Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Reinhold Heil: Freiheit – Geilheit – Männlichkeit (Review)

Artist:

Reinhold Heil

Reinhold Heil: Freiheit – Geilheit – Männlichkeit
Album:

Freiheit – Geilheit – Männlichkeit

Medium: Download
Stil:

Alternative- und Deutsch-Rock

Label: Künstlerhafen
Spieldauer: 59:55
Erschienen: 30.05.2025
Website: [Link]

Genauso muss es sein!
Wir brauchen sie wieder: Unsere Männlichkeit!!
Unsere Geilheit!?!?
Unsere Freiheit!!!!
Und all die Klischees, die man mit Männern in Verbindung bringt, die sich im breiten Spektrum von A wie Arsch über F wie Freigeist und H wie Held, dann Richtung N wie Narzisst über V wie Volltrottel und am Ende bis Z wie Zyniker bewegt.

REINHOLD HEIL – ja, genau der von SPLIFF und der NINA HAGEN BAND sowie COSA ROSA – schleudert all den übertrieben moralinsauren, wokevernebelten Moralaposteln und Alles-Verbietern sowie Aggro-Fanatikern auf seine Weise ein ganz spezielles musikalisches „Fickt euch!“ entgegen (und schreckt auch vor besagtem Wort nicht zurück). Und solchen 'Alten weißen Männern' wie dem Typen, der als Kritiker diese Zeilen verfasst, tut das mehr als gut, selbst wenn auch er im Grunde in einigen Songs aufs Korn genommen wird, was durchaus auch mit den territorialen und historischen Unterschieden in der Biografie des westdeutschen Musikers, der sogar eine amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, und des ostdeutschen Kritikers, der genau zehn Jahre jünger als der 71-jährige Heil ist, zu tun hat.
Das Album mit dem provokanten Titel gibt einem sogar (un)freiwillig ein wenig von dem vergrabenen Selbstbewusstsein zurück, das er (der Kritiker) immer in der Nähe weiblicher Dominanz zu verstecken versucht. Und ja, dieser Kritiker-Typ weiß, wovon er spricht, denn schließlich hält er sich Tag für Tag in einer weiblich überdominierten Schule auf, die tatsächlich, obwohl er fast der einzige männliche Kollege ist, eine Gleichstellungsbeauftragte hat. Auch darf er bei jeder seiner Bewerbungen im öffentlichen Dienst immer wieder lesen, dass weibliche Bewerber gewünscht und bevorzugt sind. Sei's drum – im Notfall stellt man sich einfach noch einmal die Frage, ob man im richtigen Körper 'wohnt' oder sich vielleicht neuerdings doch als Frau definiert...

In diesem Falle kommt „Freiheit – Geilheit – Männlichkeit“ von REINHOLD HEIL (Hoffentlich kommt nicht irgendwann noch jemand auf die Idee, ihm wegen historischer Vorbelastung seinen Vornamen verbieten lassen zu wollen!) genau zum richtigen Zeitpunkt, um dessen geschundene Seele und Ohren zu bauchmiezeln.
Doch nicht nur das.
Dieses Album rechnet zugleich mit jeder Form von Überheblichkeit ab: politischer („Weg da, weg da“), jugendlicher („BRO“), religiöser („Besteuert die Kirchen“), intoleranter („Corona“ oder „Hut aus Alu“), arroganter („Dick“) und so weiter und so fort.
Und es endet tieftraurig mit „Tschüss Mama“ und den Erfahrungen eines Sohnes, der die Demenz seiner Mutter zu beschreiben versucht.

Auch dass der gute Reinhold so mutig ist, musikalisch in extreme Richtungen – wie beim ersten Song gleich auf KRAFTWERK-Kurs – zu tendieren, macht alles noch viel besser.




Wer allerdings weniger mit finster vermollten Electronic-Sounds anfangen kann, der dürfte mit Herrn Heils neuem Werk seine Schwierigkeiten haben. Genauso wie diejenigen, die als Ungefickte – oder besser unfreiwillig Zölibatäre (Incel) – über ihre feuchten Fickträume nachdenken, aber sonst immer darauf achten, nie aus der Rolle zu fallen, um am Ende dann doch ungehemmt ihre wahren Mord- und Vergewaltigungsgelüste zu entdecken. „Die Ballade vom Incel“ ist für die gemacht – und genau die sollten diesen Song meiden wie der Teufel das Weihwasser.

„Schwülstiges Pathos“ klingt dagegen so, als müsste REINHOLD HEIL einen Vorspieltermin bei ANNE CLARK wahrnehmen, nachdem er zuvor bei „NFT“ (dem einzig englischsprachigen Song) den Beweis erbracht hat, dass Electronics auch mit Reggae-Rhythmen funktionieren. Dann gibt’s zudem den extrem düsteren, mitunter grollenden Gesang sowie viele metallische Einwürfe, die unzweifelhaft Parallelen zu RAMMSTEIN herstellen – man höre nur „Dick“ und überlegt dabei, ob nun hierbei das englische (Schwanz) oder deutsche Wort gemeint ist. Antwort: Offensichtlich beide!

So einiges auf Heils Solo-Album bringt zugleich immer wieder diese SPLIFF-“Carbonara“-Atmosphäre mit, dieser Mega-Hit, der noch heute einem aus den Ohren herauskommt und von Heil selbst komponiert und gesungen wurde. Eben weil dieser Song nicht nur extrem erfolgreich war, sondern auch mit ähnlich starken Electronics begeisterte. Ein Party-Hit am Ende...
Damals Bestandteil der Neuen Deutschen Welle. Und auch hier dürfen wir nach Parallelen suchen. Und finden. Nämlich: WITT, der gerne auch als 'Goldener Reiter' unterwegs war!

