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Fromuz: Sodom And Gomorrah (Review)

Artist:

Fromuz

Fromuz: Sodom And Gomorrah
Album:

Sodom And Gomorrah

Medium: CD
Stil:

Progressiver Rock wie Phoenix aus der Asche

Label: Eigenvertrieb / Just For Kicks
Spieldauer: 52:45
Erschienen: 04.10.2013
Website: [Link]

Für alle hier nicht bibeltreuen und bibelsicheren Prog-Puristen oder musikalischen Anti-Christen spiele ich mal kurz den Luther – und rufe nicht etwa zur Vernichtung der Juden auf, sondern lasse den reformerischen Aufklärer raus und (er)kläre zu einer ziemlich mordlüsternen Bibel-Geschichte ein paar Hintergründe. Die Geschichte von zwei Städten, in denen man sich gewissen Lüsten hingab, die weniger mit dem Kreuz in der Kirche und mehr mit dem, was man wohl so in irgendwelchen Beichtstühlen ausplaudert, während sich beim Beichtvater vielleicht das göttliche Gewand langsam wölbt, zu tun hat.

Und endlich gibt’s dazu auch den richtigen, wirklich progressiven und zugleich gelungenen Exkurs in Sachen Musik, der bereits 2004 als Soundtrack für ein Jugend-Theater-Musical in Taschkent entstand und bis heute seine musikalische Entwicklung vollzog. Ja, wer heutzutage progressive Rockmusik als Theater-Musical erleben will, der muss wohl bis Usbekistan fahren – oder eben dieses „Sodom And Gomorrah“ in seinen heimischen CD-Player einfahren lassen. Und das Album ist garantiert nicht nur für alle gläubigen Zeitgenossen eine Sünde wert!

Sodom und Gomorrha – das sind zwei sündvolle Städte, in denen wohl mehr gefickt als gebetet wurde, weswegen der liebe Gott ziemlich erzürnt und nicht mehr lieb, sondern ganz, ganz böse war. Deshalb ließ er beide Städte in einem Regen aus Feuer und Schwefel untergehen – und das auch noch ohne Vorwarnung und nicht mit irgendwelchen Schockbildchen oder „Rauchen tötet“-Botschaften auf den Zigarettenschachteln seiner himmlischen Schäfchen, die eben mehr rammelten als heilige Psalmen nachzublöken. So war er eben, der liebe Gott, dieser Schwerenöter. Beim Vögeln ließ er nicht mit sich spaßen – da soll doch lieber ein verpeilter deutscher Bischof sich für über 30 Millionen Euronen, nicht nur aus dem Klingelbeutel, sondern auch dem Staatssäckel, (s)eine heilige Residenz bauen. Das geht schon in Ordnung, da drückt der liebe Gott ein Auge zu – solange der Bischof seinem ehrwürdigen Luststäbchen hinter dem Hosenstall oder seinem vom Pfauengehabe aufgeplusterten Gewand nicht zu viele Freiheiten, außer der des Pinkelns in das sauteure göttliche WC, einräumt. Ungezwungenes Kinderkriegen oder einfach nur Spaß am Sex zu haben – das geht ja nun mal gar nicht. Da gibt’s 'nen göttliches Todesurteil und basta! Drum ewig sollen brennen Sodom und Gomorrha!

Doch es gibt auch eine wirklich gute Nachricht für all diejenigen, die auch mal das Blasen der Blasphemie mit zuordnen – doch noch mehr für diejenigen, denen kompromisslose und gute Musik am Herzen liegt: „Sodom And Gomorrah“ sind wieder angekommen – im Hier und Heute! Die Sünde überlebt eben – und das schon seit tausenden von Jahren. Kein Wunder also, dass es mal wieder an der Zeit ist, sich mit diesem Thema sehr ernsthaft zu beschäftigen – es in die Gegenwart zu holen. In eine global agierende Welt des materiellen und ideellen Größenwahns, in welcher der Gott vielleicht noch einen Markt-, aber keinen anderen Wert mehr besitzt. Es eben wieder höchste Zeit ist, ein wenig Feuer und Schwefel regnen zu lassen. Was bitte bietet sich in dieser Hinsicht nicht besser an, als solch ein Szenario mit progressiver, konzeptioneller Rockmusik zu untermalen? Progressiver Rockmusik aus Usbekistan. Progressive Rockmusik von FROMUZ! FROMUZ – geheiligt sei ihr Name, ihre Musik erklinge, nicht im Himmel, aber auf Erden! Und das ist gut so – ganz ohne erbArMEN!

