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Freund von Anton: Flut (Review)

Artist:

Freund von Anton

Freund von Anton: Flut
Album:

Flut

Medium: CD
Stil:

Deutscher Liedermacher

Label: Timezone
Spieldauer: 53:57
Erschienen: 30.06.2017
Website: [Link]

Wow, das sind aber große Namen, die man im Netz zum Vergleich für den deutschen Liedermacher, der sich vorrangig am Piano selber begleitet und manchmal auch auf die Mundharmonika zurückgreift, bemüht: LEONARD COHEN, RANDY NEWMAN, BEN FOLDS...

Nur die treten bzw. traten – im Falle des 2016 verstorbenen Mr. Cohen – unter ihren Klarnamen auf und nicht als so ein seltsamer FREUND VON ANTON, bei dem man doch erst einmal an ERICH KÄSTNER und sein Kinderbuch „Pünktchen und Anton“ und dann, im deutlich schlimmeren Falle, an den Gruselgeschichten liebenden Anton aus „Der kleine Vampir“ von Frau Sommer-Bodenburg denkt.

Noch mehr aber hinken die Vergleiche mit den ganz großen Song-Poeten, wenn man bedenkt, dass FREUND VON ANTON noch nicht einmal so alt wie die Buchserie vom kleinen Vampir (1979) ist, sondern ein singender, musizierender Jüngling von 20 Jahren.
Doch nun kommt der Hammer: trotz seiner gerade mal 20 Lenze ist FREUND VON ANTON bereits ein sehr reif wirkender, poetischer Liedermacher, der locker die Gilde der größtenteils viel erfolgreicheren deutschen Sangesbarden – wie Poisel, Burani, Oerding, Bosse usw. - in den Schatten seiner musikalischen Leidenschaft und seines echten Könnens, welches er als Texter, Komponist und Musiker beweist, stellt. Wartet da etwa ein neuer KONSTANTIN WECKER auf uns?

Unter diesem Blickwinkel betrachtet, verwundert bereits nach dem ersten Hördurchgang des Debüt-Albums von FINN VINCENT MORIZ – ja, so lautet sein Klarname – nicht, dass die „Zeit Online“ begeistert feststellte: „FREUND VON ANTON baut Denkmäler mit seinen Songs!“

Wie hören sich diese Denkmäler auf „Flut“ nun an, die übrigens mit dem Satz: „Gegen die Welt und hoffentlich mit dir“ (Eine Textpassage aus dem Titel-Song.), eingeleitet werden?
Als erstes keinesfalls so wie bei den begnadeten internationalen Songwritern, welche mitunter zum Vergleich herangezogen werden und am Beginn dieser Kritik zu finden sind. Bis dahin ist es auch für den singenden FREUND VON ANTON noch ein sehr, sehr weiter musikalischer Weg, auch wenn er manchmal fast schon ein wenig zu altersweise erscheint.
Als Texter und am Keyboard jedenfalls ist er schon auf dem allerbesten Weg. Völlig egal, ob er sich auf seinem Debüt dabei ausschließlich auf sich selber und sein Können am Klavier verlässt. Klavier, Gesang, ab und zu mal eine Mundharmonika. Genau das macht ein gutes, authentisches Liedermacher-Album aus, so wie es auch das so reif wirkende Debüt „Flut“ von FREUND VON ANTON ausmacht.

Warum aber enthält das Booklet nicht wenigstens die Texte, fragt man sich, wenn der junge Liedermacher so großen Wert auf die Texte, die gänzlich ohne irgendwelche hitverdächtigen Strophe-Refrain-Schemen auskommen, legt. Stattdessen erwartet uns optisch nur ein Haufen Schwarz-Weiß-Bilder in der Art wie die Vorderseite des Booklets, das uns den Eindruck vermittelt, als hätte man den großen Weltschmerz auf den schmalen Schultern des jungen Mannes abgeladen. Und dann auch noch das - der Satz auf der letzten Booklet-Seite springt uns in seinem grellen Weiß vom tiefdunklen Schwarz entgegen und soll hier noch einmal wiederholt werden: „GEGEN DIE WELT UND HOFFENTLICH MIT DIR“ Kein Satzzeichen dahinter. Gar nichts – und schon vor dem ersten Hören die Frage: „Wofür bist du denn, du FREUND VON ANTON, der noch nicht mal seinen Namen preis gibt, aber dafür wohl sein Herzeleid vor uns ausbreitet?“ Nun gut – auch ein BOB DYLAN heißt im wahren Leben Robert Allen Zimmermann, aber er ist zugleich auch irgendwie niemands Freund, selbst wenn man ihm als Liedermacher einen Literatur-Nobelpreis „verabreicht“.

