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Interview mit Surrender The Crown (05.03.2013)

Surrender The Crown

Sänger Matthias diktiert uns was fürs Poesiealbum, bevor er mit seiner Band den Run auf die Stadion-Bühnen dieser Welt wagt ...

Erzählt zunächst einmal, wie ihr zusammengefunden habt; für mich seid ihr einfach aus dem Nichts aufgetaucht, und das ist im Saarland, wo jeder jeden kennt, sehr ungewöhnlich.

Die ursprüngliche Idee hinter der Band ist auf meinem Mist gewachsen. Ich habe mich nach dem Ende von Repulsed, meiner damaligen Band, einfach nicht damit abfinden können, keine Musik zu machen, mir einen meiner damaligen Mitstreiter, Sven Schackmann, den Bassisten von Repulsed, gekrallt und mit ihm Songs geschrieben, erst einmal ohne direktes Ziel, einfach weil wir kreativ sein wollten und ohne Band im Rücken auch komplett ohne Vorgaben, ohne Druck arbeiten konnten. Am Ende entschied Sven sich dann leider dazu, nicht aktiv an der Band teilzunehmen. Das war schade, aber legitim, schließlich wusste ja niemand, wo es wirklich hingehen würde. Also habe ich mit den Songs im Gepäck Musiker gesucht, die Bock darauf hatten, mir dabei zu helfen, meine Vision von dieser Platte zu verwirklichen. Zuletzt waren drei Jungs am Start, wie ich mir sie besser nicht hätte wünschen können. Wir passen super zueinander und ergänzen uns musikalisch wie persönlich. Es war aber im Grunde genommen tatsächlich so, dass wir uns irgendwie durchs Musikmachen kannten oder zumindest voneinander gehört hatten. Die Wege, dann zusammen zu spielen, waren dann nicht mehr ganz so lang, das muss man schon zugeben.

Eure Einflüsse erscheinen nur auf den ersten Blick offensichtlich. Was bewegt euch als Musiker und Menschen, Musik zu schreiben, die so klingt und nicht anders?

Natürlich kann man die üblichen Verdächtigen wie ALTER BRIDGE, STAIND, DISTURBED, SHINEDOWN oder auch SEVENDUST nicht verleugnen, und das haben wir auch gar nicht vor. Diese Bands haben alle Einfluss auf das Songwriting gehabt. Sie haben nie versucht, das Rad neu zu erfinden, sondern haben sich darauf konzentriert, eingängig und mitreißend zu sein. Das war auch ein großes Ziel unseres Albums. Es ist aber gleichzeitig so, dass auch weniger offensichtliche Inspirationen vorhanden waren. Da gibt es textliche Inspirationen von Alanis Morissette, gewisse Stimmungen, die ich mit James Taylor identifiziere oder es finden sich Hinweise auf Sting, den ich sehr verehre und der seinerseits gerne Shakespeare aufgreift und so weiter. Die Liste ließe sich fortsetzen und um Namen wie Bruce Springsteen, Peter Bradley Adams oder Loreena McKennitt erweitern, und damit wäre auch nur ein Bruchteil erzählt. Mich persönlich inspiriert, was mich in meinem Denken weiterbringt und mich beschäftigt. Das können andere Musiker, Filmemacher, Autoren, religiöse Konzepte oder Philosophien und natürlich auch die Menschen sein, von denen ich umgeben bin. Inspiration ist überall, es geht manchmal vielleicht einfach darum, wie man gewisse Eindrücke für sich selbst filtert und welche Bedeutung man ihnen in einem bestimmten Moment zukommen lässt.

Euer Album entspinnt sich an einem roten Faden; wie kommt man auf ein Konzept wie jenes, das ihr mit den Texten aufrollt?

Wir haben keinesfalls am Anfang dagesessen und uns darauf geeinigt, dass wir ein Konzeptalbum über dieses oder jenes Thema machen wollten. Ich glaube, der rote Faden, von dem du sprichst, hat sich zum großen Teil von selbst entwickelt. Als ich das aber bemerkt habe, wollte ich es auch geschehen lassen und sehen, was passiert. Die eigentliche Metapher, die sich durch die Texte zieht, ist ja das Schiff in den Wellen des Lebens. Ich habe anfangs ein wenig damit herumgespielt und hatte ein paar Ideen, die ich auch auf Anhieb mochte. Später kamen immer mehr Bilder und Begriffe aus der Seefahrt dazu und das Meer nahm eine immer größere erzählerische Rolle auf dem Album ein. Ich selbst bin dem Meer sehr verbunden und es fiel mir auf, dass ich vieles von dem, was ich sagen wollte, mithilfe dieser Motive ausdrücken konnte. Von „Another Journey’s End“ zum Beispiel existierte am Anfang nur die einfache Akkordfolge, die auch im fertigen Song zu hören ist. Aber die Trommeln, die Dudelsäcke und der Seemannschor machten im Sinne des Albumkonzepts, wenn wir es denn so nennen wollen, plötzlich total Sinn. In „Open The Gates“ ist das Meer ein machtvolles und verführerisches weibliches Wesen, wie eine Sirene, und man kann die Wellen im 6/8-Takt des Songs spüren. Als uns diese Dinge bewusst wurden, war es nicht mehr schwer, sie auch umzusetzen und jetzt kann man sie eben in den Texten, den Arrangements und sogar im Artwork finden.

