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Pearl Charles: Desert Queen (Review)

Artist:

Pearl Charles

Pearl Charles: Desert Queen
Album:

Desert Queen

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Laurel Canyon- & Westcoast-Pop, Disco, Soul, Psychedelia

Label: Last Night From Glasgow
Spieldauer: 49:19
Erschienen: 30.05.2025
Website: [Link]

Auch mit ihrem dritten Album „Desert Queen“ demonstriert die kalifornische Songwriterin PEARL CHARLES wieder eindrucksvoll, dass sie zwar eine sehr variantenreiche, wandlungsfähige Musikerin ist - aber eben kein Kind unserer Zeiten. Die Frau, die von sich selbst sagt, dass sie eine „alte Seele“ sei (bzw. habe) orientiert sich – zusammen mit ihrem kongenialen Partner, dem kanadischen Songwriter MICHAEL RAULT – nach wie vor an den musikalischen Tugenden, Stilen, Vibes und Traditionen der 60er- und 70er-Jahre. Jedenfalls klingt das neue Album so, als hätten PEARL CHARLES und MICHAEL RAULT eine Zeitmaschine entdeckt und sich in die gute alte Zeit der klassischen Westcoast-Ära gebeamt.

Das war auch schon auf den beiden Vorgängern „Sleepless Dreamer“ und „Magic Mirror“ so – erreicht aber auf dem neuen Album ein ganz neues Level, denn während PEARL CHARLES ihren eh schon eklektischen Stilmix aus klassischem Westcoast-Gitarren-Pop, Laurel Canyon Appeal, Psychedelia, Soft-Rock und Retro-Soul-Elementen zunehmend um organische Disco-Grooves, eine Prise Desert-Style- und Cosmic-American-Music-Ästhetik und sogar Glam-Rock-Sounds anreicherte, wurde das neue Album zudem erstmals in einem neu eingerichteten, analogen Studio „Live-On-Tape“ eingespielt.


Diese konsequente Ausrichtung hängt mit PEARL CHARLES' musikalischer Selbstfindungsreise zusammen. Als sie sich - noch als Teenagerin - mit ihrem College-Buddy CHRISTIAN LEE HUTSON (inzwischen selbst ein gefeierter Songwriter) zusammentat, um mit dem Folk-Duo THE DRIFTWWOD SINGERS auf den Spuren der CARTER FAMILY die Grundlagen der Folk-Musik zu erforschen und später als Drummerin bei der Garage-Rock-Band THE BLANK TAPES einstieg, kam sie auf die Idee, diese beiden musikalischen Extreme in ihrer eigenen Musik zusammenzuführen und mit der Ästhetik ihrer Lieblings-Acts der 70er zu verquicken.

Zu diesen Inspirationsquellen gehören dann Bands wie FLEETWOOD MAC, THE EAGLES oder ABBA und besonders die großen Frauengestalten der damaligen Ära – von JONI MITCHELL über RITA COOLIDGE bis zu CAROL KING – die durch ihre Grundlagenarbeit in Sachen musikalischer Gleichberechtigung den Boden für das bereiteten, was PEARL CHARLES heute mit einer gewissen Selbstverständlichkeit verkörpern kann. Sie selbst sagt, dass sie geradezu dazu verpflichtet sei, diesen Ikonen durch ihren Ansatz, die weiblichen Aspekte der grundsätzlich männlich orientierten Americana-Musikzene hervorzukehren, Tribut zu zollen.


Genau dieses Anliegen verfolgt sie mit dem „Desert Queen“-Album. Ging es auf den beiden bisherigen Alben noch darum, die klassischen Themen „Coming Of Age“ und „Selbstfindung“ abzuarbeiten, so ist „Desert Queen“ eine Art Bestandsaufnahme als Musikerin geworden. Hier resümiert sie in Songs wie „Just What It Is“ oder „Does This Song Sound Familiar“ darüber, sich mit der Vergangenheit zu arrangieren, die Welt so zu akzeptieren, wie sie ist und sich im Einklang mit der Natur und den kosmischen Kräften dem Kreislauf des Lebens (und der Wiedergeburt?) hinzugeben. Doch inhaltliche Aspekte sind nur ein Teil des Konzeptes, das PEARL CHARLES verfolgt – vor allen Dingen will sie mit ihrer Musik unterhalten.

