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Manuel Scuzzo: Traumfabrik (Review)

Artist:

Manuel Scuzzo

Manuel Scuzzo: Traumfabrik
Album:

Traumfabrik

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Electronica, Experimental, Indie

Label: Misitunes
Spieldauer: 37:45
Erschienen: 01.03.2024
Website: [Link]

„Eine kleine Einleitung ist nötig, denn es geht hier um eins der größten Geheimnisse menschlicher Ausdrucksformen – nämlich um Träume. Angeblich kann man bei ihnen ins Unterbewusste hineinsehen oder sorgsam verborgende Psychosen werden enthüllt. Die bizarrsten Keller des Menschen werden aufgesucht, alles wird durchgefegt, auf links gekrempelt und toll psychedelisiert.“ (Gereon Klug)

Sind wir nicht alles Träumer?
Und haben wir nicht längst unsere Träume über Bord geworfen, um in der Alltagsroutine der Realität zu funktionieren?
Wer würde da nicht gerne seine eigene Traumfabrik bauen – traut es sich nur nicht, weil er dann eben in der bitteren Realität nur als Träumer gilt, der nicht im Sinne emotionsloser Führer oder Leiter, die zwar genug Macht, aber kaum Emotionen besitzen, funktioniert?
Eine beschissene Situation für alle, die sich für die Traumseite entschieden haben – doch für die kommt jetzt Hoffnung in musikalischer Form mit der „Traumfabrik“ von MANUEL SCUZZO auf!
Und selbst wenn es nur eine zeitweise Flucht vor der Realität ist, so ist es eine besonders klangvolle, die man unbedingt genießen sollte.

Viele Fragen, eine Antwort und eine Hoffnung zugleich.

Wie also klingt nun Scuzzos „Traumfabrik“, dessen Grundlage die Neuinterpretationen von bisher durch Scuzzo komponierte Filmmusik zum Film „Traumfabrik – eine Stadt träumt sich selbst“ darstellt?



Interessant und spannend für all diejenigen, denen instrumentale Musik zwischen elektronischen Spielereien mit krautrockigem Charakter zusagt - irgendwo zwischen NEU! und CLUSTER sowie HARMONIA, aber auch SVEN VÄTH und das Feingefühl von vorsichtigen Jazz-Anklängen - und die beispielsweise auch das pop-elektronische TANGERINE DREAM-Album „Exit“ mit „Kiew Mission“, einem der wenigen Stücke mit am Pop orientierten weiblichem (Sprech-)Gesang, mögen. Denn auch Scuzzos „Sound Goes Round“, ebenfalls mit ganz ähnlichem Gesang versehen, enthält viele Bezugspunkte zur besagten und besungenen Mission in Kiew, die leider derzeit von kriegerischem Geballer unterdrückt wird.
Hier kommt zudem eine gehörig robotrige „Mensch-Maschinen“-Prise KRAFTWERK mit ins Spiel, die dann ganz deutlich in dem zweiten, wiederum von Lea Gies gesungenen Stück „Blitz“ auf der LP-B-Seite noch deutlicher zum Tragen kommt.



Das folgende „Wasser“ besteht daraufhin tatsächlich aus Wassergeplätscher (als Field Recording) mit der Absicht, so die Unterwasserwelt und den Ursprung des Lebens darzustellen, wobei experimentelle Klänge mit einem Theremin, MicroKorg und Synthesizer hinzugefügt werden und uns aus der LP-A-Seite regelrecht davonspülen.

Das mit Abstand finsterste Stück ist „Traum 12“, ein regelrecht vertonter Albtraum – oder wie es Scuzzo ausdrückt: „Atmosphäre für eine unheimliche Begegnung“, die zuvor durch das flotte, aber auch schon beängstigende, im 80er-Jahre-Synthie-Stil eingespielte „Banshee“ eingeleitet wird, in dem es um eine Traum-Sequenz geht, in der man von einer Hexe im Wald verfolgt wird.



All diese aus Träumen resultierenden Ideen beschreibt MANUEL SCUZZO auch in dem beigefügten LP-Einleger, egal, ob es nun um „Träume vom Fliegen“ („Fliegen“ im NDW-Stil der Marke RHEINGOLD), „Begegnungen mit einer Schlange“ („Schlange“ als peppige Hitnummer mit funkigen Rhythmus-Strukturen und so einigem Synthie-„Popcorn“-Feeling von HOT BUTTER), eine „Fahrradfahrt zum Mond“ („Mondfahrt“ sogar mit klassischem Klavier, verschiedenen Percussion-Instrumenten und im Klezmer-Stil eingespielt) oder einen „kuriosen Gottesdienst in einer Kirche“ („Kirche“ mit Field Recordings in dunkler Americana-Atmosphäre aus einer Kirche in Neapel) geht.

Diese „Traumfabrik“ hat eben mehr zu bieten als ein kurzes Nickerchen und hält einen außerdem, wenn man die LP auf seinen Plattenteller legt, bei so abwechslungsreichen, cineastischen Klangfarben garantiert wach. Also Ohren auf und Augen zu, damit wir uns den ungeahnten Musik-Experimenten eines MANUEL SCUZZO hingeben können.



FAZIT: Auf seiner wortwörtlich traumhaften LP „Traumfabrik“ vertont der in Hamburg lebende Musiker und Produzent MANUEL SCUZZO ganz unterschiedliche Träume zwischen beschwingt bis bedrückend, die auf der Filmmusikvorlage für „Traumfabrik – eine Stadt träumt sich selbst“ beruhen. Dabei schafft er in allerbestem Sound ein Klangerlebnis der Extraklasse, das sich zwischen krautigen Electronics, 80ies-Synthie-Pop, experimentellen Klängen samt zarter Jazz-Attitüde und jeder Menge Samples von Alltagsgeräuschen – so genannten 'Field Recordings' – bewegt, wobei aber auch akustische Instrumente (Klavier, Percussion, Darabuka, Saz, Kalimba, akustisch erzeugte Körperklänge usw.) nicht zu kurz kommen. Diese LP ist ein wahres Kunterbunt-Musik-Erlebnis – ein wahr gewordener Musik-Traum inmitten einer Klangfabrik, aus dem man eigentlich gar nicht wieder aufwachen will.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 447x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (18:43):
  • Fliegen (4:43)
  • Schlange (3:30)
  • Mondfahrt (3:07)
  • Sound Goes Round (5:17)
  • Wasser (2:06)
  • Seite B (19:02):
  • Detektiv (2:30)
  • Süssigkeiten (3:08)
  • Blitz (3:56)
  • Banshee (4:07)
  • Traum 12 (1:03)
  • Kirche (4:18)

Besetzung:

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