Was bedeutet euch euer Bandname?

Wir haben versucht, einen Namen zu finden, der eine Aussage macht. Der Begriff „Surrender the crown“ hat für mich eine sehr spirituelle Bedeutung. Übersetzt heißt er ja soviel wie „die Krone aufgeben“, also nicht überall der Chef sein und nicht alles kontrollieren zu wollen. Ich bin ja nun auch keine 20 mehr und an einem Punkt im Leben, an dem ich gemerkt habe, dass viele Dinge dann anfangen, zu funktionieren, wenn man sie einfach kommen lässt und den Griff etwas lockert. Das soll nicht bedeuten, dass ich schicksalsgläubig bin. Im Gegenteil, ich denke, jeder von uns ist für sein eigenes Glück zuständig. Wir dürfen Entscheidungen treffen. Auch die Sicht auf das Leben beruht auf einer persönlichen Entscheidung, die erst einmal getroffen werden muss. Ich möchte darauf vertrauen, dass alles seinen Sinn hat, auch wenn er nicht immer sofort offensichtlich ist. Ich möchte genug Vertrauen ins Leben haben. um die Krone aufzugeben. Wenn man so will, ist der Bandname also ein Ausdruck von großem Optimismus.

Wie geht man die großen Fragen des Lebens an, ohne platt oder kitschig zu klingen?

Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass das nicht immer geht! Ich habe aber auch keine Angst vor Kitsch. Eine Zeile wie „In the end we aim for love, it is all we ever do“ aus unserem Song „Bleed for This“ kann durchaus als Kitsch gewertet werden, das stört mich aber nicht, denn es trifft genau das, was ich in diesem Moment ausdrücken wollte. Normalerweise versuche ich, erstmal für mich persönlich Antworten auf gewisse Fragen zu finden. Wenn ich dabei zu einem interessanten Ansatz komme oder gar einem Schluss komme, schreibe ich vielleicht einen Song darüber und bringe ihn in die Band ein, denn dann habe ich wirklich etwas zu erzählen. Der Sinn des Lebens zum Beispiel wirkt immer wie die größte Frage des Universums, aber eigentlich gibt es eine ganz einfache Antwort darauf: Der Sinn des Lebens ist es, glücklich zu sein. Ende der Durchsage. Entsprechend sollten auch unsere Entscheidungen ausfallen. Das ist zum Beispiel eine Sache, die ich in unserer Musik mitteilen möchte. Mir gefällt der Gedanke, vielleicht ein paar Leute dazu zu bringen, über Fragen wie diese nachzudenken. Ich habe jedenfalls sehr viel Wahrheit für mich selbst in der Musik gefunden, indem ich genau das getan habe und es auch heute noch tue. Wenn ich die Chance habe, vielleicht etwas davon zurückzugeben, will ich sie gerne nutzen. Musik ist einfach zu wertvoll, um über Banalitäten zu singen und zu schreiben.

Wo liegen eure Ziele, wie weit könnt und wollt ihr mit der Band kommen?

Bisher sind die Resonanzen auf das Album durchweg positiv, so wie auch deine; nochmals vielen Dank für das großartige Review! Der Plan ist jetzt, dass wir auf jeden Fall netzwerken wollen, was das Zeug hält, sämtliche Kontakte aktivieren und versuchen, möglichst vielen Menschen unsere Musik zugänglich zu machen. Deshalb wird das Album auch komplett im Netz zum Streamen zur Verfügung stehen. Als zweiten Schritt kommen dann die Bewerbungen bei Plattenfirmen und wir hoffen, dass dabei etwas rumkommt, was uns weiterbringt. Zudem wollen wir natürlich viel live spielen. Eigentlich soll diese Sache so weit gehen, wie möglich. Ich stelle mir schon vor, wie es wäre, vom Musikmachen leben zu können. Dabei rede ich aber nicht von irgendwelchem Rockstar-Blödsinn mit besoffen Ferrari fahren und wilden Drogenpartys, sondern einfach davon, mein Leben mit etwas verbringen zu können, was ich innig liebe und was mir extrem viel bedeutet. Wir sind sicher nicht die einzige Band , die so etwas vorhat, dessen bin ich mir durchaus bewusst, genauso wie des derzeitigen Zustandes der Musikindustrie, aber bevor ich es gar nicht erst versuche, lasse ich es doch lieber mal darauf ankommen, oder?

Stattgegeben. Wir drücken die Daumen!

Andreas Schiffmann (Info)
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