit Chor- und Solo-Gesang. Nur dass der deutsche singende Adel sich von einer Band begleiten lässt, während die dänische Tumult-Gruppe (Wenn mein Übersetzer nicht lügt, ist POSTYR tatsächlich das dänische Wort für Tumult!) lieber auf den Computer zurückgreift. Doch egal, welche der beiden Varianten auch zur Anwendung kommen - beide klingen wirklich gut und haben das Zeug zum Pop-Klassiker.

„We Don‘t Wanna Breathe“ eröffnet das Album auch gleich wie eine E-Pop-Nummer mit Soul-Feeling, so als hätte MADONNA ihr „La Isla Bonita“ gemeinsam mit BOY GEORGE zu einem Duett umgeschrieben - aber mit mehr Soul bitte! Natürlich treten dann, besonders bei den poppigeren Nummern wie „Up For Air“ oder „Travel The World“ unangenehme, durch den Computer hervorgerufene Nebenerscheinungen auf, die besonders durch die Drum-Rhythmen den Songs etwas Synthetisches, Unnatürliches verleihen. Demgegenüber stehen dann aber Songs, die dem Computer wenige oder gar keine Klangräume öffnen. „Paper Tiger“, „Strive To Fly (Little Wing)“ und „Talk“ gehören dazu und zeigen, was tatsächlich in diesem dänischen Vokal-Quartett steckt. Erinnerungen an eine der schönsten Pop-Titel überhaupt, der ebenfalls vom A-Cappella-Gesang lebt, werden wach - „The Caravan Of Love“ von den HOUSMARTINS.

Ihr viertes Stück „Interlude“ bezeichnen POSTYR selber sehr passend als „dreaming soundscape of seeking voices and floating melodies“, auf dessen Rhythmus dann die nächste Pop-Hymne „Travel The World“ aufspringt. Bis hierhin schwankt der Hörer noch, ob die Musik vielleicht doch etwas zu gefällig ist. Doch diese Zweifel werden mit dem herzergreifenden „Strive To Fly (Little Wing)“ gefühlvoll weggeblasen wie besagter asiatischer Tiger, der dem Album seinen Namen verleiht.

Fast alle Songs beschäftigen sich mit Ängsten, Sehnsüchten und dem immer währenden Kampf gegen seine eigenen, kleinen oder größeren inneren Monster. Sie entstanden in zwei Jahren Tournee-Alltag durch die USA, ganz Europa, Skandinavien und Taiwan, wo die Musiker auch die Geschichte des asiatischen Papiertigers kennenlernten. In solchen Momenten, in denen die Freiheit des Tourens durch die Welt auf die Sehnsucht nach dem Zuhause oder etwas Heimweh trifft, bewegen sich auch die gefühlvollen Texte und Kompositionen der Dänen, welche TINE FRIS, die Sopranstimme hinter POSTYR, mit diesen Worten zusammenfasst: „Wenn wir wollen, dass die Musik reflektiert, wie wir sind, dann müssen wir ehrlich sein und den Raum für Schönheit, Enthusiasmus, Traurigkeit, Härte und Sprödigkeit öffnen.“

Womit wir im Grunde auch schon beim FAZIT wären, denn treffend setzt die Sängerin fort: „Irgendwo zwischen den Worten, Tönen, Melodien, der natürlichen Unmittelbarkeit der Stimmen und der Präzision des Computers versuchen wir, einen Nerv und einen Ausdruck zu treffen, den man schwer in Worte fassen kann, den man aber spüren kann, wenn wir ihn zu fassen bekommen. Das ist POSTYR...“
Vielleicht klingt gerade darum auch der letzte Song „Constance“ etwas traurig und kein bisschen nach Tumult!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3272x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • We Don‘t Wanna Breathe
  • Up For Air
  • Paper Tiger
  • Interlude
  • Travel The World
  • Dance With Me Now
  • Strive To Fly (Little Wing)
  • Home
  • Through The Rain
  • Talk
  • Constance

Besetzung:

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