Wir sollen und müssen also genau zuhören und dürfen leider dabei nicht mitlesen. Aber egal. Dafür sorgt schon der musikalische Piano-Minimalismus und der Gesang. Nebenbeihören funktioniert nicht. Musikalisch passiert auch nicht sehr viel – eine WECKERsche Verrücktheit und Leidenschaft fehlt dem sympathischen jungen Musiker noch. Auch sein Piano-Spiel könnte variabler sein und nicht so molllastig. Gleiches gilt für seinen Gesang, der größtenteils nachdenkliche, mitunter pessimistisch klingende Texte intoniert, auch wenn „Du glaubst“ mal ordentlich mit zusätzlicher Mundharmonika an Fahrt aufnimmt, doch wie beginnt die erste Zeile? „Der Wind tötet uns mit Blicken!“, ja ein großer Optimist ist der FREUND VON ANTON nicht. Vielleicht sollte er sich einfach andere Freunde suchen und vor allem einen anderen – oder am besten gleich den eigenen Namen als Musiker verpassen, dieser Freund von Konstantin, Leonhard, Ben, Bob, Randy und sonstwem: „Du bist genau wie ich, gib mir ein Kuss, dann kann diese Welt zugrunde gehen!“ („Verweile“) Ja, so ist er, der FREUND VON ANTON und so klingt auch sein melancholisches Liedermacher-Album. Ein Album, das er sicher vor Gleichaltrigen nur schwer anpreisen kann, das aber allen Freunden der guten deutschen Liedermacher-Szene unbedingt an ihr intellektuelles Herzchen gelegt werden sollte und natürlich für alle Dauer-Melancholiker und Zweck-Pessimisten.

So passiert es auch, dass ein Lied wie „Wölfe“, bei dem man noch vor dem Hören hofft, FREUND VON ANTON würde eine Lanze für diese bedrohte, völlig verkannte und in unseren Märchen verteufelte Tierart brechen, in eine miese Richtung abdriftet, indem auch hier die „Wölfe“ als sagenträchtiges Symbol brutaler, bedrohlicher Zeitgenossen, die man verachten muss, darstellt: „Die Wölfe sind da und wir kommen nicht davon!“

Vielleicht sollte FREUND VON ANTON beim nächsten Album auch auf ein paar weitere Musik- und Anton-Freunde zurückgreifen, die ihn dabei begleiten, um eine gewisse Eintönigkeit zu vermeiden. Denn seine Kompositionen würden sicher auch mit einer größeren Band funktionieren, es müssen ja nicht unbedingt Rock-Musiker sein. Warten wir einfach ab, ob hier ein ganz Großer in die Szene der Großen aufsteigt oder doch in der von ihm selbst besungenen Nische als verkanntes Liedermacher-Genie verschwindet.

FAZIT: Auch wenn das Album den Titel „Flut“ trägt, wird diese unter musikalischem Aspekt darauf nicht entfacht. FREUND VON ANTON ist ein junger deutscher Liedermacher, der eigentlich noch grün hinter den Ohren sein müsste, mit seinen Texten aber eine unerwartete Reife und Tiefe sowie gehörige Melancholie versprüht, die nachdenklich und viel zu oft auch traurig macht: „Bevor du anfängst zu leben, hast du doch alles Gute längst verspielt.“ („Letztes Lied“) Wenn so etwas ein Zwanzigjähriger singt, dann muss man irgendwie Angst (um ihn) bekommen. Leid schreibt eben wohl doch die besseren Lieder – dem Glück kann sich ja ausgiebig die Pop-Fraktion widmen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3523x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 10 von 15 Punkten [?]
10 Punkte
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Tracklist:
  • Flut
  • Bleiben
  • Wölfe
  • Rauschen
  • Du glaubst
  • Verweile
  • Der, den du suchst
  • Das Weite
  • Morgen auf dem Land
  • Einer von denen
  • Letztes Lied

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

  • Flut (2017) - 10/15 Punkten
Interviews:
  • keine Interviews
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