In der Pandemie-Phase zogen PEARL CHARLES und MICHAEL RAULT aus dem hektischen Moloch Los Angeles in das vergleichsweise beschauliche, aber spirituell aufgeladene, in der kalifornischen Wüste gelegene Joshua Tree, wo sie ihr eigenes analoges Studio einrichteten – was die Aufnahmen des neuen Materials in produktionstechnischer Hinsicht offensichtlich beeinflusste. Obwohl ihr das zunächst nicht bewusst war – weil sie sich mit der Musik von GRAM PARSONS bis dahin noch nicht beschäftigt hatte, fand der Geist der Cosmic-American-Music den Weg in die neue Produktion, etwa in dem hippiesk/opulenten „Step Too Far“, der souligen Ballade „Just What It Is“ oder dem schwülstigen „Smoke In The Limousine“. Denn diesen Geist konnte PEARL CHARLES selbst ohne bewusstseinserweiternde Substanzen deutlich verspüren, wie sie selbst feststellt.


Ansonsten ist „Desert Queen“ voll von teilweise recht überraschenden musikalischen Referenzen. Der Opener „Does This Song Sound Familiar“ ist etwa eine stampfende Disco-Nummer geworden, während „City Lights“ als klassisch groovende Retro-Soul-Pop Emulation daherkommt. „Birthday“ überrascht mit Stax-Bläser-Sätzen und das mit dem befreundeten CHARLATANS-Frontmann TIM BURGESS vorgetragene Duett „Gone So Long“ lässt sich am besten als Glam-Rock-Rausschmeißer charakterisieren. „Middle Of The Night“ ist als ein grandioser Disco-Pop-Song mit Guilty-Pleasure-Charme und Ohrwurm-Charakter der heimliche Hit der Scheibe, mit dem PEARL CHARLES und MICHAEL RAULT - auch in dem selbstironischen Retro-Video - hemmungslos ihre Vorliebe für kitschige 70's-Ästhetik ausleben.


Ein besonderes Detail verdeutlicht hierbei ihre Philosophie in Bezug auf die notwendige Identitätsfindung: Bei dem Song „Nothin' On Me“ kommen etwa Tropicalia-Percussion, Clavinet und Steel-Drums zum Einsatz. Damit zollt PEARL CHARLES jenen Acts der 70er Tribut, die stets bereit waren, über den eigenen musikalischen Tellerrand zu schauen, anstatt sich in der Perfektionierung des einmal gefundenen Stils zu ergehen (man denke nur an STEELY DAN). Dieses Denken ist genau ihr Anspruch als eine Musikerin, die in der bloßen Imitation keinen Sinn sieht und sich mit ihrer Kunst schließlich auch selbst verwirklichen will. Nicht zuletzt erklärt dies zugleich auch den eklektischen Genre-Mix, den sie auf dem Album „Desert Queen“ als eigenes Stilmittel bewusst implementiert. Durch die Kombination der unterschiedlichen Elemente – so sagt es die Musikerin selber – entsteht dann am Ende etwas völlig Neues.




FAZIT: Trotz ihres beachtlichen musikalischen Oeuvres und der langen Zeit im Geschäft spielt PEARL CHARLES im öffentlichen Bewusstsein hierzulande bislang keine große Rolle. Es könnte allerdings gut sein, dass sich das mit dem brillanten neuen Werk „Desert Queen“ ändert. Dafür spricht jedenfalls, dass das Album in einer eigenen Euro-Version auch hierzulande offiziell veröffentlicht wird und dass sie auf einer ausgedehnten Release-Tour auch erstmals in unseren Breiten zu Gast sein wird – was ihr hoffentlich neue Fan-Schichten erschließt. Zu wünschen wäre es PEARL CHARLES jedenfalls.

Ullrich Maurer (Info) (Review 272x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Does This Sound Sound Familiar
  • City Lights
  • Step Too Far
  • Middle Of The Night
  • Just What It Is
  • Givin' It Up
  • Birthday
  • Smoke In The Limousine
  • Nothin' On Me
  • Gone So Long ft. Tim Burgess
  • You Know It Ain't Right

Besetzung:

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