Herrlich angriffslustig auch „Corona“ und der ganze Irrsinn, den uns die Politik damals mit ihren rigorosen Maßnahmen antat. Sogar der unausstehliche Böhmermann bekommt einen verpasst. Höchste Zeit für diesen gebührenfinanzierten Hassprediger und Zerstörer menschlicher Schicksale, die sich einfach das Recht herausnehmen, eine eigene Meinung, die nicht ÖRR-finanziert-konform ist. Böhermann ist das Abbild dessen, was im Fernsehen falsch läuft, weil er sich zum linken Richter gegen alles erhebt, was nicht in sein kleingeistiges, durchaus krankes Weltbild passt. Dem (Böhmer)Mann hätten wahrscheinlich ein paar eingemauerte DDR-Jahre gutgetan, um zu begreifen, was er da mit seiner Einstellung wiederheraufzubeschwören versucht.

REINHOLD HEIL begibt sich mit „Freiheit – Geilheit – Männlichkeit“ in etwa auf alle Seiten, bei denen noch Menschenverstand vor Gehorsamkeit und Größenwahn geht. Es geht ihm nicht um Folgsamkeit, sondern freies Denken, selbst wenn man dabei auch mal falsch liegen kann. Mitläufer und überhebliche wie selbstverliebte Arschlöscher und Arschlöscherinnen sind ihm eine Gräuel, darum singt er oft auch gerade aus deren Perspektive und versetzt sich hierbei gar in „Serielle Monogamie“ oder setzt sich den „Hut aus Alu“ auf.

Traurig geht das Album mit „Tschüss Mama“ zu Ende.
Die Mutter, welche mit Demenz im Heim sitzt, den Sohn nicht mehr erkennt, trotzdem aber viel redet, während sich der Sohn traurige Gedanken darüber macht, wie weit die Menschenwürde geht, auch wenn man noch da, aber im Grunde schon ganz weit weg ist.
Der Song lässt einen am Ende erschüttert zurück. Besonders dann, wenn man vielleicht mit seinen Eltern ganz ähnliche Erfahrungen machen muss.

Sicher muss man nicht immer der Meinung von REINHOLD HEIL sein, der übrigens schon lange nicht mehr in Deutschland lebt, sich als europäischen Weltbürger sieht und die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, und sich leider auch etwas zu deutlich Richtung ÖRR positioniert. Aber genau das ist genauso sein gutes Recht und eben Freiheit. Eine Freiheit übrigens, die gerade im ÖRR (eigentlich die vierte Säule der Gesellschaft, die leider auf einer Seite extrem bröckelt, während sie auf der anderen zusätzliche Mauern hochzieht) schon lange nicht mehr in alle Richtung stattfindet und Volkes Meinung vollumfänglich abbildet.
So wird leider auch „Tapfer, tapfer“ der Song für die Opfer ihrer eigenen Minderwertigkeit, die er offensichtlich in der Politik festzumachen versucht. Wohl an einer Partei, die im Osten Deutschlands deutlich mehr Zuspruch und eindeutige Mehrheiten findet, was der Westdeutsche nur schwer verstehen kann. Ja, der wurde eben auch in der besungenen Freiheit groß (die gerade immer mehr durch Brandmauern und Meldestellen für ungehorsames Verhalten vernichtet wird), während die Menschen hinter Mauern und mit den alltäglichen öffentlichen Lügen zum Erzwingen von Gehorsamkeit einfach die Nase voll haben von Lügnern, die sich ihre Macht erschleichen und sich mit denjenigen ins politische Bett legen, die nicht von Volkes Mehrheit gewählt wurden, sondern damals sogar die DDR-Diktatur zu verantworten hatten. Das hatten die 'Ossis' alles schon mal, weswegen sie den 'Wessis' tatsächlich (nicht nur von ihrem politischen Erfahrungsschatz her) voraus sind, auch wenn das in einigen Songs auf „Freiheit – Geilheit – Männlichkeit“ deutlich anders zum Ausdruck kommt.
Gerne verzichten wir darum auf „Geilheit und Männlichkeit“, aber auf keinen Fall auf „Freiheit“. Denn einmal in zwangsverordneter Gefangenschaft gelebt zu haben, reicht eindeutig!


FAZIT: Leider ist „Freiheit – Geilheit – Männlichkeit“ von REINHOLD HEIL (ehemals federführend bei SPLIFF und der NINA HAGEN BAND sowie COSA ROSA) nur in digitaler und nicht analoger Form (keine CD, kein Vinyl) erhältlich, was gerade bei diesem wirklich ungewöhnlichen Album voller deutscher und einem englischen Rock-Songs traurig ist. Denn musikalisch (deutlich mit elektronischer Schlagseite, die sich von KRAFTWERK bis hin zu metallischen Ausflügen Richtung RAMMSTEIN bewegt) und prosaisch mit provokanten, sehr polarisierenden Texten, welche den neuen wie den alten Zeitgeist gezielt wortakrobatisch unter Feuer setzen, hat „Freiheit – Geilheit – Männlichkeit“ jede Menge an Zündstoff zu bieten, den man zu gerne immer abrufbereit in sein Regal stellen würde, statt irgendwann auf dem Friedhof der digitalen Download-Kultur-Kuscheltiere dauerhaft zu beerdigen oder versanden zu lassen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 414x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • BRO
  • Die Ballade vom Incel
  • Aschebeschää
  • NFT
  • Schwülstiges Pathos
  • Weg da, weg da
  • Besteuert die Kirchen
  • Dick
  • Corona
  • Ich föhne meinen Bart
  • Serielle Monogamie
  • Hut aus Alu
  • Tapfer, tapfer
  • Tschüss Mama

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Laterne, Laterne, Sonne Mond und...

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!