So öffnen sich uns bereits im „Intro“ mit zarten akustischen Gitarrenklängen, die natürlich an YES erinnern, die Stadttore zu Sodom und Gomorrha, um ganz schnell mit beängstigenden, Keyboardkaskaden und E-Gitarren dem Erdboden gleich gemacht zu werden.
Der „Prologue“ klingt wie eine Botschaft aus dem Jenseits – dunkler, textloser Gesang und ein KING CRIMSON-Gitarrenriff kündigt den Untergang an, ohne bisher wirklich ernst genommen zu werden. Das Schlagzeug droht mit den ersten lauteren Schlägen, während indianisch klingende Gesänge im Hintergrund verhallen.
„City“ wiederum gleicht einem unschuldig wirkenden Kinderliedchen mit eingängigen, fast einlullenden Rhythmen und synthetischen Streichern, die ähnlich wie vorm Untergang der Titanic noch nicht im Entferntesten erahnen lassen, dass sie in Kürze die Apokalypse erwartet.
„Lot“ eröffnet mit einer Mundharmonika und Straßenlärm bis wir uns durch Keyboards und Gitarre plötzlich in einer Fortsetzung von PINK FLOYDs „Shine On You Crazy Diamond“ befinden, wobei allerdings das Saxofon durch besagte Mundharmonika ausgetauscht wird.
Bereits hier ist die Stadtwanderung durch die modernen Gassen von Sodom und Gomorrha voller Spannung, auch wenn sie sich im Grunde auf alt bewehrten Musik-Pfaden bewegt. Dies wird auch bis zum ziemlich bitteren Ende dieser Geschichte, in der sogar ein paar sich längst in den ewigen Jagdgründen befindliche Musiker noch einmal ihre Stimme erheben dürfen, so bleiben.
Nichts Neues in Sodom – und es bleibt beim Alten in Gomorrha.
Hier zählt mehr das Retro als das Progressive im Sinne von Fortschrittliche. Es ist der alte Wein, der von den musikalischen Messdienern durch neue Schläuche verabreicht wird. Schläuche, die von PINK FLOYD bis KING CRIMSON so etwa alles hergeben, was es in dieser Beziehung an progressivem Musik-Gesöff gibt. Hier baut sich kein habgieriger Bischof eine neue, sündhaft teure Residenz auf den Trümmern von Sodom und Gomorrha auf, sondern ein paar unglaublich begabte, ja beinahe begnadete Multiinstrumentalisten aus Usbekistan klopfen jedes einzelne Prog-Steinchen ab und setzen daraus eine neue Prog-Kirche zusammen, bis wohl auch diese in einem Regen aus Feuer und Schwefel in sich zusammenfällt und nur noch ein genauso verzweifeltes Atmen, welches in röchelndes Nach-Luft-Schnappen übergeht, wie auf „Folly Of Mob“, dem mit 6 Minuten 45 längsten CD-Titel, zu hören ist.

FAZIT: Unsere progressiven Ausnahmemusiker aus Usbekistan haben dieses Mal ein Album auf den Markt gebracht, das zwar nicht zu den besten, aber immerhin zu den guten Prog-Alben des Jahres 2013 gehört. Auch wenn sie drei Jahre daran rumgewerkelt haben und es dann erst einmal auf Eis legten, spürt man, dass sie sich dem Konzept, welches zugleich einer Theateraufführung zugrunde lag, zu stark unterwerfen mussten. Die Botschaft aber, dass, wenn wir nicht endlich mal ein bisschen friedfertiger miteinander umgehen und statt intoleranten Glaubenslehren zu verfallen etwas mehr auf ein inneres Organ in uns hören, das nicht unbedingt hinter dem Hosenstall, sondern hinter der Brusttasche verborgen ist, Beachtung schenken, ist angekommen.
Nicht Gott, sondern FROMUZ sei dank!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5207x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 9 von 15 Punkten [?]
9 Punkte
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Tracklist:
  • Intro
  • Prologue
  • City
  • Lot
  • The Capture
  • Black Feast – I
  • The Orgy
  • Folly Of Mob
  • The Blindness / Wife's Prayer
  • Black Wedding
  • Black Feast – II
  • Procession Of Dead Stars
  • The Escape
  • To The Flames

Besetzung:

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